Hält man ihnen vor, dass sie trotzdem angegangenes Fleisch nicht verabscheuen, dann verweisen die Kundigen auf unseren alten Käse. Aus Blumenduft machen sie sich nichts, lieben jedoch vielfach Parfüms in Flaschen und zur Säuberung des Körpers wohlriechende und recht schäumende Seifen. Sie meinen auch, europäische Parfüms reizten zur Liebe und lockten die Weiber an. — Alle natürlichen Verrichtungen werden im Verborgenen abgemacht, womöglich auch Essen und Trinken, mit dem man freilich in Faktoreien, auf Lagerplätzen nicht mehr so heikel ist. Wer trinkt, wendet sich gern ab; bei Grossleuten sieht das Gefolge weg oder, wo noch alte höfische Sitte herrscht, neigt den Kopf und sinkt zur Erde, was auch noch hier und da geschehen mag, wenn ein Weisser im Dorfe einen Ehrentrunk tut; Grossleute heben beim Trinken auch das Gewand vors Gesicht oder lassen ein Tuch Vorhalten. Ein umdrängter und angestaunter Weisser wird allein gelassen, sobald er sich zum Essen anschickt. Den König von Loängo durfte niemand Nahrung aufnehmen sehen. Darüber wird noch Ausführliches zu melden sein. Im Essen sind die Leute wählerisch: Gemüse, Sämereien, Früchte, Fische, Muscheln, Wild, Haustiere werden ebenso sorgfältig wie sauber zubereitet und gewürzt. Bevor die Frau kocht, wäscht sie die Hände, greift auch alles mit frisch gepflückten Blättern an. Wer anders verfährt, wirtschaftet schlecht. Männer, die auf Beisen in der Asche oder an der Flamme rösten, sind weniger heikel als die Frauen, die das Kochen in Töpfen für die höhere Kunst halten. Man kann sich unbedenklich bei ordentlichen Eingeborenen zu Gaste laden; uns widerliche Dinge werden nicht vorgesetzt. Raubvögel, tranige Vögel, Fledermäuse, Ratten, Schlangen, Eidechsen, Gewürm und anderes ekelhaftes Zeug essen, ausser .zugewanderten Crooboys und Südleuten, höchstens Notleidende, und lassen es nicht merken. Ein Hochgenuss'ist ihnen Tabak; so ziemlich alle rauchen Pfeife, die manche selbst im letzten Stündlein nicht missen wollen. Männer schnupfen auch, und zwar gewöhnlich vom Handrücken; manche frönen dem Hanfrauchen, obgleich das ihrem Ansehen Abbruch tut. Zur Anregung und Kräftigung kauen sie allerlei aromatische oder süsse Stengel und Wurzeln, darunter Liboka (III 188) und verspeisen die hochgeschätzten Kolanüsse. Süssigkeiten, namentlich Zucker, Kuchen, lieben sie sehr, im Innern, wo es mangelt, auch Salz. Dort kann man Kinder recht beglücken, indem man ihnen ein wenig von der begehrten Würze auf die Hand schüttet; sie nehmen alsdann Korn um Korn vorsichtig mit der Zunge auf, um den Genuss zu verlängern. In meerfernen Gebieten ist ihnen Salz lieber als Zucker. Saures und Herbes behagt ihnen nicht, noch weniger Bitteres, desto mehr ihr zwar sehr scharfer aber zugleich würziger spanischer Pfeffer mit sehr kleinen Schoten, die grün verwendet werden. Alkoholische Getränke geringster Güte, die ihnen der Handel liefert und die, in der Hauptsache wiederholt verwässert, durch viele Hände gehen, lieben sie zwar, geniessen sie indessen nicht unmässig. Sie sind keine trinkbaren Leute, können herzlich wenig vertragen und teilen die köstlichen Tropfen ein. Schnaps ist bares Geld. Sicherlich trinken sie weniger als viele Zivilisierte, möglicherweise aber nur deswegen, weil sie nicht mehr haben. Betrunkene sieht man selten, und dann sind es meistens Dorf lumpen, Unfreie, Faktoreibummler, die einmal auf Kosten anderer über den Strang geschlagen haben. Ordentliche Leute, besonders solche von guter Familie, halten auf ihre Reputation, Schwächlinge werden von ihren Angehörigen überwacht. Angetrunkene Weiber gibt es wohl überhaupt nicht. Wir haben ein einziges Mal eine aufgeregte Fürstin, eine Mutter vieler auffällig schöner Kinder gesehen, und die war mehr verärgert als bezecht. Säufer mögen wie anderswo Vorkommen, aber die verbergen sich in ihren Hütten oder werden verborgen gehalten, um Ärgernis zu vermeiden, das die Familie mit trifft. So verursachte der Rum gewiss nicht mehr Elend als bei uns, wenn nur die Sorte harmloser wäre. Gar kein Schnaps wäre natürlich besser. Alle, auch gewöhnliche Leute, essen und trinken manierlich. Da sie hauptsächlich mit den Fingern zulangen, mit denen der rechten Hand, pflegen sie die Hände vor und nach der Mahlzeit zu waschen , nachher auch die Zähne zu putzen und den Mund zu spülen. Während des Essens trinken sie nicht. Mögen noch so viele und noch so Hungrige um ein Gericht versammelt sein, so wird doch keiner durch allzu gieriges Zulangen oder durch Auswählen der leckersten Bissen die anderen verkürzen. Sie verhalten sich ungefähr wie das Gesinde auf unseren Bauernhöfen, das sich aus einer Schüssel sättigt. Gemeinsamen Schnaps sowie Palmmost (Palmwein), der mehr als Nahrungsmittel gilt, Tabak teilen sie ebenfalls redlich. Männer, die in der Wildnis ein Tier gebraten haben, zerlegen es öfters nach der Kopfzahl in Stücke und losen die aus, nach unserer Weise mit der Hand darauf deutend und einen, der sich umgedreht hat, fragend: wem soll das, und so fort. Ein Fremder, der des Weges kommt und im Dorfe oder Lager mitessen möchte, wird niemals zurückgewiesen, selbst wo es knapp hergeht. Das will sehr viel heissen bei Menschen, denen Essen zu den wichtigsten Verrichtungen gehört, was sich auch sprachlich kundgibt: sie erheben nicht, sondern essen Abgaben, sie bekriegen nicht einen Ort oder Gau, sondern essen ihn auf. Auch der Tod isst den Menschen. In Faktoreien wird als bezeichnend gern folgendes Zwiegespräch erzählt: Bist du hungrig? Nein! Willst du essen? J a ! Wie unsere
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