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das Land gelangten. Binnen kurzer Zeit litten die Küstenbewohner bereits in entsetzlicher Weise, da sie ja zunächst die Ursache der Leiden noch nicht erkannten. Noch vor Ende des Jahres waren die Sandflöhe südwärts bis S. Paulo de Loända, nordwärts bis zum Congo verschleppt; Mitte December traten sie bereits jenseits desselben zu Banäna auf. Ihre erste rasche und sprungweise Verbreitung fanden sie vorzugsweise durch Küstenfahrer, deren Bemannung mit ihnen behaftet war. Im Januar 1873 wurden sie an der Cabmdabai bemerkt, von dort Anfang Februar mit einer Bootsladung Güter zu Pontanegra und am neunten desselben Monates an der Loangobai gelandet. Vier Wochen später hatte die neue Plage den Kuilu überschritten und sich auf der Reisinsel wie zu Longoböndo eingenistet. A n zwischenliegenden Orten erschien das Ungeziefer etwas später: Anfang April mit einem Boote zu Massäbe, erst Mitte Mai über Land zu Landäna. Von hier aus wurde es in weiten Sprüngen nach Norden verbreitet: Mitte Juni durch einen Küstenfahrer nach Yümbabai und von dort aus sogleich durch einen anderen nach dem Gabun, wo es im Juli auftrat. Im August des folgenden Jahres (1874), auf meiner Reise nach Loango, fand ich dort mit dem mich vom Camerún aus begleitenden Professor Buchholz die ersten Sand flöhe. .Ob sie sich unterdessen vom Aequator bis zum Camerún, wo sie um diese Zeit noch unbekannt waren, und weiter verbreitet haben, konnte ich nicht in Erfahrungen bringen, doch hatten sie sich im Mai des Jahres 1876, als wir auf der Heimreise begriffen waren, weder auf Fernando Po, noch am Flusse Old-Calabar, an den Nigermündungen und überhaupt noch nicht in Oberguinea gezeigt. Landeinwärts waren sie am schnellsten in jenen Gebieten verschleppt worden, in welchen die alten vielbegangenen Karawanenstrassen nach dem Inneren führen, vornehmlich also im Süden vom Congo. Im Jahre 1873 gelangten sie den Kuänsa aufwärts und hatten Ende 1875 fast Kassändschi erreicht. Am dritten October bemerkte sie Herr Lieutenant Lux*) auf dem Rückmärsche zuerst wieder zwei Tagereisen westlich von diesem Orte am linken Ufer des Luhy, 170 50' östlicher Länge von Greenwich. Stanley lernte sie am Inkissifall des Congo kennen, 160 östlicher Länge, und erwähnt sie dann öfter bei seinem Herabdringen im Cañón des Stromes als Dschigga. Dr. Güss- feldt (I 202) fand sie am Nyänga noch in der Gegend um Kassótsche. Von der Loangoküste hatten sie im September 1875 das allen Verkehr *) Von Loanda nach Kimbundu. Seite 149. -r ’ a s - - s.*_„ w hemmende Gebirge noch nicht überschritten; Leute von fernen Orten Yängelas, welche Kautschuk nach Kakamüeka brachten, hatten von ihnen blos gehört. Die an der Küste gang und gäbe gewordene Ansicht, dass sie nur eine vorübergehende Heimsuchung bilden, wird durch die beobachteten Thatsachen nicht unterstützt. Die schlimmsten Merkmale ihrer Anwesenheit dürften sich allerdings immer mehr verringern, je vertrauter die Eingeborenen mit dem Wesen und der Behandlung des Xnsectes werden; auch sind die Sandflöhe periodisch an verschiedenen Orten mehr oder minder stark zu spüren; darum ist aber das Land keineswegs von ihnen befreit. Die ebenfalls viel vertretene Behauptung, dass der Regen sie tödte, war durch Beobachtungen leicht zu widerlegen; Trockenheit und Wärme mögen ihnen indessen wie in America besser Zusagen. Sie gedeihen besonders auf nacktem Boden, überall, wohin der Verkehr sie befördert, und sind keineswegs an die Gegenwart des Menschen gebunden. In verfallenen Dörfern Yümbas, welche vor Jahr und T a g in Folge der Pocken ausgestorben waren und von den Leuten ängstlich gemieden wurden, wie auf langst verlassenen Lagerplätzen im Hochwalde des Kuilugebietes überraschten sie uns oftmals in so erschreckender Menge, dass wir fortan streng darauf hielten, für unsere zeitweilige Niederlassung bis dahin unbetretene Oertlichkeiten von Vegetation zu säubern. Die H a u s th ie r e des Gebietes sind: Hühner, Enten, Ziegen, Schafe, Schweine, Hunde; Katzen, und zwar recht verkommene europäischer Abstammung, darf man als Seltenheiten betrachten. Rinder — ngömbi pl. singömbi; tschingöbo pl. bingöbo — werden nur an zwei Stellen des Landes von Europäern gehalten: eine kleine Herde bei Landäna und eine grössere bei Böma, wo sie frei umherschweifen und erträglich gedeihen. In den betreffenden Districten kann demnach die Tsetsefliege (Glossina morsitans) nicht-Vorkommen, die wir bei Tschintschötscho gesammelt haben. Das Misslingen unseres Versuches, die im Süden so erfolgreich als Lastthiere verwendeten Ochsen einzubürgem, hat Dr. Falkenstein (II 83) geschildert. Rinder sind überhaupt in dem bei weitem grössten Theile von Unterguinea nicht heimisch; erst südlich vom Kuänsafluss werden sie zu Hausthieren der Eingeborenen. In den letzten Jahren ist der Versuch gemacht worden, Esel und Maulthiere in Loango einzuführen; mit welchem Erfolge, ist vorläufig noch nicht abzusehen. Im vorigen Jahrhundert soll nach Angabe der Missionare (Proyart) der König von Loango sogar zwei Pferde besessen \


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