272 aus unnatürlich berühren. Mancher ehrwürdige Saurier, der, etwas auf die Seite gewälzt, alle Viere behaglich von sich gestreckt oder untergeschlagen, seinen Schwanz schleifenförmig nach dem Leibe vorgebogen und derartig gewissermassen zusammengerollt sich wolig von der Sonne bescheinen lässt, entspricht gar nicht mehr den landläufigen Vorstellungen vom Aussehen eines Krokodiles um so weniger, als er in der R ege l einen Leibesumfang besitzt, von welchem bei den mageren Exemplaren in unseren zoologischen Gärten kaum eine Andeutung vorhanden ist. Alle Krokodile sind so ausserordentlich scheu und wachsam, dass Beobachtungen über ihr Gebaren am Lande sich fast nur mittelst des Fernrohres anstellen lassen; doch werden diese wieder dadurch erleichtert, dass sie sehr genau ihre Standorte innehalten. Sie hören sehr fein und sehen sehr scharf, dagegen scheint ihr Geruchsinn stumpf zu sein; denn auch diejenigen, welchen der Luftzug unsere Witterung schon längst zugetragen haben musste, brachten sich, selbst in grösser Nähe, erst dann in Sicherheit, wenn sie uns vernahmen oder erblickten. Mit grösser Vorsicht verfahren sie, wenn sie ihren Ruheplatz aufsuchen, steigen bedächtig aus dem Wasser, sichern dabei öfters anhaltend und stutzend nach allen Seiten und thun sich erst dann mit einem Ruck nieder, wenn sie die Umgebung genügend durchmustert haben. Selbst die schlafenden werden schon durch ein leises Geräusch geweckt und flüchten eiligst in das Wasser, ohne sich erst mit Schauen und Prüfen aufzuhalten. Vögel irgend welcher A r t sahen wir niemals in ihrer Nähe, noch weniger sich mit ihnen beschäftigen — freilich kommt der bekannte Krokodilwächter vom Nil (Hyas aegyptius Vieill.) in Loango nicht vor. Es ist unter allen Umständen ein grosses Kunststück, Krokodile zu beschleichen; der Zufall spielt eine weit dankbarere Rolle als alle Bemühungen. A u f Sandbänken ist gar nicht anzukommen, und auf höheren bewachsenen Uferstrecken sieht man sie vom Canoe aus nicht eher, als bis sie in das Wasser schiessen. Manchmal, wenn man ruhig mit dem Strome dicht am Ufer entlang treibt, springt ein überraschtes so nahe am Fahrzeuge in die Tiefe, dass ein Unerfahrener glauben könnte, es habe angreifen wollen. Ich halte es nicht für unmöglich, dass dabei ein Canoe zufällig getroffen und umgestürzt oder zertrümmert werden kann; aber an einen A n griff denkt das selber aufs Höchste erschrockene Thier nicht im Geringsten. Andere überraschte wagen den Sprung nicht, sondern drücken sich und lassen die Gefahr vorüber, ehe sie in das Wasser gehen, oder fliehen auch hastig landein. Die Behauptung, dass eine K u ge l den Panzer nicht durchbohre, ist eine Fabel; denn schon grobes Schrot durchschlägt ihn auf dreissig und vierzig Schritt Entfernung ohne weiteres. Das unter sehr spitzem Winkel auftreffende Langgeschoss wird allerdings vielfach abgleiten und jedenfalls nicht tödtlich wirken. Eine starke, Blatt oder Hals fassende Schrotladung ist überhaupt der K u g e l vorzuziehen, wenn man ein Krokodil wirklich erbeuten will: trifft man damit gut, so bleibt es unter Feuer, während selbst ein paar wolgezielte Kugeln — wenn Gehirn oder Halswirbel unverletzt bleiben — es nicht so lähmen, dass es nicht mit einer letzten krampfhaften Bewegung in das Wasser rollte. Dort aber versinkt es spurlos und hebt sich erst wieder nach eingetretener Verwesung — wenn es nicht unterdessen seine Gefährten aufgefressen haben. Ueber die Gefährlichkeit der Krokodile habe ich schon Seite 205 nähere Angaben gemacht. Jedenfalls ist es gut, überall an Gewässern, in denen sie leben, auf der Hut zu sein, wenn sie auch nicht jenen Menschen rauben, der in ihr Bereich kommt. Vielleicht bilden sich wie bei den Tigern nur einzelne Individuen zu Menschenräuber aus; denn es ist eine Thatsache, dass nicht an allen Flüssen und nicht an jedem beliebigen Orte Angriffe stattfinden. Uferränder mit unmittelbar angrenzendem tiefen Wasser scheinen am unsichersten zu sein' Das stutzschnauzige Krokodil (C. frontatus) halten die Eingeborenen überhaupt für durchaus ungefährlich und nennen es auch einfach Eidechse — mbämbi. Es ist dreister als die anderen und zieht vor den Augen des Jägers geschossene Vögel behutsam unter Wasser — obwol ich nicht ausschliessen will, dass jene ebenso verfahren. Auch ist es zutraulicher oder vielmehr neugieriger als die anderen. Mehrfach habe ich beobachtet, dass an Stellen, wo sie häufig sind, ihre Köpfe bald auftauchen, wenn am Ufer oder auf Sandbänken etwas Ungewöhnliches vorgeht. Allenthalben im Bänya und im Kuilu von Pölle m aNänga bis nach Mamänya ma täli ist es ungemein häufig; ob es im Congo vorkommt, kann ich nicht entscheiden. Jedenfalls wussten die Eingeborenen mir dort nur die beiden anderen Arten zu benennen, und am Tschiloango machte ich dieselbe Erfahrung. Es kann gar nicht verwechselt werden, da sein kurzer K o p f an den eines recht grossen Frosches erinnert, überdies auch einen charakteristischen Nasenhöcker besitzt, und da die Farbe des Thieres ein schmutziges Braun ist. Seine äusserste Länge wird kaum vier Meter betragen. l*. Das spitzschnauzige Ngändu (C. cataphractus) gilt für das gefährlichste und soll am Congo Menschen aus Canoes rauben. Wahr- Coango. UI.
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