Osobo und Nsiamputu seine Gültigkeit. Die späteren kleinen Reisen, die ich gelegentlich in diesen Gebieten unternahm, lehrten Neues nicht kennen, bestätigten aber die Richtigkeit der ersten Auffassung. Alle zurückgelegten Wege (Tschissambo — Nsiamputu, Nsiamputu — Nkondo, Nkondo— Tschikambo, Tschikambo—Tschissambo) sind genau von mir mittelst Taschencompass, Uhr und Aneroid äufgenommen und durch astronomische Festlegung der Endpuncte controlirt worden. Die Reproduction des Itinerars würde die beste Vorstellung von den unaufhörlichen Schwankungen der Wegrichtung, dem ununterbrochenen Wechsel zwischen Berg und Thal, Wald und Savane geben, würde aber aus eben diesem Grunde ganze Seiten füllen. Die Arbeit, ein Itinerar herzustellen, ist häufig eine äusserst undankbare, muss aber gemacht werden, auch wenn sie durch die Beschaffenheit des Terrains so detaillirt wird, dass die Geographie kein Interesse mehr daran nimmt; denn die Vorstellungen des Reisenden bauen sich aus dem Detail auf, und je mehr er davon besitzt, desto zutreffender wird seine allgemeine Schilderung sein. In der Nähe von Nsiamputu liegen .mehrere Dörfer, die ich besuchte; zunächst das Dorf, von dem die Factorei ihren Namen hat. Dasselbe ist jüngeren Ursprungs, wie denn das Entstehen neuer Dörfer überhaupt nichts Ungewöhnliches ist. Der Anlass dazu wird entweder dadurch gegeben, dass eine Familie mit ihren Sclaven sich von der bisherigen Gemeinschaft loslöst, um als ein selbständiges Ganzes aufzutreten, oder dadurch, dass ein bereits bestehendes Dorf aus irgend einer abergläubischen Befürchtung an eine andre Stelle verlegt wird. Die Bauart der Hütten gestattet es, eine solche Dislocirung innerhalb weniger, selbst eines einzigen Tages auszuführen. Das Dach wird abgenommen, die Papyrus wände von den in der Erde befestigten Pfosten losgebunden, letztere herausgezogen, die zahlreiche Familie bemächtigt sich der Theilstücke, fort geht’s zur neuen Stätte, und rasch ist das alte Heim wieder aufgeschlagen. In diesem Sinne kann man sagen, dass die Negerhütte ein Mittelding ist zwischen dem beweglichen Zelt und dem unverrückbaren Steinhause. Nsiamputu heisst eigentlich „Nsi a Mputu“, d. h. Land Europa, ein Phantasiename, den der Begründer des Dorfes sich ausdachte, um sich ein Relief zu geben. Wol allen Namen der Negerdörfer liegt eine Bedeutung zu Grunde, wenn sie auch nicht immer direct zu ermitteln ist, weil der Name an irgend ein Ereigniss anknüpft. Beispielsweise das früher erwähnte Dorf Nsonyo in der Nähe von Tschintschotscho. „Nsonyo“ I heisst in der Fiotesprache Schande: das Dorf wurde von einer aus Kakongo vertriebenen Familie erbaut, und zur ewigen Schande des Usurpators nannten die Flüchtlinge die neue Heimat „Nsonyo nandi“ d. h. Schande ihm. Pontanegra (Black Point) an der Küste helfest bei den Eingeborenen „Tschikungula“, weil daselbst der Strand gut zum Baden ist, und „kukungula“ baden heisst. So liesse sich eine ganze Reihe von Namen herzählen. In den besuchten Dörfern fehlte es vor Allem nicht an Fetischen, die auf offner Strasse ausgestellt waren. Sie wurden mir als Kriegsfetische (bumba) bezeichnet. Hier war es eine hölzerne Figur zwischen zwei eingepflanzten Bäumchen, mit einem leeren Wasser- gefäss zur Seite, das in Kriegszeiten gefüllt wird, dort eine andre Holzpuppe zwischen zwei eingegrabenen Feuersteingewehren, oder zwischen zwei in den Boden gesenkten Lanzenspitzen. Dann wurde mir ein eingezäunter Strauch gezeigt, der auch Fetisch war, und von dem es hiess, dass, wenn man ein Blatt davon esse, man selbst kugelfest werde und seinen Gegner erschiesse. Eine etwas abseits gelegene Hütte fiel dadurch auf, dass sie von einem hohen Zaun aus Papyrusschaften umgeben war, hinter dem sich ein Baum als Wahrzeichen erhob. Sie ist unter dem Namen Lembehaus bekannt und darf nur von dem Ehepaar betreten werden, das durch den Lembe- fetisch vereinigt ist; alle ändern Neger betrachten es als unverletzlich. Daher wird eine so geweihte Hütte gern zur Aufbewahrung der kostbaren beweglichen Habe benutzt, gerade so wie das Parthenon dem atheniensischen Staatsschatz als Schatzkammer diente. Der Lembefetisch ist eine Art Orden, in den nur vornehme Neger ein- treten können. Die Ritter dieses Ordens tragen einen kupfernen, ciselirten Ring am rechten Handgelenk und geben einer ihrer Frauen einen glatten, in gleicher Weise zu tragenden Ring, durch welchen diese vor den übrigen Frauen dauernd ausgezeichnet bleibt. Den Zugang zu jedem der Dörfer fand ich durch irgend ein auf den Weg gelegtes und daselbst befestigtes Stück Holz, oder durch eine horizontal ausgespannte Schnur symbolisch versperrt; auch diese Dinge gelten als Fetisch und haben den Zweck, alle mit bösen Absichten in das Dorf Eintretenden unschädlich zu machen. Denn die Neger stehen unter der unbestimmten Furcht, dass ein Ndodschi d. h. ein Zauberer ihnen begegnen könne. Einem solchen wird die. Macht zugeschrieben, Böses zu thun, Krankheit, Tod und Hungersnoth zu veranlassen, und nur mit dem Beistand eines noch mächtigeren Fetisches lässt sich sein Zauber bannen. Daher die grosse Bestürzung, wenn ein Unfall sich zugetragen hat; denn dann muss ein Ndodschi vorhanden sein; es wird gemuthmasst, verdächtigt, angeklagt, das Gottesgericht muss entscheiden, und erbarmungslos wird der schuldig
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