wirklich die Eingeborenen der Gegend an Ruhe, Ausdauer und Furchtlosigkeit bei Weitem übertrafen; sie wussten sich überall zu helfen und waren bei ihrer Genügsamkeit, die nichts Essbares verschmähte, relativ leicht zu erhalten. Die bisherige Reise hatte sie zur Einsicht ihrer früheren Thorheit gebracht; der Zweck, dem sie dienen sollten, war ihnen klar geworden und zugleich mit der Erkennt- niss waren ihre guten Eigenschaften zu Tage getreten, welche bis dahin auch nicht hatten geahnt werden können. Da ausserdem Gerüchte von den erfolgreichen Jagden und dem freudenreichen Waldleben bis nach Tschintschotscho gedrungen waren, so hatte sich auch in der Stimmung der dort Zurückgebliebenen ein völliger Umschwung geltend gemacht, so dass die Meldungen ihre Thätigkeit, Lust zur Arbeit und Anstelligkeit nicht genug zu rühmen wussten. Mit grösser Genugthuung berichteten wir eingehend in diesem Sinne nach Berlin und, da der Kuilu als eigentliche Operationsbasis für die Zukunft betrachtet werden musste, schlugen wir vor, die bisherige Station, welche den Zweck der Vorbereitung für . die Action nunmehr erfüllt hätte, aufzugeben und sie nach Banga auf dem rechten Ufer des Kuilu anderthalb Stunden von seiner Mündung zu verlegen. Dass man eine Station überhaupt schon entbehren könnte, daran war natürlich noch nicht zu denken; denn einmal war die Anlage des ganzen Unternehmens derartig, dass immer auf einen Stütz- punct im Rücken, der zugleich Arbeitscentrum war, bedeutender Werth gelegt werden musste, und dann waren die Leute, wenn nunmehr auch zuverlässiger, doch noch lange nicht durchgehends so weit gefördert, dass man die Brücken hinter sich hätte abbrechen und mit Allen zusammen vorwärts marschiren können. Das Ziel, was vor uns lag, war zuvörderst ein gründliches Durchforschen des Kuilugebietes in die Breite; dazu musste aber die Station nach dem Orte der Wirksamkeit verlegt werden. Alles Uebrige mussten wir der naturgemäs- sen Weiterentwickelung überlassen. War unser Führer aus Europa zurückgekehrt, und die Vermehrung der Transportmittel dort in Erwägung gezogen worden, so trat dann erst der etappenartige Vormarsch in Frage, auf den seit Äeginn der Reise stets ein besonderes Gewicht gelegt worden war. Dem Bericht fügten wir einen Grundriss des anzulegenden Hauses, sowie einen specificirten Kostenanschlag bei und zweifelten keinen Augenblick, dass man an massgebender Stelle daheim in gleicher Weise wie wir über den so unerwartet eingetretenen Umschwung der Verhältnisse erfreut die vorgelegten Pläne ohne Bedenken billigen würde. Erst nun, nachdem so gewissermassen die Zukunft bestellt war, giengen wir frohen Herzens und hoffnungsvoll an den zweiten Theil unserer Reise, der uns in das Stromschnellengebiet des Kuilu führte. Rascher als das erste Mal kamen wir unter kräftigen, gleichmässigen Ruderschlägen ,und zeitweiser Benutzung eines improvisirten Segels vorwärts. An der Einmündungsstelle des Nanga schlugen wir das erste Lager auf und rasteten am zweiten Tage auf einer Insel, die, nach den unzähligen Spuren von Flusspferden zu schliessen, ein Lieblingstummelplatz dieser Thiere war und auch von den Eingeborenen nach ihnen genannt wurde. Weiterhin kamen wir nach Mayombe, passirten den schmalen Felsendurchbruch bei Ngotu und lagerten am fünften Tage in Kakamueka, dem am weitesten vorgeschobenen holländischen Handelsposten, an dem aber kein Weisser lebt, sondern ein Neger als Vertrauensmann in dürftiger Hütte neben dem kleinen Magazine haust. Wie anders war diese Fahrt im Vergleich zu dem vor wenig Wochen gemachten ersten Versuch! Die Strecke, welche wir damals in drei Absätzen zurücklegten, hatten wir diesmal in einem Tage überwunden und doch noch Zeit gehabt, die vorspringende Spitze an der rechten Seite der Nangamündung für unsere Zwecke in fast idealer Weise herzurichten. Leider war dabei der einzige Pfefferstrauch der Gegend unter dem Messer eines übereifrigen Negers zu Grunde gegangen, ein Verlust, den nach uns viele Rast Suchende bedauern mussten; doch war die Aussicht nach jeder Richtung nunmehr eine ungehemmte. Kurz vor einbrechender Dunkelheit genossen wir noch ein herrliches Schauspiel, indem nahe am jenseitigen Ufer im Wasser zwei Flusspferdbullen um die Gunst der Weibchen miteinander kämpften. Das Gegeneinanderstürmen der Riesenleiber, das Auf- und Zuklappen der fürchterlichen Mäuler, wobei die grossen Reisszähne in ihrer ganzen Länge sichtbar wurden, in Verbindung mit dem zornigen Grunzen gewährte einen grossartigen Anblick, dem auch die Neger sich sprachlos mit offenem Munde hingaben. Wir versuchten zwar die Jagd, doch vereitelte leider die untergehende Sonne den Erfolg. Die schönen Flussfahrten während der Weiterreise setzten der College Pechuel und ich nach vorheriger Ueberein- kunft gesondert fort, da unsere auf verschiedenen Gebieten sich bewegenden Beobachtungen zu häufig mit einander collidirten. Musste- er wegen der Flussaufnahme und einer Compassablesung langsamer vorwärts gehen oder gar halten, so drängte es mich wegen einer auffallenden Erscheinung aus der Thierwelt vorwärts; fesselte ihn eine Uferformation auf der rechten Seite, so zog mich eine Pflanzengruppe vielleicht auf der linken an; musste ich eilen, um die Vorbereitungen
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