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Als ich gegen Mittag noch nicht zurückkehrte, war man im Lager unruhig geworden. Mein Gefährte hatte in verschiedenen Richtungen suchen lassen, während er selbst im Canoe die Ufer musterte. Er hatte meine Spur da gefunden, wo ich zweimal an den Fluss herangetreten war, ohne sie indessen auf dem harten Boden weit verfolgen zu können. Es ergab sich nun, dass ich mich ganz richtig orientirt und nur durch die Unmöglichkeit, dem Flusslauf zu folgen, wieder verirrt hatte. Als auch alle Uebrigen unverrichteter Sache heimkehrten, wurde Pechuel ernstlich besorgt, schickte Patrouillen aus, die während des Vorgehens Signalschüsse abgeben mussten, und fuhr selbst nach Mbuku, um das Dorf aufzubieten. Glücklicherweise machte mein Erscheinen die etwas säumigen Helfer von drüben überflüssig. Kurz nachdem meine Ankunft bekannt geworden war, meldete sich Prinzessin Nkambisi mit ihrem Geschenk, einer schwarzweissen Miniaturziege von denkbar kleinster und komischster Gestalt, von der sie ganz ernsthaft behauptete, dass sie tragend sei. Da wir am anderen Tage durch die Jagd begünstigt wurden, konnten wir sie zum Andenken an dies Ereigniss und an die Freigebigkeit der fürstlichen Geberin am Leben erhalten. Nach Tschintschotscho mit übergesiedelt, erfreute uns Nkambisi, so wurde die Ziege benannt, bis zu unserer Abreise durch ihre Munterkeit und die.Hartnäckigkeit, mit der sie an den Gewohnheiten des Lagerlebens festhielt. Sie konnte die Nacht nie mit Ihresgleichen im Stall zubringen, sondern legte sich zu den Negern an’s Feuer, wo sie wiederkäuend von der vergangenen Herrlichkeit träumte. Die Leute schliefen in der auf jenen Tag folgenden Nacht nicht, sondern sangen, jubelten und tanzten, bis der Morgen dämmerte. Ich aber überdachte auf meinem Lager noch einmal die verflossenen Stunden und wiederholte mir schon halb träumend' den festen Entschluss, mich nimmer in Zukunft ohne Compass in den Urwald zu wagen. — Mittlerweile wurde unsere Situation im Walde recht unbehaglich. Fast täglich überraschten uns Regen, und oft auch verursachten Nachts die gleichmässig auf das Zelt prasselnden Ströme dadurch unangenehme Unterbrechungen der Ruhe, dass die Nässe von unten und oben auf uns eindrang und uns die noch übrige Zeit bis zum Morgen in Regenmäntel gehüllt hockend zuzubringen nöthigte. Das ewige Bleigrau des Himmels beeinflusste die Stimmung, die schwere feuchte Luft, die Dünste und vermehrten Modergerüche, welche dem sumpfigen Waldboden entstiegen, zeitigten Fieber, die namentlich mich in mancherlei Anfällen heimsuchten, so dass wir der Frage näher traten, in das von unserem Portugiesen verlassene Haus auf der anderen Seite überzusiedeln. Die früheren Bedenken, dass Misshelligkeiten zwischen unseren Leuten und den Bewohnern Mbukus entstehen, dass wir den Erpressungsversuchen Nkambisis ausgesetzt sein möchten, waren durch die bisher hervorgetretene Zucht und P'olgsamkeit auf der einen Seite und die bescheidene Zurückhaltung auf der anderen zusammengefallen und deshalb reifte ein neuer Guss und ein Blick auf die verderbenden Sammlungen den Entschluss, so dass wir uns nach anderthalbstündiger Arbeit im neuen Heim so wohnlich als möglich eingerichtet wiederfanden. Wir hatten den Wechsel nicht zu bereuen, denn die grössere H am m e l M fu k a u n d Z ie g e N k am b is i. Leichtigkeit des Verkehrs bewog die Dörfler zahlreich heranzukommen, um Maniok, Oelnüsse, Pfeffer, Früchte, Eier und Fische in Menge gegen unsere gedörrten Fleischvorräthe auszutauschen. Wir konnten das vorhandene Magazin zu einer Speisekammer einrichten, wie wir sie besser assortirt und gefüllt in Tschintschotscho nicht aufweisen konnten. Auch Sammelobjecte kamen in Menge, sodäss wir in jeder Weise im Ueberfluss schwelgten und den Contrast gegen die ersten Tage des Mangels auf der anderen Seite höchst angenehm empfanden. Die Regeii störten uns nun wenig, da wir die Zeit zu unseren Excur- sionen nach Belieben auswählen konnten und durch undurchlässige grosse aufgerichtete Schutzdächer für die Conservirung der Skelete,


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