148 Neue Reisezurüstungen in Tschintschotscho. längte. Für den Reisenden war es nicht eben erfreulich, dass -gerade Diejenigen, deren eigene Lebensbehaglichkeit niemals unterbrochen worden war, sich am ungeduldigsten zeigten und nicht begreifen konnten, weshalb der keimende Samen nicht schon Früchte trug. Es ist im vorigen Capitel auseinandergesetzt worden, dass die Eingeborenen der Loangoküste ungeeignet zum Trägerdienst sind. Indessen hatte ich zur Zeit noch nicht alle Erfahrungen gemacht, auf welche die ausgesprochenen Ansichten sich gründen; vielmehr sollten die nun kommenden Monate dazu dienen. Die kühlere Jahreszeit, die wegen ihrer Regenlosigkeit besonders zum Reisen geeignet ist, hatte eben begonnen und durfte nicht unbenutzt verstreichen. Ich wusste, dass die Chancen des Misserfolges grösser waren als die des Gelingens, aber kein Misserfolg konnte so schädliche Wirkungen hinterlassen wie ein völliges Stilliegen. Also entschied ich mich für eine neue Reise und traf die Vorbereitungen dazu sofort nach der Ankunft in Tschintschotscho. Im Anschluss an den Vorstoss des Jahres 1873 beabsichtigte ich, den Kuilufluss von Neuem zum Ausgangspunct meiner Forschung zu machen, so viel Träger, wie sich bereit finden Hessen, bis Yangela zu engagiren und möglichst viele Tauschartikel mitzunehmen. Viel erreichen liess sich nur, wenn man auch viel riskirte, und mein Risico bestand darin, dass ich nicht wissen konnte, was an der Grenze des den Trägern unbekannten Gebietes aus diesen werden würde. Der. zuverlässigste Neger, der mir wenigstens einige Anhaltspuncte geben konnte, der vornehme Mani Mampaku, versicherte, dass vierzehn bis zwanzig Tagereisen entfernt, in nordöstlicher oder ostnordöstficher Richtung eine Landschaft Yelika angetroffen würde, deren Herrscher Makaya Tschongo in früheren Jahren directe Handelsverbindungen mit der Küste unterhalten habe, und dass sein Name noch jetzt den Bavili der Küste bekannt sei. Deshalb hoffte ich, die Träger bis nach Yelika hin miethen zu können. Einmal dort, beabsichtigte ich, eine Art Standquartier zu errichten, den mitzunehmenden weissen Begleiter zurückzulassen und mit Leuten des Makaya Tschongo weiter vorzugehen. Meine Abwesenheit war auf vier bis fünf Monate berechnet, die Ausrüstung aber sollte wo möglich (das hieng von der Anzahl der zu erhaltenden Träger ab) einer noch längeren Zeitdauer genügen; denn ich war im Stillen entschlossen, falls die Verhältnisse sich unverhofft günstig gestalten sollten, nicht mehr an die Küste zurückzukehren und eines der zurückgelassenen Mitglieder der Expedition mit der Zuführung von Waaren und der bis dahin eingetroffenen Benguellaleute zu beauftragen. Unterstützung durch Lindner und Soyaux. 149 Dieser Plan war gut, und hätte die Ausführung es im gleichen Masse sein können, so würde ich mit geringerer Befangenheit an die Schilderung derselben herantreten. Eine über fünf Monate ausgedehnte Leidensgeschichte ist ebenso wenig angenehm zu lesen wie zu schreiben. Wenn ich mich theilweise dazu verstehe, so geschieht es in dem Wunsche, falsche Ansichten zu berichtigen und leichtfertige Urtheile hinfällig zu machen. Ein gut gewähltes Beispiel erhellt das Wesen einer Sache zuweilen mit einem Schlage. Dieses Capitel ist Nichts als ein Beispiel, weil es den Schwerpunct der Darstellung in das Detail legt und es dem Leser überlässt, sich hieraus ein richtiges Bild von der Natur der vorhandenen Hindernisse zu entwerfen. Während meiner mehrmonatlichen Abwesenheit von Tschintschotscho war Dr. Falkenstein in seinen zoologischen Sammlungen und photographischen Aufnahmen mit unbestrittenem Erfolge thätig gewesen, die Station hatte unter ihm wesentliche und nothwendige Erweiterungen erfahren, und er schickte sich nun an, eine Reise nach Boma am Congo anzutreten. Auch der Botaniker' Soyaux und der Büchsenmacher Lindner zeigten sich ganz in die neuen Verhältnisse eingelebt, aber leider hatte sich gerade dasjenige Mitglied der Expedition, dessen ich jetzt am meisten bedurfte, durch sein Verhalten unmöglich gemacht. Die Mittheilungen, die mir als dem Führer der Expedition officiell von den übrigen Mitgliedern zugiengen, zwangen mich zur Untersuchung, die Untersuchung zur Entlassung v. Hattorfs. So wurde ich, zu meiner grossen Enttäuschung, im Moment des Aufbruchs eines bis dahin für absolut zuverlässig gehaltenen Gefährten beraubt und musste auf Ersatz denken. Der junge Lindner sollte nun mein Begleiter werden. Ihn verwandte ich daher in erster Linie bei der Auswahl und Sichtung der in der Station aufgestapelten Vorräthe, aber auch der Botaniker Soyaux leistete mir hierbei und namentlich beim Einpacken und bei der Aufstellung der Verzeichnisse, sehr dankenswerthe Dienste. Mein eigener Zustand erschwerte mir die umfangreiche Arbeit des Zusammenstellens der Ausrüstung in sehr hinderlicher Weise. Ich hatte nicht ungestraft zehn Monate lang ein Leben der Anstrengung und inneren Aufregung in Africa geführt; die häufig wiederholten Fieberanfälle waren nicht spurlos an mir vorübergegangen, und jeder folgende entzog der bis dahin unerschütterten Constitution einen Theil ihrer früheren Spannkraft. Was sonst mit geringer Mühe geleistet werden konnte, erforderte nun einen Aufwand von Energie, zu dem die geleistete Arbeit oft in gar keinem Verhältniss stand. Dazu kam gerade jetzt, wo ich alle Hände voll zu thun hatte, eine neue Reihe von Fiebern und verlangsamte die Vor
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