Passiren eines Dorfes. machten. Wieder andere Flächen sahen schwärzlich aus und zeigten die Wirkungen einer Feuersbrunst. Wer hätte bei diesem Anblick ahnen können, dass in wenigen Monaten Fülle und Leben herrschen- würde, wo jetzt der winterliche Tod die Kräfte der Vegetation gebannt hielt; dass helles Grün den Baobab schmücken, seine grossen herabhängenden, weissen Blüthen sich graciös im Winde wiegen, dass • die saftigen Gräser üppig aufschiessen, bunte Blumen im Halbdunkel des Buschwaldes erglänzen würden? Vorläufig standen wir noch inmitten des südafricanischen Winters, der sich durch Regenlosigkeit, grosse Feuchtigkeit der Luft, Nebel und kalte Nächte auszeichnet, und was ich zunächst sah, war schwer mit den aus der Heimat herübergenommenen Vorstellungen von tropischer Landschaft zu versöhnen. Noch während der neue und ungewohnte Anblick mich beschäftigte, gaben meine Leute mir durch Zeichen und Worte von Negerportugiesisch zu verstehen, dass ich die Hängematte wieder besteigen möchte. Ich that wie mir geheissen, begierig zu erfahren, was die Schwarzen veranlassen konnte, sich freiwillig der schweren Arbeit des Tipojatragens zu unterziehn. Sie brachten zunächst sämmtlich ihren Lendenschurz in Ordnung, indem sie die zum Gürtel aufgenommenen Enden desselben wieder fallen Hessen, und dann giengen sie unter lautem Rufen von „to to to to sselle!“ in geschlossener Colonne voran, als ob es sich um eine Attake handelte. Es handelte sich indess nur darum, ein Dorf zu passiren, und zwar mit allem Anstand, den die Landessitte vorschreibt. Dazu gehört für die Schwarzen der wol ajustirte Lendenschurz, der lang genug herniederfallen muss, damit den Frauen kein Anstoss gegeben werde. Die Würde des Weissen aber verlangt, dass derselbe nicht zu Fuss, sondern in der Hängematte ausgestreckt das Dorf betrete. Einige Ma- niokculturen, in denen Negerfrauen gerade mit dem Ausgraben der nahrhaften Knollen beschäftigt waren, zeigten die Nähe menschlicher Wohnstätten an, bald auch erschienen zwischen Palmbäumen und Gesträuch versteckt die ersten Hütten des grossen Dorfes Muanda. Die lebhaften Rufe meiner Leute, die nun den Bewohnern ihre Kraft und Geschicklichkeit zu zeigen wünschten, sorgten dafür, dass Jedermann im Dorfe den Durchzug eines weissen Mannes erfuhr. Hübsche Negerkinder, die auf der Strasse spielten,, kamen ohne Furcht herbeigelaufen und begleiteten die Tipoja streckenweise mit übermüthigem Geschrei; hier und da grüsste mich ein Eingeborener, der offenbar zu der vornehmen Classe gehörte, mit Ehrerbietung, indem er ein Knie beugte und den Oberkörper nach vorn neigte; andere, die vor der Hütte sassen, sahen mir ruhig nach, Frauen mit dem Säugling Hütten in Muanda. 43 an der Brust oder denselben rittlings auf der Hüfte haltend, lugten aus etwas gedeckteren Stellungen hervor, aber Niemand belästigte mich oder suchte meine Reise aufzuhalten. Man merkte wol, dass der weisse Mann hier keine ungewohnte Erscheinung war und dass der ziemlich lebhafte Verkehr der Europäer die Strasse längs des Küstensaumes offen erhielt. Das Dorf machte einen behaglichen und anmuthenden Eindruck. Es gehört, wie der weitere Verlauf der Reise mich lehrte, zu den stattlichsten des Litorals. Die Hütten stehen in mässigen Entfernungen von einander, oft zwischen Grün gebettet, und sind nach einem für die ganze Küste geltenden Modell gebaut. Das Charakteristische daran ist der rechtwinklige Grundriss und das Firstdach, das durch die Neigung seiner Flächen ziemlich stark an die Bedachung der „Schweizerhäuser“ erinnert. Das verwandte Baumaterial ist dasselbe, welches ich bereits in Banana gesehen hatte, aber die Sorgfalt, mit der die Wohnstätten hier daraus erbaut sind, giebt denselben ein unerwartet freundliches Ansehn. Eine europäische Beeinflussung ist dabei in keiner Weise vorhanden, und deshalb legte mir der Besuch dieses ersten Loangodorfes die Vermuthung nahe, dass die Loango- neger von der niedrigsten Stufe der Cultur bereits weit entfernt sind. Da ich keinen Dolmetscher besass, und mir selbst die Mittel der Verständigung mit den Eingeborenen noch nicht zu Gebote standen, so überliess ich mich den Trägern stillschweigend. Zu meiner Verwunderung machten sie trotz des mehrstündigen Marsches keinen Halt, sondern trugen mich in munterem Schritte durch das weithin gestreckte Dorf, hinaus über die Savane und dann von Neuem dem Strande zu. Hier war das Fortkommen bereits nicht mehr so leicht, wie am frühen Morgen; denn die Flut war stark gestiegen und beleckte den letzten schmalen Streifen, der noch vom festeren Sandboden übrig gelassen war. Je nach der Laune der Brandung überflutete die Welle häufig auch diesen Pfad, schlug über den Knöcheln der Träger zusammen, und zwang dieselben still zu stehen, bis das mit weissem Schaum bedeckte Wasser sich verlaufen hatte. Der steile Küstenabfall, an dessen Fuss der Weg nach Muanda entlang führte, wich nun einer sanfteren Böschung, die sich abwechselnd mit dürren Gräsern odef Strauchwerk bedeckt zeigte. Wir verliessen nach fast sechsstündigem Marsch den Strand zum zweiten Male und steuerten der dem holländischen Hause gehörigen Factorei Vista zu. Bald erreichten wir das weisse, hinter Orangebäumen versteckte Haus. Die Träger hatten das Nahen der Hängematte bereits mit den hergebrachten Rufen und Wechselgesängen
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