denen die jungen Bauwerke des Meeres bestehen, etwa auf weite Strecken schwebend fortgeführt würden. Da dieselbe überdies nicht einmal dauernd in derselben Richtung stattfindet, wäre es wol doppelt gewagt, wenn man gewisse Gliederungsformen des Gestades bis zum Gabun hin auf die Wirksamkeit der südatlantischen Strömung zurückführen wollte. Diese Gebilde sind ausschliesslich entstanden — und würden entstehen trotz jeder beliebigen Strömung, so lange dieselbe nicht ein Uebermass von K ra ft erreicht — unter der mächtigen Einwirkung einer Brandung, welche fast ununterbrochen die Küste schlägt und dem Handel, dem Verkehre zwischen Meer und Land ausserordentliche Schwierigkeiten bereitet. Diese Brandung, in Unterguinea allgemein Calema genannt, zeigt eine ausgeprägte Eigenart, welche sich an allen Flachküsten mehr oder weniger typisch wiederholt, aber in Westafrica wol ihre, wenn nicht grossartigste, so doch vollendetste Ausbildung erlangt. Wäre das Land reich an guten Häfen und Strassen, so würde die so gefürchtete Calema höchstens noch von den eingeborenen Fischern beachtet werden; wäre es von Steilküsten umgeben, so würde sie als die bekanntere Form der Brandung nichts Aussergewöhnliches mehr haben. Da sie aber unter den obwaltenden Umständen das Gestade wie ein abschreckender Gürtel umgiebt und es oft gänzlich unnahbar macht, da ferner über ihr Wesen wol nirgends bisher methodische Beobachtungen angestellt wurden, vermuthete man in ihr etwas Ge- heimnissvolles und beim Suchen nach einer Erklärung bevorzugte man daher das am fernsten Liegende und übersah das Nahe, das Natürliche. Vornehmlich sollte sie auf irgend eine Weise durch die Einwirkung des Mondes entstehen, nach einer kühnen Theorie sogar eine Folge der Wellenberge sein, welche das jähe Ablösen ungeheurer Eismassen am Südpol erzeuge. Man beachtete nicht die Thatsache, dass sie — als Surf der englischen Seeleute — an allen Flachküsten auftritt: an den Landes in der Bai von Biscaya, wie im Busen von Bengalen, an der Ostküste Nordamericas wie an der Küste von Venezuela, Brasilien, Chile und Untercalifornien, an den Gestaden der Nord- und Ostsee wie an denen des Mittelmeeres — wenn auch verschieden an Regelmässigkeit der Gestalt und an Macht und Grösse, je nach Bodenform und Ausdehnung der ihrer Entwickelung dienenden W asserbecken. Eine schwere Calöma ist eine grossartige Naturerscheinung, namentlich bei vollkommener Windstille, wenn weder kleinere kreuzende Wellen die andringenden Wogen brechen und beunruhigen, noch das Spiegeln der Wasserfläche auf heben. Von einem etwas erhöhten Standpunct aus erscheint dem Beobachter das glänzende Meer von breitgeschwungenen regelmässigen Furchungen durchzogen, welche, durch Licht und Schatten märkirt und unabsehbar sich dehnend, annähernd parallel mit der .mittleren Strandlinie angeordnet sind. Von den aus der Ferne nachdrängenden ununterbrochen gefolgt, eilen die Undulationen in mächtiger aber ruhiger Bewegung heran, und heben sich höher und höher in dem allmählich flacher werdenden Wasser, während gleichzeitig die bis dahin rein schwingende Bewegung der Wassertheilchen mehr und mehr in eine fortschreitende übergeht. Eine Zone von entsprechender Tiefe durchlaufend, verwandelt sich jeder einkommende langgestreckte Wellenzug in einen vollständigen Roller, welcher sich im Heranstürmen immer steiler aufrichtet und, durch Reibung am Boden gehemmt, mit seinem vorauseilenden Schema der Calema-Bewegung. oberen Theile nach vom wölbt, um endlich nahe 'am Strande in schönem Bogen überzufallen. Während eines Augenblicks gleicht die Masse einem flüssigen durchscheinenden Tunnel, im nächsten bricht sie in gewaltigem Sturze donnernd und prasselnd zusammen. Dabei werden, wie bei Explosionen, durch die im Inneren eingepresste Luft Springstrahlen und blendende Wassergarben emporgetrieben; dann wälzt sich die schäumende wirbelnde Flut am glatten Strande hinauf, um alsbald wieder wuchtig zurückzurauschen, dem nächsten Roller entgegen. Die Illustrationen Abtheilung I 40 und n 16 veranschaulichen den Anblick einer schwachen Calema vom Strande aus. Einen besonderen Reiz gewinnt das Schauspiel, wenn heftige Windstösse, etwa bei einem losbrechenden Gewitter, den Rollern vom Lande entgegenwehen, ihre vordere ansteigende Hälfte treffend, sie zu höherem Aufbäumen zwingen und ihre zerfetzten Kämme hinwegführen; jeder heranstürmende Wasserwall ist dann mit einer sprühenden, flatternden Mähne geschmückt. Von unvergleichlicher, ge- heimnissvoller Schönheit ist der Anblick der Calema des Nachts, wenn das Wasser phosphorescirt, von blitzähnlichem Leuchten durchzuckt wird, oder wenn das Licht des Vollmondes eine zauberische, in höheren Breiten unbekannte Helligkeit über dieselbe ergiesst, und nicht minder des Abends, wenn die Farbenglut eines prächtigen
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