Von Krankheiten kennen die Bafiöti manche uns verderbliche, darunter mutmasslich auch das Kindbettfieber, nicht, werden aber dafür von anderen desto schlimmer heimgesucht. Seuchen, namentlich Pocken, hausen fürchterlich unter ihnen, zumal sie gewöhnlich nach Jahren der Dürre mit darauf folgender Hungersnot kommen, wo die Widerstandskraft geschwächt ist. Für einen Orts- und Klimawechsel erweisen sich Eingeborene viel empfindlicher als Europäer, wie denn überhaupt Primitive nicht so widerstandsfähig wie Zivilisierte sind. Hegen, scheuen sie, besonders grosse Tropfen, die schmerzend auf ihre Haut klatschen. Anhaltend kühle oder kalte Niederschläge werden ihnen sogar gefährlich: sie erstarren im Freien, besonders in nassen Hüllen, und können zugrunde gehen. Sehr empfehlenswert für den Reisenden ist es, mit seinen Leuten alte Lagerplätze zu vermeiden. Yon Malaria bleiben sie ebensowenig wie Fremdlinge verschont, doch leiden Kinder öfter und andauernder als Erwachsene, oder sie machen mehr Aufhebens davon. Übrigens gibt es etliche malariafreie Gegenden im Lande, wo nicht einmal Kinder erkranken, was den Einheimischen als sicherstes Merkmal gilt. Am meisten werden sie zur Bestellzeit von Malaria geplagt, wo sie das trockene Erdreich behacken und wo nach ihrer Meinung die schweifenden Seelen am ärgsten hausen. Aber gerade um diese Zeit gibt es die wenigsten oder gar keine Mücken. Auch leiden vorzugsweise Hörige und Frauen mit ihren Kindern, die das Feld bearbeiten, nicht freie Männer und gut gestellte Frauen, die sich fern halten. Dem beim Auf brechen stäubenden Boden geben sie die meiste Schuld, und ihre Erfahrung, die nicht allein steht, ist nicht leichthin zu verwerfen. In Hongkong und Mauritius wütete die Malaria förmlich beim ersten Umstürzen des Erdreiches. Mücken übertragen, aber erzeugen nicht Malariakeime. Vielleicht. sind diese auch verschiedener Art. Häufig klagen unsere Leute über Zahn-, Kopf- und Gliederschmerzen, die verlarvte Malaria begleiten oder von Erkältungen herrühren, wozu Lagerleben, Schlafen auf der Erde, Baden in erhitztem Zustande hinreichend Gelegenheit bieten. Ebenso klagen sie oft über Krankheiten der Verdauungsorgane. Für besonders ansteckend gilt eine von Würmern (Anchylo- stomum?) verursachte Darm- und Aftererkrankung — maküla — , die namentlich zur Zeit des Menschenhandels und bis zu dessen Unterdrückung, unter eingepferchten Sklavengängen verheerend gewirkt hat. Samuel Brun, ein Wundarzt aus Basel, der zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts auf einem holländischen Schiffe Niederguinea besuchte, scheint in seinem Berichte vom Kongo diese Krankheit mit zu meinen. Ist dem so, dann fasst er noch ein zweites Leiden mit dem ersten zusammen, denn er meldet zugleich, dass die Würmer auch unter den Nägeln der Hände und Füsse vor kämen.*) Noch mehr gefürchtet wird als ansteckend die wie die Wassersucht vereinzelt auftretende rätselhafte Schlafkrankheit, die langsam, aber stets tödlich verläuft. Die Eingeborenen berichten, dass sie zeitweilig verheerend wie eine Seuche durch das Land ziehe. Ferner klagen die Leute über Blasenleiden, Herzkrankheiten, Krämpfe und, laut Beschreibung, auch über Hämorrhoiden. Augenkrankheiten haben wir selten, Aussatz, Guineawurm und Kropfbildung überhaupt nicht beobachtet. Elefantiasis soll Vorkommen. Schnupfen ist manchmal recht verbreitet, Husten, Lungenentzündung selten; Schwindsucht scheint zu fehlen. Bei weitem nicht so häufig, wie man denken sollte, werden die Leute von Hautkrankheiten geplagt, von Flechten und Geschwüren, die bisweilen recht bösartige Formen annehmen. Besonders war dies der Fall nach Einschleppung der Sandflöhe (III 297), gegen welche Heimsuchung die Eingeborenen sich anfangs gar nicht zu helfen wussten (II 85). Gewöhnliche, selbst schwere Verwundungen heilen erstaunlich gut und schnell. Die unter der Zunge gemessene Temperatur gesunder Personen beiderlei Geschlechtes, — es waren aber nicht viele, die sich dazu hergaben — , wich nicht ab von der normalen. Trottel, Fallsüchtige, Taubstumme, Blinde kommen vor, obsclion recht selten, dorfweise auch Stotterer, die durch Vorbilder beeinflusst erscheinen. Paralyse ist uns nicht vorgekommen. Geistesstörungen sollen bei Erwachsenen bisweilen plötzlich eintreten und sich wieder verlieren oder manchmal dauernd erhalten. Als Ursachen werden Besessenheit, Wutanfälle, schwere Schicksalsschläge, wie der Verlust eines geliebten Angehörigen oder Freundes, angegeben. Die Betroffenen reden und tun allerhand unsinniges Zeug, oder sie verfallen in Schwermut und Stumpfsinnigkeit. Wir haben nur einen Irrsinnigen gekannt, und zwar eine Frau, die nach dem Tode ihres Kindes geisteskrank geworden war. Infolge einer Unglücksbotschaft oder infolge von Ärger, Schreck, vermeintlich erlittenem Unrecht werden jüngere Leute manchmal von einer Art Starrheit ergriffen. Sie werden mit dem Widrigen nicht fertig Stunde um Stunde können sie alsdann, stehend oder sitzend, unbeweglich verharren, bis Verwandte oder Freunde, denen es zu lange dauert, sie *) In seiner Abhandlung: Samuel Braun, der erste deutsche wissenschaftliche Atiika- reisende, Basel 1900, Seite 129, begründet Dr. G. Henning »eine Ansicht. dass es sich damals schon um eine Sandflohplage gehandelt habe. Das leuchtet ein. Doch wäre nie nmküla benannte Wurmkrankheit, die auch ohne Sandflölie vorkam, auszusondern. Die Snnd- flöhe könnten, nach Henning, damals wieder ausgerottet worden sein, war-u denn zu unserer Zeit zum zweiten Maie eingeschleppt und nun erst durch den gesteigerten Verkehr so rasch und weit durch das tropische Afrika verbreitet worden,: wie P. Hesse im 5. Jahrgange der Geographischen Zeitschrift Seite 522 ausgeführt hat.
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