tigen Lindner immer von Neuem schelten, dass er im Feuereifer, ohne sich nach dem Rest. umzusehen, mit dem Aufseher und einigen leicht bepackten und jagdlustigen Negern stundenweit vorauseilte, statt am Eingänge eines Dorfes, oder wo sonst die Verlockungen alter Lagerplätze winkten, zu warten und die Menge hindurchzutreiben. Im Uebrigen aber hatte das langsame Marschiren grosse Vortheile, gegenüber dem hastigen Vorwärtsstürmen auf der ersten Reise. Der Marsch im stillen Walde, wo nur wenige zum persönlichen Dienst verwandte Neger um mich waren, und wo ich unbelästigt blieb, gab die beste Gelegenheit zum Ausfragen wie zur ruhigen Ueberlegung und Beobachtung. Der Nganga Mvumbi wusste, dass die Karawane des Weissen durch sein Dorf kommen würde und hatte alle Vorbereitungen zum Empfang getroffen. Als ich in das Dorf eintrat, war das ganze Gepäck der Expedition bereits auf dem Platze vor der Hauptsombra aufgestellt und in dieser selbst zwei Sessel und ein Tisch (ein Möbel, das die Neger für sich nie gebrauchen), mit einem darüber gebreiteten Stück Zeug. Eine Wasserflasche und Gläser standen darauf. Der Boden war sauber gekehrt, man konnte gar nicht sorgsamer empfangen werden. Ich gedachte nur kurze Zeit zu rasten, denn die zurückgelegte Strecke bildete noch keinen Tagemarsch. Ausserdem war das Dorf die Heimat des grösseren Theils der Bayombe-Träger, und ein unnützes Verweilen konnte vom Uebel werden. Aber die Dinge entwickelten sich ganz anders. Die Bayombe nämlich schickten sich nun an, mir genau denselben Streich zu spielen, wie es die Loango- träger Tags zuvor gethan hatten, und verlangten gleichfalls Mann für Mann ein Stück Zeug als Bedingung des Weitermarsches. Beim Aufbruch von der Factorei hatte keiner ein Wort gesagt; sie wollten mich erst in der Falle haben, um mich bequemer rupfen zu können. Nun war ich freilich bereits so weit, die Forderung als ein unvermeidliches Uebel über mich ergehen zu lassen, aber die Sache lag doch in sofern ernster, als die Zahlung die mitgenommenen Vorräthe unverhofft um hundertvierzig Ellen Zeug verminderte, weil sie nicht mehr durch die Factorei Mayombe geleistet werden konnte. Ausserdem wurde die Forderung in so frecher Weise vorgebracht und spiegelte sich auf den habgierigen Gesichtern ein solches Siegesbewusstsein, dass ich zunächst einen abschlägigen Bescheid gab. Darüber kam der Abend heran; er vergieng ohne Resultat, obwöl ich angeboten hatte, jedem Träger eine Mukanda auszustellen, die in der Factorei Mayombe eingelöst werden sollte. Von Neuem war Alles in Frage gestellt. Ich war im Grunde nichts Anderes als ein wehrloser, gefesselter Mann. Androhung von Gewalt hätte zunächst die Folge gehabt, dass man mich allein im Dorfe und im Walde gelassen hätte, und die letzte Aussicht auf ein Weiterkommen verschwunden wäre. Ich wurde recht traurig, als ich an die Zukunft dachte, und resignirt schrieb ich in mein Tagebuch: „Dass man bei all der Niederträchtigkeit und dem nagenden Aerger nicht stückweise auseinanderfällt! Das Eindringen in diesen Theil von Africa ist wie das Erklettern einer steilen Wand von morschem Gestein, wo man bei jedem Schritt gewärtig sein muss, ohne eigne Schuld hinabzustürzen. Bei den stets drohenden Nachforderungen (die doch gewiss nicht die letzten sind) komme ich mir vor wie ein Spieler, der jedem verlorenen Einsatz einen neuen hinzufügen muss, in der Hoffnung, schliesslich doch noch zu gewinnen.“ Während dessen führten meine Träger draussen ihre ausgelassenen Tänze auf, und ich war froh, nicht zu-verstehen, was sie dazu sangen; denn dass ihr Triumphgesang mir galt, ist sicher. Am folgenden Tage entschloss ich mich zum Zahlen und wehrte mich nur noch zum Schein. Mein Unwille war absichtlich übertrieben; denn ein zu rasches Nachgeben wäre einer Ermuthigung zur möglichst baldigen Wiederholung ähnlicher Scenen gleichgekommen. Den Nganga Mvumbi suchte ich vergeblich von der Schuld zu" überzeugen, die das schlechte Betragen seiner eigenen Leute auf ihn lud. Den gröss- ten Unmuth aber empfand ich gegen meinen Dolmetscher Bua'tu; er wusste sich gar nicht zu helfen und schickte in der Angst zu seinem Bruder Mani Mampaku, der eine halbe Tagereise entfernt wohnte, um die Leute in Ordnung zu bringen. Der Theil des Tages, der der schliesslichen Auszahlung vorauf- gieng, wurde, soweit die Unterhandlungen es gestatteten, durch Fetisch-Ceremonieen ausgefüllt. Der Fetisch Manana, eine bemalte Holzpuppe, mit Nägeln und Eisenstückchen übersäet, wurde herbeigebracht und unter viel Lärmen und Geschrei mit einem weiteren Nagel versehen. Der Nganga Mvumbi stand dabei auf dem Stumpf einer Oelpalme, dem Fetisch gegenüber, in der Hand seine Metallklapper, die Tschingongo, haltend; ein anderer Schwarzer neben ihm schwang eine grössere Holzklapper, ein dritter entlockte dem viel üblichen, kleinen, federgeschmückten Horn, das auf der Seite angeblasen wird, dumpfe Töne. Alle, diese Instrumente wurden in Thä- tigkeit gesetzt, wenn in der langen Rede des Nganga Mvumbi eine Pause eintrat. Dieser fuhr dann fort, dem Fetisch Manana einzuschärfen, wie er sich dem neuen Nagel gegenüber zu verhalten habe: Bei diesem Nagel sei er verpflichtet, die den Weissen begleitenden L o a n g o . I . 11
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