vom untern Ende her lassen sich portugiesische Laute vernehmen. Den Muleks muss man auf portugiesisch sagen, von welcher Schüssel man zu nehmen wünscht. Da alle Speisen gleichzeitig aufgetragen werden, so stellt man sich die Malzeit nach eigener Auswahl mit Hülfe des Muleks zusammen. Anfänglich vermisste ich die bei uns übliche Höflichkeit, sich gegenseitig bei Tisch behülflich zu sein; ich sah schon bei der ersten Malzeit in Banana, dass man sich selbst der geringsten Kleinigkeit wegen nie an seinen Nachbar, sondern stets an seinen Mulek wendet. Dieser Art von Bequemlichkeit, durch den schwarzen Diener verrichten zu lassen, was man ohne Mühe selbst thun könnte, geben sich die Weissen nicht blos .bei Tisch, sondern auch in ihrem sonstigen Leben hin und unterstützen dadurch zu ihrem eignen Schaden jenen Hang zur Trägheit, welcher vielleicht der schlimmste Feind des Lebens in heissen Klimaten ist. Die Sonne steht noch hoch am Himmel, wenn die Glocke den Schwarzen das Zeichen zur Wiederaufnahme der Arbeit giebt. Den Weissen ist eine Siesta gegönnt, aber wol dem, der es über sich gewinnt, nicht zu schlummern; sein Kopf bleibt freier für den Rest des Tages, und die Nachtruhe ist ihm sicher. Die Nachmittagsarbeit währt einige Stunden, und mit dem sinkenden Tagesgestirn kommt der grosse Organismus von Neuem zum Stillstand, Schwarze und Weisse begeben sich zur Malzeit und plaudern nach derselben in ihrer Weise. In diesen Abendstunden fällt auch manches Wort über die Heimat. Ein Jeder denkt an sie, mit dem stillen Wunsche dorthin zurückzukehren, aber Viele wissen nicht, dass sie bereits nicht mehr im Stande sind, den Kampf um’s Dasein daselbst wieder aufzunehmen. Eine klare Nacht gestattet mir, sogleich meine astronomischen Beobachtungen zu beginnen; trotz aller unverhofften Widerwärtigkeiten und Störungen führe ich sie glücklich zu Ende und begebe mich dann auf mein Lager. Eine Art rings umschlossenen Baldachins, die sogenannte Mosquitära, schützt mich vor Mosquitös, und unter ihrem Summen und dem Poltern, Pfeifen und Quieken der Ratten umfängt mich der Schlaf. Ausser der holländischen Niederlassung giebt es in Banana noch einige andere Häuser, ein englisches, ein französisches und zwei portugiesische; sie sind durch die günstige Lage Bananas als Stapelplatz für die am Congo gelegenen Handelsplätze Porto da Lenha und Borna entstanden, haben aber schon mehrfach die Firmen gewechselt, so dass es nicht der Mühe lohnt, sie besonders zu besprechen. Nach der gegebenen Schilderung Bananas mit seinen grossartigen Handelsverhältnissen muss die Bemerkung geradezu frappiren, dass das Land, welches diesen Handel liefert, bis zum Jahre 1873 wissenschaftlich eine Terra incógnita war. Dennoch lässt sich diese befremdende Wahrheit aus der natürlichen Entwickelung der Dinge heraus erklären. In weiteren Kreisen war über das Land, welches sich vom dritten Grade südlicher Breite bis zu dem rechten Ufer des Congo, d. h. bis zum sechsten Grade erstreckt, . Nichts bekannt, als was französische Missionare darüber veröffentlicht hatten. Diese muthigen und glaubensstarken Männer hatten die Loango- küste im vorigen Jahrhundert bereist und ein Bild der damaligen politischen Zustände entworfen. Seitdem blieb Alles stumm, trotz eines sehr schwunghaft betriebenen Handels. Die Kaufleute, so lange sie Sclavenhändler waren, hatten ein natürliches Interesse daran, einen Schleier über den Schauplatz ihrer Missethat zu decken; aber auch der legitime Handel mit Producten, der aus den Trümmern des Sclavenhandels erblühte, und dem die Verhältnisse- der Küste ihr jetziges verändertes Aussehen verdanken, wünschte Nichts lebhafter, als sich das Monopol zu erhalten. Einer europäischen Macht war es nicht gelungen, sich an irgend einem Puncte des Loangolitorals festzusetzen; und wenn auch unsere Karten die heutigen portugiesischen Besitzungen in Westafrica durch einen einfachen Farbestrich bis über Kabinda ausdehnen, so ändert dies Nichts an der Unabhängigkeit des Negerlandes. Bis zum Eintreffen Dr. Bastians und der deutschen Loango-Expedition war das Land nicht von wissenschaftlichen Reisenden betreten worden, die Kauf leute verschwiegen, was ihre einseitigen Interessen sie gelehrt hatten; kein Wunder also, dass die Loangoküste eine Terra incógnita in der vollen Bedeutung des Wortes war. Trotz der Dankbarkeit, welche die empfangene Gastfreundschaft mir auferlegt, glaube ich es doch aussprechen zu dürfen, dass das Erscheinen unserer Expedition nicht mit der Unbefangenheit betrachtet wurde, welche ihrem wissenschaftlichen Charakter gebührte; denn während die Einen in uns die Träger verkappter Handelsinteressen witterten, glaubten die Anderen, dass wir berufen seien, das Terrain für eine deutsche Colonie vorzubereiten. So abgeschmackt uns diese Auffassung erschien, so konnte sie die Expedition doch bedeutend schädigen, weil auch die Eingeborenen, von denen ein Verständ- niss für unsere friedfertigen Absichten selbstverständlich nicht erwartet werden durfte, uns mit ängstlichem Misstrauen betrachteten und jeder Einflüsterung intriguirender Weisser williges Gehör liehen. Der Aufenthalt in Banana lehrte mich zwar vieles Neue kennen,
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