18 Ausdünstung: Stärke, Wechsel. Beurteilung, was ihn umgibt, berührt, und in seinen Haaren und Hüllen, an seiner Haut haftet. Ist es die Nahrung, die die Ausdünstung erzeugt oder wesentlich beeinflusst, so wäre das schon erwähnte Yorwalten des Gemeinschaftsgeruches aus der Gleichartigkeit, das Yorwalten des Personengeruches aus der Mannigfaltigkeit der Verpflegung zu erklären. Dann aber handelte es sich um Lebensführung und Gesittungsstufe, um Stammes- und Yolksgeruch, nicht um ßassengeruch. Vor allem wäre zu beachten, ob Menschen naturrein sind oder nicht, ob die Körper regelmässig gebadet, mit seifenähnlich wirkenden Säften oder Holzpulver gereinigt, ob sie statt dessen mit fettigen, sich leicht zersetzenden Stoffen eingerieben oder gar mit beständig getragenen Hüllen behängt werden. Längs des Kongo, von der Küste bis ins ferne Innere, bieten sich in rascher Folge alle Grade solcher Hautpflege dar, bis zur öltriefenden Gestalt mit russiger Beerenfrisur. Da riecht weniger der Mensch als die Salbe, wie unter uns oft mehr das Parfüm als die Person. Wie soll unter solchen Umständen ein ßassengeruch festgestellt werden? Nach dem jetzigen Stande unseres Wissens bliebe nichts übrig, als Menschen aller A r t miteinander längere Zeit gleichmässig zu ernähren, zu pflegen und sie alsdann von besonders Begabten — ich erinnere an die Teeriecher — mit verbundenen Augen gewissenhaft beriechen zu lassen. Ob diese antbropologiscben Berufsschnüffler Schwarze, Gelbe, Weisse zu sondern vermöchten? Ob sie bestätigen könnten, was manche mit empfindlichen Nasen Ausgerüstete versichern: dass unter Europäern sowohl Männer und Weiber als auch Brünette, Blonde, besonders Bote, endlich auch Geschlechtsstarke und Geschlechtsschwache an der Ausdünstung zu unterscheiden wären? Wie die Dinge wirklich liegen, handelt es sich zunächst um sehr unsichere Bichter, das sind unsere Nasen und unsere Vorurteile, sodann um sehr mannigfaltige, der Natur, der Kunst und wechselnden Zuständen entstammende Gerüche. Volle Unbefangenheit vorausgesetzt kann dem einen in hohem Grade missfallen, was den anderen kaum belästigt oder sogar angenehm berührt. Mach hat die Ausdünstung der wasserfrohen Bafiöti und ein paar anderer sauberer afrikanischer Stämme sowie der halb amphibischen Polynesier weniger berührt als die vieler Europäer. Bei schwitzenden Arbeitern, im Gedränge einer sich vergnügenden Volks- men<m verhält es sich in Loängo wie bei uns. Man denke an unseren Kolonnenduft, an unsere Jahrmärkte, Volksdinge, Theater, Tanzböden und Ballsäle. Die Bafiöti sind ebenfalls empfindlich für die Ausdünstung der Europäer; die ihnen durchaus missfällt, sowie für die starke von Personen ihrer Art. Man ist mit schlechtem Geruch, rufen sie, und blasen Luft Volksvermehrung. Geschlechtsreife. Sinnlichkeit. 19 durch die Nase. Übermütige Kuderer sangen uns einst unter anderen Sätzen den folgenden: mltäsi mundele m’nünku kakele, der besagt, dass die Frau des Weissen sehr übel rieche. Als ich ihnen als Text vorschlug: mkäsi mfiöte mflmbu bene mböte, die schwarze Frau ist äusserst wohlriechend, schauten sie erst verdutzt, jubelten dann los und sangen unverdrossen den neuen Reim.:— Die Geschlechter mögen an Kopfzahl gleich sein. Die Volksvermehrung ist nicht stark, am grössten aber durchschnittlich in den besser gestellten Familien, wo auch Vielweiberei am meisten im Schwange ist. Frauen haben in der Begel zwei bis drei Kinder, doch hatte eine dreizehn, eine andere siebzehn geboren, und sie waren stolz darauf, denn Kinderreichtum ist ein Glück. Ein Geburtenüberschuss stört sonach nicht das gesellschaftliche Gleichgewicht. Unfruchtbarkeit mag auch zu Lasten des Ehemannes fallen. Gibt es doch Fetische für Männer, die ebenso wirken sollen wie die in unseren Zeitungen angepriesenen Geheimmittel. • n Immerhin sind, nach Heilversuchen zu schliessen, Störungen im He- schlechtsieben des Weibes nicht selten; auch die Geburten verlaufen durchaus nicht immer musterhaft. Erstgeborene scheinen überwiegend männlichen Geschlechtes zu sein. Zwülinge und Drillinge kommen vor. Die Kindersterblichkeit darf als massig bezeichnet werden. Obgleich arge Missgeburten vielfach für verdächtig und unglückbringend gelten und wohl beseitigt werden — wie Zwillinge zweierlei Geschlechtes, deren enges Beisammensein als unsittlich und verderblich aufgefasst wird;H^y.. sieht man dennoch hin und wieder Kinder mit verkrüppelten Gliedmassen sowie Leute mit sechs Fingern und Zehen. Wir besassen übrigens auch einen derartig ausgestatteten Schimpansen. Mädchen heiraten oft in recht jugendlichem Alter, aber me bevor sie geschlechtsreif sind. Viele sind trotzdem so wenig entwickelt, dass sie besser noch ledig blieben, wofür von verständigen Müttern auch gesorgt wird. Die Menstruation tritt im Durchschnitt schwerlich früher ein als in gemässigten Klimaten, dagegen scheinen die klimakterischen Jahre sich zeitiger zu melden, überhaupt die Menschen schneller verbraucht zu werden. Ebensowenig wie die Annahme stichhaltig ist, dass unter heisserer Sonne die Geschlechtsreife durchweg früher einträte, ist es die andere Annahme, dass die Sinnlichkeit, die Lüsternheit, insbesondere die der Afrikaner, des weiblichen Geschlechtes, übermässig entwickelt wäre. Menschen sind freilich verschieden, aber doch nicht in allem und. jedem nach geographischer Breite und Hautfarbe geartet. Vielmehr scheint .das Wohlleben, die Zivilisation mit ihren künstlichen Anreizen zu steigern, was unter einfachen Verhältnissen zu den natürlichen Verrichtungen gehört, wie Essen, Trinken, Schlafen.
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