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nach den ebenfalls unterirdischen Wohnungen trugen. Die weiteste Strecke, welche dabei die ununterbrochen auf einer etwa handbreiten Strasse marschirenden Colonnen zurücklegten, mass mit den Krümmungen einhundertundsiebenzig Schritt Länge. Lockere Haufen, wie unsere Ameisen sie Zusammentragen, bemerkt man nicht; die bei weitem grösste Zahl der Colonieen sind in der Erde verborgen. Nur eine A r t construirt sehr hübsche feste Erdbauten, die schirmförmig und am Rande ausgezackt sind, und heftet sie in Stockwerken übereinander an das untere Ende dünner gesunder Bäume, oder errichtet sie auch freistehend auf alten Stubben (Abbildung II 80), selten aber auf ebenem Waldboden. Eine zweite Art, die in krankenden Bäumen haust, hängt in deren Astwerk grosse korb- oder tonnenähnliche Wohnungen. Termitenbauten erblickt man viel häufiger, nicht nur an Bäumen, sondern vornehmlich in der Grasflur. Es fehlen jedoch die auffallenden kegelförmigen Hochbauten derTermes bellicosus und verwandter Arten, die wahrscheinlich im Gebiete gar nicht heimisch sind; ich habe nur zwei alte gerundete Klumpen gefunden, die ihnen zugeschrieben werden könnten, doch besassen diese nicht einen vollen Meter Höhe. Einfach pilzförmige Termiten baue — tschikuku pl. biküku — sind dagegen auf manchen Strecken offener Campinen zu Hunderten verstreut und widerstehen in Folge ihrer Gestalt und bedeutenden Festigkeit sowol den Grasfeuern wie den heftigsten Regengüssen. Nur wenige besitzen zwei Stockwerke. Sie sind verhältnissmässig zierlich (Abbildung I 88) und ragen durchschnittlich dreissig bis vierzig Cen- timeter auf; einen halben Meter misst wol kein einziger. Da das Vorland steinarm ist, benutzen sie die Eingeborenen als Unterlagen und Stützen für Kochgeschirr, bauen auch kleine Feuerstätten davon auf; grösser Hitze ausgesetzt, nehmen sie die rothe Farbe und Härte unserer Ziegel an. Entgegen den Ameisen vergreifen sich die Termiten nicht an der Person des Menschen; aber diejenigen, welche in die Gebäude eindringen — nselengo pl. sinselengo — , sind seinen Habseligkeiten weit gefährlicher als jene. Sie zerstören alles, was sie mit ihren Fresswerkzeugen zerkleinern können: Kleider, Stoffe, Lederzeug, Bücher und Holzwerk, sowol Hausgeräth wie Gebälk. Dabei gehen sie indessen so vorsichtig zu W erk e, dass man ihr verderbliches Treiben ohne regelmässig wiederholte eingehende Untersuchung aller Theile nicht gewahr wird, weil sie sich durch Wände oder Fussböden arbeiten und die Aussenseite der befallenen Gegenstände unversehrt lassen. Die frische Luft scheuen sie ausserordentlich, und überall, wo sie dieser ausgesetzt sein würden, mauern sie sofort wie es auch manche Ameisenarten thun — enge und ziemlich feste Röhrengänge von der Erde auf, in welchen sie sich auch gegen etwaige Feinde gedeckt bewegen können. Beschädigungen derselben bessern sie jederzeit hastig aus, und wenn man das Ohr in die Nähe bringt, kann man ihr eifriges Arbeiten deutlich hören. Das beste Schutzmittel gegen Termiten und Ameisen sowie auch gegen die Schaben (Blatta orientalis) und anderes Ungeziefer ist nach unseren Erfahrungen Petroleum. So lange damit bestrichene Gegenstände den scharfen Geruch bewahrten, flohen sie deren Nähe und mieden überhaupt tagelang frisch mit Petroleum ausgesprengte Zimmer. Die Schwärmzeit der Ameisen und Termiten fällt in die regenreichen Monate, und dann giebt es namentlich für die kleineren Vögel reichliche Malzeiten, zu welchen sie von allen Seiten herbeifliegen. Es ist wol nur ein Zufall, dass wir niemals die geflügelten Hochzeiter in Myriaden ihren Bauen entsteigen und wolkengleich über dem Boden schweben sahen, wie es in anderen Gegenden beobachtet worden ist. W o wir das Schauspiel zu Gesicht bekamen, bot es nichts Auffallendes. Das Schwärmen fand stets nur aus vereinzelten Bauen und an feuchten stillen Abenden statt; dann drangen die vom Lichte angelockten Kerfe manchmal zu Hunderten in die Zimmer, fielen dort nieder und verfolgten einander in hastigem Laufe, nachdem sie sich unter Drehen und Wenden ihrer zarten Flügel entledigt hatten. Derartige gar nicht abzuwehrende Besuche waren besonders ärgerlich, wenn man bei der Abendmalzeit sass, und die Thiere ohne Wahl auf Tischplatte, Schüsseln und Teller, in Speisen und Geträhke niederfielen. Noch mehr als Ameisen und Termiten lernt man die ebenfalls fast allgegenwärtig zu nennenden Mücken und Schnaken fürchten, die insgesammt unter dem Namen Mosquitos verrufen sind. Da man hinsichtlich ihrer Grösse den wunderlichsten Anschauungen begegnet, sei hier eingeschaltet, dass sie durchaus nicht grösser als die bei uns bekannten Arten und wahrscheinlich vielfach identisch mit ihnen sind; auf die Inseln der Südsee gelangten sie mit Schiffen erst vor fünfzig und sechszig Jahren. Blutsaugend und stechend treten nur die Weibchen, nicht aber die Männchen auf. Sie sind auch keineswegs blos ein Fluch tropischer Länder: ich habe sie dort nirgends zahlreicher und bösartiger gefunden, als während des Sommers in nördamerica- nischen Gebieten sowie am Cap Horn, der Magalhaésstrasse, auf den Aleuten und den eisigen Gefilden um die Beringstrasse. Vielleicht sind sogar die flachen wüsten Gelände der Polarregionen, die Tundren, als ihre schlimmsten Brutstätten zu betrachten, weil dort


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