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Stachelschweine (Atherura africana) und Schuppenthiere (Manis macrura, M. longicaudata) sind uns nur einige Male lebend gebracht worden, fielen aber sogleich den Ratten zum Opfer. Diese schlimmen Gäste hatten sich in bedrohlicher Menge bei uns eingenistet und fügten trotz aller angewendeten "Vorsich tsmassregeln unserer Habe und unseren Sammlungen immer wieder Schaden zu. W ir konnten uns ihrer nicht erwehren, weil wir gleich den Eingeborenen zu ebener Erde in Schilfbaraken wohnten, und uns die Verhältnisse nicht gestatteten, auf Pfeilern ruhende Holzhäuser zu errichten, wie es in den Factoreien üblich ist. Die Frechheit der Ratten, der Lärm, den sie allnächtlich unter der Erde, in den Zimmern und auf den Palmblattdächern vollführten, war eine beständige Quelle der Sorge und Störung. Es Hesse, sich ein ganzes Capitel schreiben über das Treiben der klugen und findigen Thiere, die für uns eine wirklich recht grosse Plage waren. Der dauernde Krieg, der auch von unseren nach dem geschätzten Braten lüsternen Südleuten mit allen Mitteln geführt wurde, vermochte ihre Reihen nicht, zu lichten. Wir hatten es mit der auf Schiffen gekommenen Wanderratte (Mus decumanus) zu thun, die ja, nachdem sie in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts nach Europa einzuwandern und die wahrscheinlich um die Zeit der Völkerwanderung desselben Weges gekommene Hausratte (Mus rattus) zu verdrängen begann, gegenwärtig bereits kosmopolitisch geworden ist. Die Eingeborenen nennen sie wie die im Freien lebenden Ratten: mpüku pl. simpüku, und aUe Mäuse: nkuete pl, sinkudte. Von den gesammelten Hörnchen sind vier Arten bestimmt: Sciu- rus pyrrhopus, Sc. punctatus, Sc. rufobrachiatus, Sc. congicus. Sie sind namentlich in den Galleriewäldern der Flüsse und im Gebirge ungemein häufig und beleben sie durch ihr munteres Treiben. Ein allerliebstes Hörnchen t- mkäka pl. simkäka — mit rostgelbem Fell und zwei doppelten schwarzweissen Seitenstreifen geziert, wurde mir einst lebend als Geschenk gebracht. Es schien vollständig erwachsen und hatte doch nur die Grösse einer starken Maus, so dass man es in der hohlen Hand bergen konnte. Binnen weniger Tage wurde es so zahm, dass es sich fortan frei im Zimmer umhertummeln durfte. Mit fröhlichem, leisem „tak tak“, das jedesmal von einem Wippen des breiten buschigen Schweifes begleitet wurde, trieb es zu allen Stunden sein neckisches Spiel, war aber des Nachts weit reger als des Tages. Seine Liebhabereien wechselten ausserordentlich rasch. Eine Zeit lang hockte es dann und wann, alle meine Bewegungen mit klugen Augen verfolgend, sich putzend und kämmend, besonders gern auf dem Tintenfass; wenn ich die Feder eintauchte, sprang es dann regelmässig auf meine Hand und beim Zurückziehen wieder auf den alten Platz; dann fand es meinen K o p f zum Sitz geeignet, später wieder einmal die Schulter, kroch dann auch ins offene Hemd, in beHebige Taschen, so dass ich mich beim Aufstehen erst immer überzeugen musste, ob ich das winzige und manchmal eingeschlafene Thierchen nicht irgendwo bei mir habe. Zur SchlafsteUe hatte ich ihm eine in sicherer Höhe angebrachte ausgehöhlte Adansoniafrucht angewiesen. Diese füllte es nun eifrig mit weichen Läppchen, Wattenflocken und grossen Wergbündeln, die es aus dem Zimmer meines Nachbars entführte und an einem als Leiter dienenden Stabe oder an der Schilfwand kletternd hinauf schleppte. Das Einbringen der oft kaum zu bewältigenden Massen durch das enge Loch in der Fruchtschale machte ihm unendliche Mühe, aber von aussen schiebend, von innen ziehend, liess es nicht eher nach mit dem Ausfüttem des warmen Nestes, bis absolut Nichts mehr in den Hohlraum hineinzustopfen war. Bei aller emsigen Arbeit gab das niedliche und ungemein reinliche Thierchen zeitweilig sein frohes „tak tak“ von sich, oder hüpfte auf einen Ruheplatz und strich und kämmte hurtig das in Unordnung gerathene Kleid, namentfich die langen Haare des Schwanzes, und putzte das kluge Köpfchen mit den grossen dunkeln Augen. Sein Thätigkeitstrieb und seine Lust an Veränderungen Hessen es jedoch nimmer ruhen und nie lange etwas Geschaffenes mit Behagen gemessen. Kaum war das weiche-Nest eine Woche benutzt, so begann es auch schon wieder die mühsam hergesteUte Polsterung auszuräumen und nach einem verlockenderen Winkel am Bücherbret zu schaffen; nachdem dieser einige Zeit als Schlafplatz gedient hatte, wurde ein drittes Nest in der Tasche eines an der Wand zur Seite meines Arbeitsstuhles hängenden Rockes angelegt. Dort fühlte es sich längere Zeit wolgeborgen, und ich glaubte es endlich zur Ruhe ge kommen. A ls ich aber eines Tages meine, der Ratten wegen mittelst einer am Dachbalken befestigten Schnur frei schwebenden Kniestiefeln anziehen woUte, fand ich einen derselben zu einer neuen Wohnung eingerichtet und bis obenan mit Werg, Watte und Federn angefüllt. Da entdeckte ich auch, dass der rastlose Liebling allerlei glänzende und glatte Gegenstände zusammentrug: Zündhütchen, Patronenkapseln, hellgefärbte Scherben und andere Dinge, darunter auch mein seit längerer Zeit vermisster Fingerhut kamen zum Vorschein. Im Uebri- gen stiftete es nicht viel Schaden. Es benagte versuchsweise einige Rücken in Leinwand gebundener Bücher, probirte auch seine Zähne an zierlich hochgehaltenen und eifrig gedrehten Bleistiften und berei


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