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erreiche eine solche Grösse, dass bisweilen vier Männer nicht im Stande seien, es fortzutragen. Die Leute essen das Fleisch nicht, aber die weniger wählerischen Kruneger der englischen Factoreien zu Kuängo rühmten es mir sehr. Erkundigungen und entworfene Zeichnungen stellten es ausser Zweifel, dass das Ungeheuer ein Zitterrochen sei. Mässigere von Fischen ausgehende elektrische Entladungen kennen überdies die Bewohner der Loangoküste recht gut: ein elektrischer, etwa spannenlang werdender Fisch — nddke pl. sindcke — findet sich in allen Gewässern des Landes ziemlich häufig. Ausserdem lebt ein grösser Zitterwels — nsömbo pl. sinsömbo — im Congo und Kuilu, der gierig an die Angel geht, aber um der von ihm ausgetheilten Schläge willen natürlich einen sehr unwillkommenen Fang bildet, ob- wol sein Fleisch geschätzt wird. Den Fischer bringt er in grosse Ve^ legenheit, da dieser ohne Ruthe angelt und die Schnur nicht losgeben will, weil damit zugleich der werthvolle Haken verloren wäre. Herr Lindner machte in seiner Factorei zu Porto da Lenha die unliebsame Erfahrung, dass sogar ein scheinbar todter Nsömbo noch einen Unvorsichtigen durch die Stärke seiner elektrischen Entladung zu Boden werfen kann, und hatte wenigstens die Genugthuung, zu beobachten, wie einem anderen ahnungslosen Europäer von demselben Fische nach etwa zehn Minuten in der nämlichen Weise mitgespielt wurde. Von allen elektrischen Fischen vermochten wir nur den Ndäke zu erhalten, welchen Dr. Güssfeldt sammelte. A ls den grössten allenthalben an der Küste vorkommenden Fisch darf man den Sägefisch oder Hairochen (Pristis antiquorum) - - mbäfu pl. simbäfu — anführen, welcher ziemlich häufig zu sein scheint, in die Mündungen der grösseren Flüsse eindringt und im Bereiche des Brackwassers sich tummelt. Obwol er die Länge von drei Männern erreichen soll, fürchtet ihn doch Niemand. Ich sah in Yümba eine sorgfältig aüfbewahrte Säge von einem Riesenthiere, ein Cabinetstück, welches einhundertunddreiundneunzig Centimeter mass. Der glückliche Besitzer, ein Ngänga, wollte sich um keinen Preis von ihr trennen, weil er sonst bei den Weibern in Ungnade gefallen wäre, da der Trophäe eine für Frauenangelegenheiten bedeutsame K raft zugeschrieben wird. Die Säge nennen die Leute analog den Palmwedeln sehr hübsch: litschydle li mbäfu. Ein anderer riesiger sehr seltener Fisch,' des Gleichen ich noch nie gesehen, wurde während unseres Aufenthaltes am Kuilu innerhalb der Mündung gefangen. Er mochte gut fünfzig Kilogramm wiegen und war kurz, sehr hoch und fast viereckig geformt; bis zu einem gewissen Grade ähnelte er dem bekannten Mondfisch (Orthagoriscus), den ich ebenfalls am Kuilu und am Cap Matüti beobachtete. Jenen merkwürdigen Meeresbewohner - nssöto pl. sinssöto — konnte ich leider nicht messen, noch malen, da er sogleich zerlegt wurde. * Ein dritter sehr grösser und äusserst seltener Fisch mund- schye pl. simundschye — wurde Anfang Mai 1875 am Strande bei Tschintschötscho gefangen, glich genau einem ungeheuren Spiegelkarpfen und bildete für die zwei Männer, welche ihn in einer Hängematte an unserem Gehöfte-vorübertrugen, eine fast übermässige Last. Die goldbraun glänzenden Schuppen der Mittelreihe waren so gross wie Handteller. Die Träger wollten nicht anhalten, noch Rede stehen; denn die kostbare Beute muss sogleich, und zwar lebend — man hatte darum in das Maul einen nassen Grasbüschel gesteckt, und Knaben liefen nebenher, welche Salzwasser über das trocknende Thier gossen — an die Fürsten des Landes abgeliefert werden. Weder das V o lk , noch Europäer dürfen davon essen. Zu spät erfuhr ich, dass es durch einflussreiche Vermittelung mir möglich gewesen wäre, in einem nicht zu entfernten Dorfe sowol den kostbaren Fisch zu untersuchen und zu malen, wie beim Verspeisen theilzunehmen. So erhielt ich nachträglich nur eine Anzahl der prächtigen Schuppen. Ein anderer gewichtiger, wegen seines vorzüglichen Wolge- schmackes von Farbigen und Weissen hochgeschätzter Fisch — mblöndo pl. simblöndo — , der einem Lachse täuschend ähnlich ist, wird während der Regenzeit dann und wann bei Landana und Ca- blnda gefangen. Wir schätzten einen kleinen Fisch am höchsten, dessen Fleisch an Zartheit und Würze unvergleichlich genannt werden kann. Er wurde zu allen Jahreszeiten, aber zu unserem Leidwesen niemals häufig gefangen; auch er ist erlesene Speise der Grossen des Reiches, das Vo lk darf ihn nicht essen; und wir erhielten ihn nur durch günstige Schickungen. Es ist der zur Familie der Umberfische (Sciaenidae) gehörende Pentanemus quinquarms — nlombo pl. sindömbo. # .. Der gemeinste Fisch im Bereiche der südatlantischen Strömung, der während der Regenzeit, besonders von November bis Februar in grossen Schwärmen erscheint, ist der westafricanische Hermg (Pellona africana) - tschibdle pl. bibäle. Auch er ist gut zu essen, und wie bei uns entsteht in den Küstendörfern ein wahrer Aufruhr, am Meere ein reges Leben, wenn bei schwacher Calema die entlang ziehenden Schwärme entdeckt werden. Bei glatter See ist das „Blinken“ der Nahenden schon in weiter Ferne wahrzunehmen. Mit den grossen schweren Schleppnetzen, deren Auslegen und Einbringen


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