entgegen. Er meldete, dass beim Einladen des Gepäcks in Folge der schweren See (Calema) der grösste Theil unserer Sachen durchnässt worden, dass beim Umschlagen eines Canoes mehrere Koffer in der Brandung versunken seien. Da die Nacht im Anzuge war, so konnte von einer sofortigen Untersuchung nicht die Rede sein. Die Ungewissheit über den Umfang des Verlustes verdoppelte die Sorge. Ein heftigerer Fieberanfall, als ich ihn bisher erlebt, zwang mich sehr bald, das Lager aufzusuchen; — zum ersten Mal empfand ich eine Trübung meiner Denkfähigkeit und ergieng mich mit offenen Augen in phantastischen Träumereien. Ich lag in dem abgelegenen Verschlage einer portugiesischen Factorei und sah, ohne mir Rechenschaft geben zu können, einen Schwarzen — ich musste ihn wol für meinen Diener halten — an das Bett kommen und wieder verschwinden. Als das Bewusstsein zurückkehrte, bemerkte ich, was geschehen war. Mein Beinkleid, das wegen der darin befindlichen Werthsachen am Kopfende des Bettes hieng, war gestohlen worden; mit demselben alles Gold, das ich bei mir führte, und, was für den Augenblick viel schwerer wog, sämmtliche Uhrschlüssel. Wochenlang hatte ich in Tschintschotscho das Chronometer durch astronomische Beobachtungen geprüft, um es während der Reise zu Längenbestimmungen verwenden zu können. Wenn es ein einziges Mal Stillstand, ja selbst wenn es nicht zur,regelmässigen Stunde aufgezogen wurde, so war alle diese Mühe verloren. Neben weniger unentbehrlichen Dingen wurden dann noch die Schlüssel zu sämmtlichen Instrumentenkasten vermisst. Ein unbeschreibliches Gefühl ohnmächtiger Wuth war die erste Wirkung dieser Entdeckung. Das Unglück wollte, dass sich unter den verloren gegangenen Koffern gerade der befand, in dem die Reserve-Uhrschlüssel untergebracht waren, und ich musste das Chronometer ablaufen sehen, mit derselben verzweifelten Empfindung, wie man wol einen Menschen vor seinen Augen ertrinken sieht, ohne ihm Hülfe bringen zu können. Der ganze Tag gieng hin mit der Untersuchung des Gepäcks und dem Versuch Abhülfe zu schaffen. Es ergab sich, dass der durch das See Wasser verursachte Schaden zum grösseren Theil reparirt werden konnte. Wäsche, Kleider und alle Gegenstände, welche Feuchtigkeit vertrugen, mussten in Süsswasser gelegt und dann getrocknet, ein Theil des Tabaks und Thees aber weggeworfen werden; ganz verloren waren ein Blechkoffer und eine Kiste mit Patronen. Die mitgekommenen Patronen waren zum Theil durchnässt und wurden in die Sonne gelegt. Desgleichen waren Bücher, Schreibmappe und Papier nur noch zum Theil brauchbar. Nach erfolgter Constatirung des Verlustes wurde sogleich eine Ersatzliste aufgesetzt, die . mit einem Expressen nach Tschintschotscho gieng. Herr Soyaux unterzog sich der Ausführung mit grösser Treue und grossem Geschick. Nun erst konnte die viel wichtigere Angelegenheit, Träger zu engagiren, in Angriff genommen werden. Loango war hierfür an sich der relativ geeignetste Platz, weil es namentlich Loangoleute sind, welche Handelsreisen in’s Innere unternehmen. Ausserdem fand sich derselbe Makossu, der mir bereits am Kuilu Träger besorgt hatte, zur Stelle, und von seiner Vermittelung durfte ich mir Erfolg versprechen. Es wurde ein Anfang mit dem Engagement von zwölf Trägern gemacht, die sofort eine sogenannte Mukanda auf monatlich vier Stücke Zeug erhielten. Mit Mukanda bezeichnen die Bafiote alles Geschriebene und Gedruckte, in Sonderheit Briefe und jene Zettel, die man ihnen bei Miethsverträgen, unter Angabe der vereinbarten Zahlung, übergiebt. Eine Mukanda der letzteren Art wird stets honorirt, weshalb die Eingeborenen, wenn sie Grund haben, ihren Besitz zu verbergen, häufig einen solchen Schein der augenblicklichen Auszahlung vorziehen. Makossu erhielt den Auftrag, so viele brauchbare Leute, wie sich finden Hessen, mit dem unter Lindners Obhut zurückgelassenen Gepäck nach der Factorei am Kuilu nachzusenden. Bereits am vierundzwanzigsten Juni eilte ich dorthin voraus, so- wol um die an beiden Ufern des Kuilu wohnenden Prinzen zur Stellung von Leuten zu bewegen, als auch vor Allem, um einen Dolmetscher zu engagiren. Auf diesen Mann kam begreiflicher Weise viel an. Von seiner Aufrichtigkeit, mir zu dienen, von seiner Geschicklichkeit, die Palaver mit den kleinen Territorialherren zu führen, von seiner Autorität bei den mich begleitenden Negern hieng das Gelingen des Unternehmens ganz wesentlich ab. Bei nicht wenigen Reisenden, die glücklich in Africa waren, lässt sich als wesentliches Moment des Erfolges die Mitwirkung einer zweiten Persönlichkeit nach weisen, die in africanischen Verhältnissen gross geworden, dem Reisenden seine Thätigkeit ermöglichte. Eines der glänzendsten Beispiele dieser Art hat Dr. Schweinfurth, mit seinem Mohammed Abd-es-Ssammat geliefert, und es ist gewiss noch in Aller Erinnerung, mit wie dankbarer Wärme der berühmte Reisende den Antheil des nubischen Händlers an seinen glänzenden Erfolgen hervorgehoben hat. Aber die Abd-es- Ssammat sind selten und am allerwenigsten werden sie an der Loango- küste gefunden. Hier, wo der Unternehmungsgeist fehlt, wo das behagliche Leben an der Küste noch grössere Reize bietet als die Aussicht auf reichen,, aber mit Gefahren erkämpften Lohn, muss man zufrieden sein, wenn sich überhaupt ein angesehener Neger herbeilässt, die Rolje des Dolmetschers zu übernehmen; von einer Auswahl aber
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