erstaunlich, wie schnell sie körperlich wie geistig ganz und gar verelenden, wie schnell sie sich wieder erholen können. Wer sie in dem einen Zustande gesehen hat, erkennt sie im anderen kaum wieder. Gleichfalls bemerkenswert ist, wie vortrefflich sich junge Leute bei geregelter guter Ernährung und Pflege entwickeln. Was könnte aus Nachkommen werden, die Generationen hindurch in günstiger Lebensführung gehalten und, das Wichtigste, nicht als untergeordnete Geschöpfe behandelt würden. Denn das drückt nieder, beeinflusst Erscheinung, Wesen mindestens ebenso stark wie die unsichere und fast durchweg unzureichende Ernährung, worunter sie allgemein leiden. Dass dem so ist, bezeugen eben mancherlei Ausnahmen, nicht nur Personen und Eamilien, sondern Stämme, ganze Wildvölker, die unter dauernd günstigen Umständen sich vortrefflich entwickelt haben. Auch die Afrikaner in der Neuen Welt wären zu erwähnen. Die ungünstigen Verhältnisse halten ja die Masse unten, aber nicht wenige Familien haben sich in aller Stille emporgearbeitet. Ihre Angehörigen unterscheiden sich nur noch durch die Hautfarbe von gebildeten Europäern. Das wird freilich nicht gern bemerkt. Die hergebrachte Auffassung ist noch zu mächtig. Wir sind nicht frei von parteiischer Selbstbespiegelung. Halb enthüllte Heize unter Zivilisierten wirken ganz anders als völlige Nacktheit unter Primitiven. Wir neigen dazu, bekleidete Menschen uns schöner vorzustellen, als sie wirklich sind. Unwillkürlich ergänzen wir nach Idealen. Die Kleidung verbirgt, die Nacktheit offenbart Unvollkommenheiten. Das schlägt zum Nachteil der Naturkinder und sollte nicht übersehen werden. Man beachte unter Zivilisierten, was nicht einmal die Kunst des Schneiders verdecken kann: das Missverhältnis von Körperteilen, die unschönen Glieder, die ausgömergelten, die gemästeten Gestalten, die ungefälligen Bewegungen. Wer fleissig unsere öffentlichen Badeanstalten besucht und andere Gelegenheiten benutzt, das Auge zu schulen, der lernt die Klagen unserer Künstler würdigen und begreift, dass es Zivilisierte in Menge gibt, die den Schönheitssinn ebensowenig befriedigen wie beliebig viele Wilde. In allen Ständen und auf allen Entwicklungsstufen erfreuen uns von der Natur besonders glücklich Ausgestattete. Nur sind solche Vorzüge nicht Gemeingut ganzer Völker oder, wenn man will, Merkmale von Hassen, sondern von Familien. Sie liegen im Blute, im Schlage, und sie verbinden, was ursprünglich getrennt erscheinen will. Denn der Abstand zwischen Besten und Geringsten eines zivilisierten Volkes erscheint nicht kleiner als der zwischen Durchschnittstypen aller Menschengruppen. Nichtsdestoweniger beruht es auf Täuschung, in Wilden immer wieder Ebenbilder von Meisterwerken der Kunst zu erblicken. Vieles ist ja recht schön, aber es ist nicht stets zugleich edel; die Verhältnisse lassen zu wünschen übrig. Die Formen sind vielfach künstlerisch streng, doch oft zu hart, zu archaistisch, die Gelenke zu deutlich, die Gliedmassen zu drehrund, ohne den ungleichen Schwung der Umrisse, Kopfe und Gesichter meistens zu gross, die Leiber zu voll. Der Körperbau und der Ausdruck der Formen, der unseren Idealen am nächsten kommt, findet sich bei Menschen in ausgeglichener Lebenslage. Stellen wir Masse gegen Masse oder Erlesene gegen Erlesene so wird die Entscheidung zugunsten der Zivilisierten fallen. Nicht dass diese ursprünglich vollendeter erschaffen, zu Höherem bestimmt gewesen wären. Sicherlich haben die Vorfahren der Europäer ebensowenig wie die Wilden der Gegenwart den edlen, grosszügigen Gestalten geglichen, die uns in Abbildungen nach klassischen Mustern vorgelegt werden. . Die Bafiöti haben ihre beste wirtschaftliche, europäischen Mustern folgende Entwicklung in der Umgebung der Kablndabai erlangt; ihre Eigenart haben sie am reinsten im Herzen von Loängo bewahrt In solchen Teilen des Gebietes gewinnt man andere Anschauungen vom Volke als in Faktoreien, wo einem zusammengewürfeltes, in strenger Zucht gehaltenes Gesinde, Herumlungerer, Karawanen von abstrapazierten Buse leuten und Unfreien vorwiegend vor Augen kommen. Wer hier empfangene flüchtige Eindrücke mit ins Innere nimmt, den mögen dort auftretende Eingeborene durch Haltung und Gebaren des noch urwüchsigen Wilden bestechen. Einen edleren Typus vertreten sie deswegen nicht, was schon die sich mehrenden Photographien hinlänglich dartun. Gesindel der Küste und Bronzestatuen des Inneren - • man könnte diese Bezeichnungen unbedenklich vertauschen — stehen ebensoweit diesseits und jenseits des Durchschnittes wie daheim etwa verelendete Weber in Gebirgswmkeln und Gardesoldaten in Hauptstädten. In Gesichtszügen wie Gliederbau erinnern unter den Bafiöti nur wenige an den überlieferten Negertypus, der ja überhaupt mehr Karikatur als Konterfei ist. Sie sind feinknochig, mehr schmächtig als stämmig, haben breite Schultern, schmale Hüften, schlanke Arme und Beine, eher kleine als grosse Hände, Füsse, Ohren. Ein Unterschied der Geschlechter fällt kaum auf, zumal die Frauen meistens langbeinig wie die Männer, die Körperformen aller weich und gerundet, die Bewegungen recht gleichartig sind.. Dadurch ist keineswegs ausgeschlossen, dass viele Männer namentlich an Beinen, Schultern,' Brust und Rücken eine trefflich ausgebildete Muskulatur besitzen. Auffällig ist, dass die Schlüsselbeine bei beiden Geschlechtern stark hervortreten und die Gruben (Salzfässer) sogar bei der drallen weiblichen Jugend selten gut ausgefüllt sind. Abstossende Fettbildung, übermässige Entwicklung einzelner Körperteile, insbesondere Steatopygie sind nicht kennzeichnende Merkmale. Dagegen gehören
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