blössten Stellen setzen. Uebrigens haben wir diese Plage bei Weitem nicht so gross gefunden, als wir sie nach Berichten anderer Reisenden aus anderen Gegenden erwarteten. Der einzige Fall, in dem sie wirklich unangenehm werden, ist der, wenn man sich Nachts auf den Anstand begiebt, von dem man gewiss stets in einem wenig beneidenswerthen Zustande zurückkommt. Deshalb kann man auf diese Art der Jagd von vorn herein verzichten, da die Unruhe, in welche das Insectenheer den Harrenden versetzt, indem er bald hier bald da sich der Blutsauger zu erwehren sucht, doch schon von Weitem das Wild aufmerksam werden und nicht herankommen lässt. Ich erinnere mich nicht, dass je Einer von uns, so oft es auch in der ersten Zeit versucht wurde, ein Stück Wild nach einer so traurig verlebten Nacht heim gebracht hätte, während hingegen manches Unwolsein in der Folge eintrat. Im Uebrigen kann man sich diese Plage vollkommen abhalten, indem man das Mark der Affenbrotbaumfrüchte in irgend einem Geiass langsam im Zimmer verschwelen lässt; der hierbei entstehende Rauch vertreibt sie vollständig und stört die Athmung, wofern seine Entwickelung nicht übertrieben wird, nicht nur nicht, sondern ist durch einen gewissen Wolgeruch angenehm. Wir selbst fühlten uns, nachdem das Räuchersystem eingeführt war, recht wol dabei und fanden in den übrigen Europäern, welche bis dahin mit gewohnter Indolenz Alles hatten über sich ergehen lassen, so viel Nachahmer, dass bald nicht mehr Früchte genug aufgetrieben werden konnten, und der Preis von einem Glas Rum für die Mandel auf eine halbe Flasche stieg. Alle anderen Mittel erweisen sich völlig wirkungslos. Vergebens hatten wir vorher versucht, unseren Zweck, wie in der Heimat, durch Tabacksrauch zu erreichen, oder durch verbrannten Schwamm und Abbrennen kleiner Quantitäten Pulver die Störenfriede zu verscheuchen. Ebenso vergebens hatten wir Hände und Gesicht mit verdünnter CarbollÖsung gewaschen, oder andere stark riechepde Substanzen in unsere Nähe gestellt. Meist waren wir gezwungen worden, frühzeitig unsere Unterhaltungen Abends zu beenden und uns hinter die Mosquitonetze zurückzuziehen. Hierunter darf man sich übrigens, durch das Wort irre geleitet, durchaus nicht ein feinmaschiges Gewebe vorstellen, denn auch die allerfeinsten Maschen würden den unseren Mücken und Gnitzen gleichenden und diese dort vertretenden Insecten den Durchgang gestatten, sondern der dazu verwendete Stoff besteht einfach aus Mull oder irgend einem losen dünnen baumwollenen Zeuge, das nach Art unserer Himmelbetten oder über einem viereckigen Gestell das Lager dicht umschliesst und bis auf den Boden herabreicht. Ist dasselbe gut zusammengenäht und ohne Löcher, so verbringt man die Nacht völlig ungestört. Auf Touren an der Küste, welche uns die Gastfreundschaft anderer Häuser anzunehmen Gelegenheit gab, war es stets unsere erste Sorge, das angewiesene Lager genau zu prüfen und dem begleitenden Negerjungen die Ausbesserung aller schadhaften Stellen, deren sich immer einige vor fanden, zur strengsten Pflicht zu machen. Wir können daher nach unseren Erfahrungen mit voller Ueberzeugung behaupten, dass die Mosquitos in unserer Gegend uns wenig belästigt haben, und dass von einer wirklichen Plage gar nicht die Rede war, sobald wir die gebotene und stets ausführbare Vorsicht nicht ausser Acht Hessen. Einzelne Orte fanden sich sogar völlig frei davon, denn in St. Paulo de Loanda konnte ich ohne Mosquitonetz schlafen, war sogar dazu gezwungen, da die Vorrichtungen dafür dort gar nicht vorhanden waren. Ebenso fand Dr. Pechuel- Loesche die Factorei zu Longobondo gänzlich frei von diesen Insecten und die Schlafstätten ohne Netzhüllen. Ausser den bisher genannten kommen dann noch eine ganze Reihe schwerer Hautleiden vor, welche sich meist stufenweise aus den leichteren entwickeln, und man darf wol sagen, immer nur durch Selbstvernachlässigung und mangelhafte Körperpflege entstehen. Die dritte und letzte Gruppe der in den Tropen vorherrschenden Krankheiten bilden die Affectionen der Unterleibsorgane. Die Häufigkeit derselben erscheint naturgemäss, wenn wir daran denken, dass der Verdauungscanal qualitativ und quantitativ andere Nährstoffe zu verarbeiten gezwungen wird, als er vorher gewohnt war, und dass häufig durch unmässigen Alkoholgenuss oder scharfe Gewürze und medicamenteuse Stoffe die nothwendige Thätigkeit in un- zweckmässigster Weise beeinträchtigt wird. Abgesehen von Indigestionen und Obstipationen, welche die gewöhnlichen Klagen bilden, ist es vor Allem die Ruhr (Dysenterie), welche als unzertrennlich vom heissen Klima gedacht wird und in allen Lehrbüchern, welche über Tropenkrankheiten handeln, eine Hauptrolle spielt. Nach meinen Erfahrungen erscheint es mir aber sehr fraglich, ob nicht eine grosse Zahl der in diese Rubrik gereihten Fälle als chronische verschleppte Katarrhe hätten aufgefasst werden müssen. An der Küste wenigstens spricht man bei jeder heftigen Erscheinung dieser Art sofort von Dysenterie, während mir in den ganzen drei Jahren eine wirklich als solche imponirende Erkrankung überhaupt nicht vorgekommen ist. Bezüglich der Ursachen dieses immer schweren Leidens befinden wir uns in einer ähnlichen Lage, wie bei den Malariafiebern, d. h. wir wissen wol, dass seine Entstehung an einen bestimmten Stoff gebunden ist, haben uns aber bisher vergebens bemüht, seine Natur zu ergründen. Mit ziemlicher Sicherheit sind wir indessen so weit gekommen, anzunehmen, dass Sumpfmiasmen für seine Entstehung nicht an geschuldigt werden können, denn wenn es auch Gegenden giebt, in denen gleichzeitig oder abwechselnd Sumpffieber und Ruhr endemisch herrschen, so giebt es doch andere, in welchen letztere allein dauernd vorkommt und wiederum andere, wo sie fast unbekannt ist. Man hat die mannigfachsten Ursachen als ihr Entstehen begünstigend aufgeführt, und gewiss muss eine schlechte Beschaffenheit der Nahrungsmittel, namentlich verdorbenes Fleisch oder mit fauligen Stoffen imprägnirtes Wasser mit Recht gefürchtet werden, dagegen sind Früchte und selbst Excesse im Alkoholgenuss hierbei gewiss auszuschliessen. Jedenfalls ist zur Entstehung und Verbreitung der Ruhr ein ihr eigenthümlicher allein zukommender Stoff erforderlich. Ist er vorhanden, so wirkt er überall auch in Europa, namentlich im Gefolge der Armeen verderblich; dass er in den Tropen dann seine verheerenden Eigenschaften in höherem Masse entwickelt, scheint eine durch viele Erfahrungen
27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above