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fahren wird. Es scheint, dass Krokodile wie andere Raubthiere vornehmlich an bestimmten Oertlichkeiten dem Menschen gefährlich werden, wo sie sich an seine Erscheinung, an sein Treiben gewöhnt haben. — Ueber Todesfälle, welche Giftschlangen.— tschimpänta pl. bim- pänta — verursachen, konnte Herr Lindner so wenig etwas berichten, wie wir selbst dergleichen erlebten. Dr. Falkenstein (II 92) ist einmal ein Eingeborener zugeführt worden, der zwei winzige vermuthlich durch Schlangenbiss erzeugte Wunden am Fusse aufwies. Streng verbürgt von Augenzeugen und am Orte des Geschehens ist mir dagegen folgendes durchaus vereinzelt stehendes Ereigniss: Ende Januar 1876 wanderten des Abends drei Mädchen an der Loangobai nach dem Dorfe Lubü. Sie giengen, begleitet von Fackelträgern, raschen Schrittes und lustig plaudernd hintereinander auf dem schmalen, zwischen spärlichem Grase entlang führenden Pfade. Unfern einer Factorei schrieen sie plötzlich auf; das zuerst gehende jüngste Mädchen war von einer Schlange in den Fuss geschlagen worden. Es ist danach einige Schritte vorwärts getaumelt, dann bewusstlos zu Boden gefallen und nach wenigen Minuten eine Leiche gewesen — oder hat sich doch nach rasch vorübergehenden Krämpfen plötzlich starr ausgestreckt und kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben. Die Schlange hatte einer der Fackelträger sogleich entdeckt und getödtet. Es war die Rhinocerosschlange (Vipera rhinoceros) — mpile pl. simpile die nächste Verwandte der bekannteren Puffotter. Dieser ähnelt sie in der Gestalt, besitzt auch die nämliche hartschuppige Haut, ist jedoch bei weitem charakteristischer gezeichnet und gehört unbedingt zu den wenigen Schlangen, deren vornehme gedämpfte Farben — Blau, Violett, Rosa, verschiedene Schattirungen von Braun und Fahlgelb — einen wirklich schönen Anblick bieten. Ihre Zeichnung würde ein feiner Vorwurf für einen Teppich sein und ist in der That in manchen Mustern der trefilichen im Lande gefertigten Geflechte wieder zu erkennen. Glücklicherweise ist die furchtbare Schönheit ausserordentlich träge. Sie verändert im Zorne kaum ihre Stellung, sondern bläst sich blos zu noch grösserer Dicke auf und zischt mit weit geöffnetem Rachen, in welchem die langen dünnen Giftzähne deutlich hervortreten. Die Mpile findet sich in den Savanen Loangos, wo die nacktbeini- gen Eingeborenen allenthalben umherstreifen, ungemein häufig. Man sieht sie zwar selten, braucht aber nur zum Fange anzuregen, um binnen kurzer Zeit eine überraschend grosse Anzahl zu erhalten. Die Leute greifen sie manchmal mit der blossen Hand, indem sie den dünneren Hals packen und den Daumen auf den K o p f drücken.; so tragen sie das lebende, den Rachen aufsperrende Thier, dessen Körper schwerfällig herabhängt, fort. Sie versichern, dass die Mpile vornehmlich auf Ratten und Mäuse Jagd mache und vor deren Löchern geduldig auf Beute lauere; sie bestätigen aber auch übereinstimmend, dass sie vielfach im Wasser der Flüsse lebe. Wir haben jedoch dieses Verhalten nie beobachtet. An verschiedenen Puncten der Westküste Africas ist mir indessen von vertrauenswürdigen Europäern die nämliche Angabe gemacht worden bezüglich des sogenannten Riverjack*), einer Schlange, die der Beschreibung nach mit der Vipera rhinoceros identisch ist. Um vieles beweglicher ist die africanische Brillenschlange oder Speischlange, Uraeusschlange, Aspis, Schlange der Kleopatra (Naja haje), eben um ihres Speiens willen im Lande mamäta genannt. Sie soll nicht nur den Angreifer anspringen^ sondern ihn auch auf drei bis vier Schritte Entfernung mit einigen Tropfen Flüssigkeit bespeien, die namentlich an empfindlicheren Körperstellen, an Schleimhäuten, bösartige Entzündungen und grosse Schmerzen verursache. Sofort auf die getroffenen Theile gestrichene Frauenmilch gilt als ein unfehlbares Gegenmittel. Ich nahm mehrmals die Gelegenheit wahr, an freien Stellen — sie leben ebenfalls in der Savane — entdeckte Brillenschlangen absichtlich zu reizen, sah aber nicht eine derselben Flüssigkeit ausstossen oder wirklich angreifend vorgehen. Hart bedrängte ringelten sich allerdings zusammen und nahmen die von der indischen A rt bekannte drohende Stellung an, wandten sich aber gleich darauf wieder zur Flucht. Ich will darum weder das Speien noch das Springen bestreiten; ersteres ist wenigstens zu gut verbürgt. Die Angriffsstellung, die allerdings vorzugsweise wol die der Abwehr ist, mag indessen mannigfache Täuschungen bedingen; es sieht wirklich aus, als ob das Thier sich zum Sprunge rüste: der Vorderleib wird senkrecht aufgerichtet, der Hals aufgebläht und seitlich ausgebreitet, der feine K o p f zischend nach vorn geneigt. In dieser auffälligen Haltung besitzt die Schlange mit ihren eigenthümlich geschmeidigen Bewegungen etwas ungemein Graziöses; man begreift sofort, warum sie im Alterthum so berühmt *) Monteiro (A n g o la and the R iv e r Congo I I 301), welcher ebenfalls keine Schauergeschichten von S chlangen zu erzählen weiss, berichtet, dass die nämliche Schlange, die er überdies als Clotho nasicornis bezeichnet, im Luqueiafluss sich einmal in einer F is c h reuse gefangen habe und von ihm nachmals mehrere Monate hindurch in einer K is te bebendig gehalten worden sei.


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