dass ich die Zahl der Beobachtungen verdoppeln musste, um brauchbare Resultate zu erhalten. Timaluis war der nördlichste auf der Reise erreichte Punct; er liegt unter 30 51' s. Br. Von hier aus verweigerten die Träger den weiteren Vormarsch in das Innere, indem sie darauf hin wiesen, dass sie dem abgeschlossenen Vertrage gemäss zur Rückkehr berechtigt seien. Der bis dahin zurückgelegte Weg stellte sich, von secundä- ren Windungen abgesehen, als eine scharf gebrochene Linie dar, die von Kakamueka in nordöstlicher Richtung lief und bei dem Dorfe. Ntondo (auf dem Wege von Tschikenyesse nach Lubinda) in die westnordwestliche Richtung umsetzte; bei Timaluis trat eine neue Richtungsänderung nach Südsüdwest ein, so dass der Gesammtweg die Form eines Dreiecks und zwar eines gleichschenkligen Dreiecks annimmt, dessen Basis durch den Kuilu bei Nguela halbirt wird, und dessen Spitze Kakamueka bildet. Der Rückmarsch wiederholte alle Beschwerden des Hinmarsches, vergrösserte sie noch durch häufiger fallende Regen und die dadurch bedingte Schlüpfrigkeit der Pfade. Eine Beschreibung scheint mir überflüssig. Die täglichen Märsche waren sehr gross, und ich wäre der Anstrengung nicht gewachsen gewesen, hätte nicht die von Jugend auf gepflegte Uebung des Bergsteigens mir zu Gebote' gestanden. Selbstverständlich mussten eben dieselben vom Kuilu durchbrochenen Bergketten überschritten werden, über die der Hinweg geführt hatte. Schon nach dem .ersten Marschtage nahm uns der Wald wieder auf; er flösste mir trotz seiner grossartigen Schönheit eine Art Widerwillen ein, und ich betrat ihn wie der Gefangene, der aus dem Freien wieder in sein Gefängniss zurückgeführt wird. Die wenigen, elenden Negerdörfer auf diesem Gebiete waren von Balumbu, einem den Bayombe nahe verwandten Stamme, bewohnt. Ich sah nur wenige Eingeborene und hatte nicht mehr nöthig, mich in lange Palaver einzulassen. Denn es ist ein grösser Unterschied, ob man zur Küste hingeht oder von der Küste kommt; und wenn hier ein Vergleich passt, so ist es der mit der Aehre, über welche die Hand in der einen Richtung sanft, in der ändern aber höchst unsanft hinstreift. Kain- dschimbe (195 Meter), Kalabubote (300 Meter), Dirmamba (150 Meter) sind die Namen der drei Dörfer; in denen ich das Lager aufschlug. In dem letztgenannten Orte hatte ich schon einmal campirt und wurde von dem bereits zutraulich gewordenen Balumbu-Häuptling als alter Bekannter aufgenommen. Am neunzehnten November erreichte ich den Kuilu von Neuem und setzte zum Tschimbek des Makossu über, angestaunt von allen Bewohnern der kleinen Niederlassung. Das wichtigste Geschäft für mich war hier, die Aneroide auf ihre etwaigen Sprünge während der Reise zu prüfen, und ich constatirte mit grösser Befriedigung, dass sie sich gut gehalten hatten, dass also eine Berechnung der Höhen auf Grund der gemachten Ablesungen zuverlässige Resultate ergeben würde. Von nicht minderer Bedeutung war es, eine gute Zeitbestimmung zu erhalten, damit aus dieser und aus der, vor der Reise am gleichen Orte gemachten, der sogenannte tägliche Gang der Uhr abgeleitet werden konnte. Ohne die Kenntniss dieses Ganges wären alle auf der Reise vorgenommenen Längenbestimmungen, die lediglich auf Zeitübertragungen beruhten, hinfällig geworden. Ich betrachtete also den bewölkten Himmel mit unablässiger Aufmerksamkeit und war endlich so glücklich, eine günstige Viertelstunde zu erhaschen, in der sich die Sonnenscheibe hinter Wolken zeigte, so dass die Beobachtung ohne Blendgläser angestellt werden musste. Das Resultat war überraschend gut: es ergab sich, dass der Gang der zeitübertragenden Uhr während der Reise denselben Werth beibehalten hatte wie vor derselben, und da auch die übrigen Beobachtungen eine sehr schöne Uebereinstimmung zeigten, so stand die Brauchbarkeit der Ortsbestimmungen ausser Frage. Die hierauf bezüglichen Arbeiten nahm ich in der Factorei Mayombe.vor, wohin ich mich im Canoe begab. Hier fand ich einen Tisch und diesem dankte ich es vor Allem, dass die Berechnung der astronomischen Beobachtungen schnell von Statten gieng; denn es ist doppelt zeitraubend und anstrengend, fehlerlos zu rechnen und die Logarithmentafeln und das nautische Jahrbuch zu gebrauchen, wenn man keine andere Unterlage als ein kleines Brett auf den Knieen hat. Dem Shr. Reis meldete ich sogleich meine glückliche Rückkehr. Er kam nach einigen Tagen selbst, mich abzuholen, und wir fuhren gemeinsam den Fluss hinab, von dem ich jetzt eine neue Aufnahme machte. Denn im Allgemeinen werden Flusscroquis, die bei einer Thalfahrt aufgenommen sind, zuverlässiger sein, als die von einer Bergfahrt herrührenden, weil die Unterschiede, denen die Geschwindigkeit des Fahrzeugs in Folge der Strömung unterworfen ist, durch die Ruderer besser ausgeglichen und von dem Reisenden besser abgeschätzt werden können. Am Abend des dreiundzwanzigsten November landeten wir an der Insel des Shr. Reis. Für meine damalige Gewöhnung, wo ich nie aus den Kleidern herausgekommen, eine Papyrusmatte mein Bett, ein Koffer mein Esstisch gewesen war, hätte mir die Factorei des Gastfreundes wie ein Palast, wie die letzte Stufe irdischer Glückseligkeit erscheinen müssen. Doch war die Wirkung eine ganz andere.
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