Grübchen — lividu, plur. mavldu — in Wangen, Kinn und Händen, an den Schulterblättern, im Kreuz, wobei dann gewöhnlich auch die Kreuzraute schön ausgebildet ist, durchaus nicht zu den Seltenheiten. Sie werden gebührend geschätzt und eigens benannt. Von Kopf bis Fuss völlig tadellose, ebenmässig schön gebaute Menschen haben wir unter den Kaiiöti ebensowenig wie unter Zivilisierten gefunden, aber wir haben doch viele recht gute Gestalten gesehen, in der Regel freilich solche, die das Auge weder beleidigten noch befriedigten. Jugend reizt, Alter nicht. Hübsch sind junge Personen mit ihrer Lust und Frische, mit der schwellenden Fülle ihrer Glieder, mit der naiven Anmut ihrer Gebärden, ansehnlich die in der Vollkraft des Lebens stehenden Leute mit ihren robusteren Formen; das verschrumpfte Alter ist meistens hässlich. Am schönsten sind Schultern, Hals, Rücken und Arme gebildet. Oft genug sind uns Mädchen und junge Frauen begegnet mit Nackenlinien, die jeden Vergleich aushielten. Der Rumpf erscheint in der Rückenansicht besser geformt, weil der Leib, durch Pflanzenkost aufgetrieben und jeder Stütze entbehrend, sich gewöhnlich in zu roher Fülle von der Leistengegend abhebt. Trotz Schmächtigkeit der Unterschenkel ist ein völliger Mangel an Waden — tschiwümu tschi külu, Bauch des Beines — selten, und wird von den Leuten selbst als unschön empfunden, denn sie spotten über mälu ma blnga, über magere, dünne Beine. Bei beiden Geschlechtern finden sich in guten Zeiten sogar recht stattliche Waden. Die Finger nicht abgearbeiteter Hände sind oft hübsch verjüngt, die Nägel schmal und querüber gut gekrümmt. Häufig fehlt die Lunula, nur nicht am Daumennagel. Die Furchen des Handtellers und -die Tastrosetten zeigen keine bemerkenswerten Unterschiede, doch verläuft manchmal die den Fingerwurzeln nächste Hautfalte, statt nach der Spalte zwischen Zeige- und Mittelfinger, parallel mit der Mittelfalte. Der Ringfinger ist gewöhnlich länger als der Zeigefinger, die grosse Zehe nicht stets am längsten. Plattfüsse und hässliche Ballenbildung sind selten. Da die Leute durchweg barfuss gehen, auch durch Sandflöhe sehr gelitten haben, sind die Zehen oft verstossen und verschwollen, ist das Sohlenpolster verdickt; der Fuss erscheint gröber, weniger hohl, als er bei dem sonst gut gewölbten Spanne sein müsste. Begünstigte haben feine, schlanke Hände und Füsse. Am Kopfe missfällt am meisten die Nase. Sie mag an sich ganz fein sein, stört aber im hübschesten Gesicht und ist eigentlich das einzige typisch Unschöne. Immerhin gibt es Ausnahmen: gut angesetzte und geradrückige, höchstens in den Nüstern zu breite Nasen, meistens als Familienerbteil. Ein junger Mann erfreute sich sogar einer Adlernase. Die Stirnen sind gar nicht übel geformt und werden durch Ausrasieren erhöht, weil das gefällt. Bemerkenswert fein gebildet erschien mir, namentlich bei jüngeren Weibern von guter Herkunft, die Wangenfläche des Gesichtes mit der Kieferlinie bis zum Kinn. Der Mund ist lange nicht so unschön wie die Nase. Die Lippen der Kinder sind sogar auffällig hübsch gestaltet, die der Erwachsenen zwar voll, oft wulstig, doch selten formlos. Besonders die Oberlippe, obgleich eher lang als kurz, ist gewöhnlich gut gesäumt und bogenförmig geschnitten. Ebenso ist die Lippenfurche tschinslla tschi llu, Weg zur Nase -— gut ausgebildet. Schön rot sind die Lippen niemals und heben sich durch ihre Farbe wenig vom Gesicht ab; wo Rot durchschimmert, tritt es meistens in der Oberlippe am deutlichsten auf. Es gibt viele Münder, die bei aller Fülle recht ausdrucksvoll sind, es kommen sogar welche vor, die klein und so fein geschnitten sind, dass sie die Gesichter von Europäern nicht verunzieren würden. Sie haben eben die kindlichen Formen bewahrt. Die rein weissen, nicht durchweg regelmässig stehenden Zähne besitzen gewöhnlich nicht den perligen Schimmer des durchscheinenden Schmelzes. Obgleich sie nach jeder Mahlzeit sorgfältig geputzt werden und mit wirklich heisser Nahrung kaum in Berührung kommen, sind namentlich die hinteren keineswegs so gesund, wie man anzunehmen pflegt. Tadellose Gebisse sind vielleicht so selten wie bei uns. Zwischen den mittleren oberen Schneidezähnen zeigt sich öfters eine natürliche Lücke, die bis zu einem Drittel der Zabnbreite betragen kann. Bei manchen Personen, nicht bloss bei Frauen, waren die Schneidezähne auffällig gross und verlängert, was vielleicht noch häufiger zu beobachten wäre, wenn nicht viele in landesüblicher Weise gestutzt würden. Die breit, selten schief eingesetzten nussbraunen Augen sind mehr mandelförmig als rund geschnitten. In der Jugend offen und ruhig blickend, durch volle und lange, sowohl straffe als auch leicht gekräuselte Wimpern gehoben, erscheinen sie im Alter meist gekniffen, wodurch die Gesichter leicht den Ausdruck des Lauernden, der humorvollen oder frechen Verschmitztheit erhalten. Da einem diese Unschönheit bei Waldbewohnern kaum, bei den in Steppen und Wüsten hausenden Völkern und namentlich bei den Bewohnern arktischer Gebiete fast stets auffällt, darf sie als eine Folge starker Lichtwirkung betrachtet werden, denn Europäer, die länger in solcher Umgebung gelebt haben, sind nicht frei davon. Kinder haben besonders schöne und grosse, aber oft seltsam anmutende traurige Augen mit haftendem weltfremdem Blicke, wobei man an die Sixtinische Madonna denkt. Die in der Jugend weisse oder bläuliche Bindehaut nimmt mit dem Alter eine unrein gelbbräunliche Färbung an. Ein Mann hatte mattblaue, sonst ganz gesunde Augen, die im dunkeln Gesicht nicht gut aussahen;
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