eben so wichtig, das Material vor zur Feststellung der allgemeinen Bedingungen des Reisens in dem neuen Lande. Hatte jene Erweiterung unserer Kenntniss etwas Erfreuendes, so war diese mehr dazu angethan, Befürchtungen einzuflössen. Jedem Entdeckungsreisenden, in welchem Theile der Erde er sich auch befinden mag, drängen sich bei der Abwägung der Chanc'en seines Unternehmens eine Anzahl Fragen auf, von deren Beantwortung der Ausgang wesentlich abhängt: Giebt es Handelsstrassen? Wie ist das Terrain beschaffen? Welche Transportmittel stehen zur Verfügung und welche sind überhaupt anwendbar? Wird das Verhalten der Eingeborenen freundlich, feindlich, gleichgültig sein? Wie sind die politischen Verhältnisse gestaltet? Welcher Art sind die Zahlungsmittel, die Ernährungs-, die Wasser-, die klimatischen Verhältnisse? In dieser Aufzählung ist die wichtigste Frage an die Spitze gesetzt: Giebt es Handelsstrassen? Wo solche vorhanden sind, beantwortet sich der Rest auf dem Wege ddf Information; alsdann auch ist dem Reisenden die fast sichere Aussicht auf Erfolg eröffnet, d. h. das Zaubermittel in die Hand gelegt, welches ihn über Ungemach, über Krankheit, Hunger, Durst und Abgeschiedensein von Freunden und den geistigen Bewegungen des Culturlebens hinwegsetzt. Wie steht nun der Reisende da, den seine Mission an die Loango- küste geführt hat, und der von hier aus in das Innere Vordringen will? Warum hat er, wie die spätere Entwickelung zeigen wird, nicht vermocht, was anderen Reisenden in anderen Theilen Africas so glänzend gelungen ist? Muss er jetzt schuldbewusst zurückblicken oder kann er beweisen, dass die Ursachen, die ihn zu Fall brachten, mit seiner Person Nichts zu thun haben? In gewissen Handelscomptoiren des Küstengebietes von Loango sieht man nicht selten Karawanen von Negern anlangen, welche Gummi und andere Landesproducte bringen. Die Leute haben so sehr den Buschneger-Typus, erscheinen im Vergleich zu den Loan- gesen (Bafiote) so wild, dass man glauben sollte, sie seien durch monatweite Entfernungen von den Bewohnern der Küste getrennt. Fragt man indess nach ihrer Herkunft, so ziehen sich die Entfernungen um so mehr zusammen, je eingehender die Erkundigungen werden, und schliesslich bleibt Nichts übrig als eine acht- bis zehntägige Reise. Nun erweitert der Zwischenhandel dieses schmale Gebiet der H andelsbewegung allerdings hier und da um eine Staffel, aber alsdann ist auch die Grenze erreicht, welche Furcht und Aberglaube gegen das Innere des Continents gezogen haben. Es fehlt zwar nicht an einigen Schwarzen, sogenannten Handelslingstern, die mit dem ihrer Race eigenen Hang zum Renommiren von grossen, im Innern des Landes ausgeführten Reisen sprechen; diese Reisen bleiben indessen auf den seltenen Besuch einiger jenseit des Gebirges liegenden Ortschaften beschränkt, wo während eines Aufenthaltes von oft vielen Monaten so viel Handelsproducte eingetauscht werden, wie eine kleine Karawane fortschleppen kann. Das, was fehlt, ist ein grösser, allgemein bekannter und anerkannter Markt landeinwärts, ein Handels-Emporium, in dem sich die Wege von den Küstenländern aus strahlenförmig vereinigen, um von dort aus wiederum divergirend in das Innere sich zu verbreiten. Die politische Anarchie erklärt diese Thatsache, so befremdend sie an und für sich ist; befremdend deshalb, weil das Land Ueber- fluss besitzt an natürlichen Hülfsquellen, und weil der europäische Handel nur zu bereit wäre, einen lebhaften Verkehr zwischen der Küste und dem Binnenlande herzustellen. Die Eifersüchteleien eines kleinlichen Zwischenhandels haben überall hemmende Barrieren aufgerichtet, wodurch ein Hin- und Herfluten des Verkehrs, ein wol- thätiger Contact der verschiedenen Völkerstämme zur Unmöglichkeit geworden ist. Der Ruf von einem grossen Reich, von einem mäch- tigen Herrscher hat nirgendswo die Loangoküste erreicht; und der Reisende ist nicht im Stande, den Eingeborenen sein Ziel fassbar hinzustellen. Das Unternehmen erscheint diesen daher unheimlich; weil aber andererseits die Natur der Transportmittel ausschliesslich auf ihre Hülfe an weist, so entsteht ein neues Dilemma. Es zeigt sich nämlich, dass der Mensch, der Neger das einzige zur Verfügung stehende Transportmittel ist; auf seinem Kopfe und seinen Schultern muss der Reisende alle Gegenstände fortschleppen lassen, die ihm mitzunehmen nöthig sind. Das Land selbst bringt keine Lastthiere hervor; es giebt weder Kamel noch Rind, weder Esel noch Pferd. Ihrer Einführung von ausserhalb widersetzen sich sowol klimatische Verhältnisse wie die Beschaffenheit des Terrains. Was den ersteren Punct betrifft, so sei nur erwähnt, dass der auf der Station Tschintschotscho gemachte Versuch, eine kleine Herde Rindvieh aus einem nur vier Breitengrade südlicher gelegenen Küsten- theile zu acclimatisiren, kläglich gescheitert ist; ähnliche Erfahrungen sind an anderen Puncten der Küste gemacht worden. Dagegen könnte das Factum angeführt werden, dass die „Affikaansche Handels-Vereeniging“ eine Herde Rindvieh in der Nähe von Muanda unterhält. Hier also finden die Thiere das Futter, bei dem sie auf freier Weide existiren können. Aber diese Bedingungen hören auf, wo es sich um eine Reise handelt, und die Thiere einerseits stark an
27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above