34 Landesproducte und Tauschartikel. dritten und achten Grad südlicher Breite von den Eingeborenen zum Verkauf gebracht werden. Die Hauptrolle, wenigstens räumlich, spielt dabei das Palmöl, das bereits gereinigt in grossen Fässern aufgespeichert daliegt; dann kommen die K§rne der Oelpalmenfrucht, von den Engländern Palmkernels, von den Portugiesen sonderbarerweise Coconotte genannt; sie liefern ein feines, geschätztes Oel, ebenso wie die gleichfalls in grossen Mengen vorhandenen Erdnüsse. Weiterhin sieht man den übelriechenden, zu faustgrossen Bällen geformten Kautschuk, der hauptsächlich aus den nördlichen Districten kommt, während die gewaltigen Stosszähne der Elephanten meist südlich vom Congo die Küste erreichen. Gegen die aufgeführten Producte treten andre wie die Orseilleflechte, der Sesam und der bernsteinartige Copal an Umfang und Bedeutung sehr zurück. Der letztgenannte Artikel könnte wahrscheinlich von Wichtigkeit werden, weil grosse Mengen davon in der Nähe der Küste Vorkommen, indessen setzt sich der Aberglaube der Eingeborenen der Exploitirung des geschätzten Erdharzes entgegen. Wofür werden,alle diese Dinge erworben, da gemünztes Geld unbekannt ist? Die Antwort ergab sich von selbst bei der Fortsetzung meiner Wanderung. Zunächst trat ich. in immense Räume ein, in denen sich Fass an Fass reiht und Fass auf Fass thürmt. Ein jedes ist gefüllt mit jener giftigen Flüssigkeit, die unter dem Namen Negerrum bekannt ist, und ihren Weg bis in die entferntesten Dörfer, bis jenseits des grossen Urwaldes findet. Ein andrer Raum beherbergt würfelförmige, grün angestrichene Kistchen, deren Inhalt in je zwölf Flaschen Genevre (Gin) besteht. Dieses Liquidum, ein Schnaps der niedrigsten Sorte, gilt für etwas weit Feineres als der Rum und bildet ein Lieblingsgetränk vornehmer Neger sowol wie nicht weniger Weisser. Neben Spirituosen bleiben Zeuge das Hauptzahlungsmittel, leichte Manchester-Waare, die in immer neuen Mustern von Europa hinübergeschickt wird. In grossen Kisten — man benutzt sie in Tidesfällen als Särge — liegen Feuersteingewehre, die von Eingeborenen um so dringender begehrt werden, als vollkommenere Schusswaffen überhaupt nicht in den Handel kommen. In anderen Kisten finden sich faschinenartige Messer, die in Europa nach afri- canischen Modellen gearbeitet sind. Messingringe für Arm und Fuss, Stäbe aus demselben Metall oder aus Kupfer, eiserne Tonnenreifen, Vorhängeschlösser, Steingutkrüge, Waschbecken, Glaswaaren, Spiegel, Rasirmesser, Tisch- und Matrosenmesser sind in reichem Masse vorhanden. Neben den leichten Baumwollenstqffen hat man auch etwas schwerere Zeuge eingeführt, ferner gestrickte Jacken, Uniform- und Die Mündung des Congo. 35 Livröeröcke und endlich Kopfbedeckungen aller Art (aber keine Cy- linderhüte). In beschränkteren Quantitäten finden sich diejenigen Dinge, nach welchen man den Neger am lüsternsten glaubt: Glasperlen und falscher Schmuck; nur echte röhrenförmige, rothe Korallen erfreuen sich grösser Schätzung. Ich konnte binnen kurzer Zeit selbst die Beobachtung machen, dass die Eingeborenen recht wol wissen, was für ihr Leben einen reellen Werth hat, was nicht; und dass sie scheinbar unpraktische Einkäufe mit dem realen Hintergedanken vornehmen, sich die Gunst der Frauen zu erwerben. Dagegen lässt ihre Neigung zum Schnaps sie vergessen, dass gerade dieser Artikel in ihren Händen das vergänglichste aller Dinge ist; und dennoch würde es unmöglich sein, ohne Rum oder Gin irgend ein Handelsgeschäft abzuschliessen. Die äusserste Spitze der sandigen Landzunge Bananas liegt unbenutzt da; nur das Pulverhaus ist daselbst errichtet. Durch tiefen Sand wanderte ich dorthin und verschaffte mir einen freien Ausblick. Der Congo beherrscht Alles; seine Ufer sind meilenweit von einander entfernt, eingebettet zwischen ihnen wälzt sich die gewaltige Wassermasse mit Wogenschlag und heftiger Strömung zum Meere, in diesem noch weithin erkennbar an den braunen Fluten,Ev nun ein Fluss ohne Ufer. Die nächste Umgebung Bananas dagegen erscheint wenig be- merkenswerth. Noch fehlen der Landschaft die grossartigen Waldbestände, welche für gewisse Theile Westafricas charakteristisch sind; und wo man Wald sieht, ist es einförmiges Mangrovegebüsch. Am Strande finden sich einige kriechende Gewächse, Strandbohnen und Convolvulusarten, und auf einem der sandigen Höfe des holländischen Etablissements erhebt sich ein kleiner Hain hübsch belaubter Bäume, die aus America eingeführt sind. (Spondias lutea nach Dr. Pechuel- Loesche). Mein Rundgang hatte sein Ende erreicht, als die Mittagsglocke ertönte, welche die gesammte Arbeit auf einige Stunden unterbricht. In einer grossen bedachten und gedielten Halle versammeln sich nach und nach die europäischen Beamten, während die Speisen auf zwei gedeckten Tischen aufgetragen werden. An dem einen Tisch nehmen die Kaufleute, an dem ändern die Handwerker Platz. Der Hauptagent präsidirt; an ihn schliessen sich die übrigen Personen nach der Würde ihrer Stellung, respective die Gäste an, und es würde nicht unbemerkt bleiben, wenn Jemand, der Anspruch auf den Platz zur Rechten des Hauptagenten hat, sich mit dem zur Linken begnügen müsste. Am oberen Ende des Haupttisches herrscht die holländische Sprache vor, oder es wird deutsch, englisch, französisch gesprochen,
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