Verdacht der Zauberei. Ein Tanzfest. Silber in eine flache, auf den Erdboden gestellte Schale giesst, um dadurch einen ebenen Spiegel herzustellen. In diesem betrachtet man nun das zu beobachtende Gestirn. Weil das Auge aber hierfür in einer bestimmten Entfernung und Richtung vom Quecksilberspiegel sein muss, so pflegt ein Hin- und Herneigen des Kopfes und auch des Körpers erforderlich zu sein, damit die richtige Stellung gefunden werde. Genau dasselbe aber thut der Fetischdoctor, der bei Mondschein seine Künste treibt. Er legt nämlich einen kleinen Spiegel auf die Erde und betrachtet darin den Mond, indem er Haupt und Körper geheimnissvoll bewegt und hin und heu dreht. In einem neben dem Spiegel aufgestellten Gefäss finden sich flüssige Zaubermittel, die der Nganga in eine andere Schüssel mittelst einer aus einem Blatte geformten Düte umgiesst. Der Schüssel entsprach nun vollständig die Flasche, aus welcher das Quecksilber in die Schale gegossen und in welche es vermittelst einer Papierdüte zurückgefüllt wird. Das Quecksilber selbst war das eigentliche Zaubermittel, Es konnte also den Negern kaum ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie mich mit scheuem Bangen operiren sahen und sich selbst unbewusst zu meinen Zaubereien in Beziehung gesetzt glaubten. Der wichtige Tag, an welchem sich zuerst Weisse gezeigt hatten, war für Nkondo ein Feiertag, dem nächtlicher Tanz nicht fehlen durfte. So wurde denn eine grosse Festlichkeit arrangirt, welche die ganze Nacht bis zur aufgehenden Sonne währte und eine Quelle nie versiechender Lust für alle Betheiligten zu sein schien. Diese Negertänze sind stets Quadrillen, da man Rundtänze gar nicht kennt. Sie unterscheiden sich vor Allem von den bei Europäern .üblichen Vergnügungen dieser Art dadurch, dass die Anwesenheit des weiblichen Geschlechtes durchaus nicht erforderlich scheint, und dass jeder Tanzende seinen Beitrag zur Musik der Trommeln durch lautes, rhythmisches Singen liefert. Auch hierbei ist die bei den Canoefahrten erwähnte Improvisation des Einzelnen, dem der Chor antwortet, beliebt.. Die innige Versenkung des Tänzers in seine Beschäftigung ist sehr charakteristisch: er betreibt sie wie der Gelehrte seine Wissenschaft — um ihrer selbst willen — und nimmt nur so viel Rücksicht auf die nächststehenden Mittänzer als nöthig ist, damit seine eigne Bewegung nicht gestört wird. Der Platz, dessen er bedarf, ist äusserst gering; sein Tanz besteht mehr in einem Treten auf der Stelle und intensiven Körperbewegungen, namentlich Drehungen der Hüfte, als in einem raschen Dahinfliegen über den Boden. Die Musik liefern Trommeln von jener Art, welche die Bafiote „Ndungu“ nennen. Die Ndungu ist eine Langtrommel und besteht aus einem zwei bis fünf Ein mürrischer Fürst. Rückreise. 77 Meter langen, konisch verjüngten Hohlcylinder von etwa fünfundzwanzig Centimetern Durchmesser an dem breiteren, mit Fell überspannten Ende. Diese Trommel wird geschlagen, indem der Spielende sie. wie ein Steckenpferd zwischen den Beinen festklemmt und mit beiden Händen, zuweilen mittelst eines Trommelstockes, auf dem Fell herumarbeitet. Tänzer und Spieler lösten sich unter einander ab; je länger der Tanz dauerte, desto lauter wurde die Freude; die drehenden Bewegungen, das Singen, Improvisiren, Schnapstrinken regten die Phantasie der Betheiligten mehr und mehr auf; auch ältere Neger, vornehme Leute Hessen sich fortreissen, nachdem sie eine Zeit ruhig zugesehen hatten, tanzten inmitten der Uebrigen und wurden zu neuen Improvisationen begeistert; ein Glück für Alle war es, dass der neue Tag der Lust ein Ziel setzte. Wir nahmen am folgenden Tage den Rückweg über das Dorf des Häuptlings von Ndindschi, der für mächtiger gilt als Kokodo, hatten uns vorher anmelden lassen, wurden aber vor dem Dorfe, wie mir schien, in misstrauischer Weise empfangen; ich sah, dass die Freude Amaniamas, uns in Nkondo zu sehen, doch etwas sehr Individuelles war. Der Prinz erschien als ein äusserst stattlicher Mann, der trotz seines uns zu Ehren angelegten grünen Bedientenrockes mit schwarzen Achselschnüren durchaus nichts Lächerliches hatte. Seine ernste, düstere Miene gab ihm etwas Vornehmes, und niemals wieder sah ich den Typus des Grand Seigneur bei Africanern so zur Erscheinung gebracht wie hier. Ueber die Mitte der Stirn lief ein rother Strich, zwei orangegelbe Puncte waren den Schläfen und zwei weisse Puncfe den Ohrläppchen aufgemalt. Eine jener feinen Mützen aus Pflanzenfasern, mit erhabenen Mustern gewebt, in ihrer Form an neapolitanische Fischermützen erinnernd, bedeckte • sein Haupt; im Uebrigen trug er das geschmackvoll geschürzte Lendentuch der Bafiote; die Fussgelenke zierten silberne Beinringe; eine gewirkte Jacke bekleidete den Oberkörper, darüber war der grüne Rock gezogen. In seiner Begleitung befanden sich zwei Neger, auf deren Brust und Armen weisse Striche gezogen waren, eine Malerei, deren sich Fe- tischdoctoren mit Vorliebe bedienen. Wir schieden nach kürzer Unterhaltung und traten die Rückreise über Winga und Bussinde nach Nsiamputu an. Von dort kehrte ich auf dem alten Wege nach Tschintschotscho zurück.— Ich unterbreche hier die chronologische Darstellung meiner Erlebnisse, um dieselbe erst im nächsten Capitel wieder aufzunehmen, und gebe die Beschreibung der beiden Reisen, die zur Aufnahme der Flussläufe des Tschiloango und des Luémme dienten. Diese Flüsse
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