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Häute und Bälge gesorgt hatten. Wir befanden uns in unserem „Hotel zum nassen Hippopotamus“, wie wir die Hütte scherzweise getauft hatten, so wol, dass wir ungern an das Ende unseres Aufenthalts ■ dachten. Namentlich hatten wir uns körperlich recht ge- kräftigt, denn wir schliefen im Kreise unserer Getreuen so sicher und ruhig wie in Europa und sahen uns höchstens durch unsere Ziegen gestört, welche, Nkambisi voran, im Dunkel der Nacht hereindrangen, um sich einige Maniokwurzeln zuzueignen, und sich dabei in die Mosquito-Netze verwickelten. Eine Aufgabe blieb uns noch zu lösen übrig, nämlich zu erforschen, wohin dieser Nanga genannte Wasserlauf führte, wie das Terrain oberhalb unseres Jagdgebietes beschaffen sei; zu diesem Zweck beluden wir am 15. August beide Canoes mit Lebensmitteln auf drei Tage, Hessen einige Leute zur Bewachung der Hütte zurück, indem wir ihnen einschärften, namentlich Nachts abwechselnd munter zu bleiben, sowie die Feuer unter den Trockenrosten zu unterhalten, und schifften uns dann mit der übrigen Mannschaft ein. Es war zwölf Uhr geworden, ehe Alles geordnet war, doch litten wir nicht von der Hitze, da sich der nunmehr gewöhnlich graue Himmel über uns wölbte. Die Uferlandschaft blieb sich auf beiden Seiten gleich und zeigte durch Massen von Papyrus seinen sumpfigen Charakter. Nur an wenigen Stellen war in einiger Entfernung vom Ufer Hochwald zu sehen, während niedere Hügel von höchstens 100 Fuss Höhe, die gleichfalls bewaldet waren, an anderen auftauchten. Die Breite des Flusses wechselte vielfach je nach der Zahl und Grösse der in sein Bett gelagerten Inseln. Nach zweistündiger Fahrt kamen wir an ein weites Wasserbecken, das ca. vier nautische Meilen lang und zwei solche breit war. Wir kamen überein, diesen prächtig anzuschauenden See zu Ehren unseres Führers „Güssfeldt-See“ zu taufen, und begannen die von einem lebhaften Winde bewegte Fläche mit kräftigen Ruderschlägen zu durchfurchen. Nach anderthalb Stunden erreichten wir das Ende, das sich zwar überall gleichmässig von Sumpfgräsern, in die wir nicht einzudringen vermochten, geschlossen zeigte, aber doch der Vermuthung Raum liess, dass die Mündungen kleiner Wasserläufe dadurch nur verdeckt blieben. Fast hätte uns ein unangenehmes Geschick noch kurz vor dem Ziele unser Fahrt ereilt, denn ein, nach dem Rauschen und der Bewegung des Wassers zu urtheilen, mächtiger Bewohner des Beckens, den wir Beide gleichzeitig für eine der nicht selten vorkommenden Seekühe (Manatus), von den Portugiesen Flussschweine genannt, hielten, schoss aufgeschreckt mit halbem Leibe über dem Wasser dicht vor der Canoespitze vorüber. Erstaunt und fast ängstlich sahen die Leute einander an, um munter und den Zwischenfall nach ihrer Art laut und geschwätzig interpretirend gleich darauf weiter zu rudern. Da sich nirgends die Möglichkeit bot, festes Land zu erreichen, beschlossen wir, wenn auch die Dunkelheit uns dabei überraschen musste, die Rückfahrt sofort anzutreten. Der Gedanke, die Nacht über im Canoe 'zubringen zu sollen, hatte für Niemand etwas Verlockendes, und so brauchten wir die Ruderer, welche vielleicht nebenher auch noch die Flusspferde fürchteten, in keiner Weise zu neuen Anstrengungen anzuspornen. Im Gegentheil trieben sie sich gegenseitig an, indem sie sich im Gesänge ein hellbrennendes Feuer, grosse vertheilte Extrarationen und einen Schluck Rum, den der weisse Mann ihnen sicher nicht vorenthalten würde, ausmalten. Ganz angenehm war die Fahrt durch die seichten Gewässer bei trügerischem Mondlichte und den gleich grossen Schleiern die Aussicht deckenden Nebelschwaden nicht. Unser Canoe gelangte zwar vorwärts und kam, wenn es auch manchmal festfuhr, stets nach wenigen Anstrengungen wieder los, das andere jedoch war bei stärkerem Tiefgange schlechter daran und kam uns einige Zeit ganz aus dem Gesicht. Da hörten wir plötzlich, als der Gesang einen Augenblick verstummte, aus der Ferne ängstliches Wimmern und Jammern herüberschallen, und schickten uns, da auf lautes Rufen keine Antwort ertönte, an, das unserer Meinung nach verunglückte Fahrzeug aufzusuchen. Es war indessen nichts Besonderes passirt, sie hatten nur von einer Schlammbank nicht herunterkommen können, und da hatte abergläubische Furcht einen der mitgenommenen Negerjungen übermannt. Weiterhin dicht aneinanderhaltend erreichten wir spät Abends glücklich das Lager, wo wir Alles in schönster Ordnung und die Wache über unsere unerwartete Ankunft höchlichst erfreut vorfanden. - - - Endlich war der Zeitpunct gekommen, wo wir an den zweiten Theil unserer Reise denken mussten, die uns nunmehr den Kuilu aufwärts in’s Innere, in die romantischen Bergregionen, die eigentliche Heimat des Gorilla bringen sollte. Allerdings hatten wir zuvor die aufgehäuften Schätze der Sammlungen nach der Factorei an der Mündung zurückzuführen, von der wir aufgebrochen waren; doch bedurften wir dazu wenig Zeit, denn der Erfolg, mit dem wir bisher gearbeitet hatten, war ein gewaltiger Hebel, und die Leute waren nunmehr in jeglicher Handreichung und Arbeit geübt und tüchtig. Es hatte sich in der Zwischenzeit immer überzeugender ergeben, dass sie


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