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mit diesen Thieren einzulassen, da sie erfahren haben mögen, dass ihre Feuersteingewehre in solchen Fällen unzureichend sind, wissen dadurch in den Besitz des ausserordentlich geschätzten Fleisches zu gelangen, dass sie auf mehreren der von den Ausstiegen zur Weide führenden Pfade grosse bedeckte Fallgruben herrichten; doch müssen sie meist sehr lange warten, ehe ihnen der Zufall eine Beute zuführt. Bei der Jagd im Wasser bietet das Thier nur einen kleinen Theil des Kopfes von der Nasenspitze oberhalb bis zum Ohr als Ziel für die Büchse, doch reicht dies völlig hin, da jede unter dem Auge einschlagende Kugel wegen der geringen Stärke der dortigen Knochen direct in das Gehirn dringt und stets sofort den Tod herbeiführt. Man muss deshalb warten, bis man die Frontansicht hat, da die Kugel bei einem Schuss von der Seite her meist ohne unmittelbaren Schaden in der reichlichen Kau- oder Nackenmuskellage sitzen bleibt. Traf sie aber glücklich, so überschlug sich das Thier ein paar Male rücklings und verschwand in den Fluten, um etwa nach einer Stunde, durch die im Körper sich entwickelnden Gase gehoben, wieder an der Oberfläche zu erscheinen. Solche Jagden sind ausserordentlich reizvoll und verwischen sich niemals aus dem Gedächtnisse; namentlich aber spottet das Bild jeder Beschreibung, das sich entwickelt, wenn man die Beute am Canoe hinten befestigt langsam zum Lagerplatz transportirt hat: Während die Einen die' 3—4 cm. starke Haut lösen, trennen Andere die Extremitäten in der Tiefe aus den Gelenken; es bilden sich dann einzelne Gruppen, die das Fleisch in lange Streifen schneiden und auf schnell hergerichtete Roste schaffen, unter denen bald lustige Feuer flackern; denn es muss halb gedörrt und halb geräuchert werden, um als hochgeschätzte Delicatesse auf bewahrt werden zu können. Dazu müssen die Feuer Tag und Nacht unterhalten werden; überall im Walde hört man Zweige knacken und brechen, von allen Seiten schleppen Neger tüchtige Lasten herzu. Jeder arbeitet gern, Niemand denkt an Schlaf; denn neben dem offi- ciellen Vorrath für Alle haben sie noch einen besonderen für sich bei Seite geschafft, der auf eigenem Roste dörrt und mehr als jener bewacht wird; durch ihn will sich Jeder Messingringe und Zeuge aus der Umgegend erhandeln, oder die Gunst schöner Dörflerinnen erwerben. Unglücklicherweise setzte die Regenzeit in diesem Jahre in jener Gegend schon im August ein, so dass trotz der energischsten Anstrengungen die Häute verdarben und die Vogelbälge nur mit grösser Mühe, wenn auch in unansehnlicher Form, durch künstliches Trocknen über Feuer erhalten werden konnten. Unter solchen Umständen, wenn bei immer neuen Regenschauern die Sammlungen drei und vier Mal ausgepackt und von Neuem geborgen werden müssen, und es bei gutem Wetter kaum gelingt, einige durch das dichte Laubwerk dringende Sonnenstrahlen für sich zu verwerthen, ist es auch dem technisch geübtesten Sammler kaum möglich, gleichmässig gute Stücke zusammenzubringen; seine Geduld und Ausdauer hat manche harte Probe zu bestehen, bis er endlich in stiller Resignation über sich ergehen lässt, was er nicht ändern kann, und sich begnügt, zu retten, was möglich ist. Nach einem längeren Aufenthalte in diesen Hochwaldungen war es von besonderem Interesse, die bisher besuchten verschiedenen Gebiete bezüglich ihrer Vogelwelt untereinander zu vergleichen: ‘Es konnten dabei drei Zonen mit völlig charakteristischen Arten abgegrenzt werden. Auf der Reise nach Loanda war mir hinter Ambri- T u r a c u s g ig a n te u s . zette eine eigenartige Vogelwelt aufgefallen, die sich von der bei Tschintschotscho ebenso unterschied wie die Flora mit den Candelaber- Euphorbien und der Aloe, die weiten Ebenen mit ihrem Wildreichthum, den zahlreichen Rudeln verschiedenartiger Antilopen von den dortigen Verhältnissen abwichen. Bei Loanda sah ich Pelikane von der grauen, nicht röthlich schimmernden Art, Scharben und Flamingos, in langen Reihen hintereinander marschirend im Brakwasser fischen. Man merkte,, dass die Vögel dort zu Hause waren, denn die in gerader Lime neben einander fliegenden Pelikane kannten die Sandbänke, denen sie zusteuerten, genau, und ebenso waren die Möven, welche in unzählbaren Schwärmen theils ruhten, theils über dem Wasser nach Beute spähend flatterten und auf- und niederstiessen, sicherlich am Orte selbst geboren. Auch der grosse Tölpel (Sula ca- pensis) schien dort zu nisten und nur bei Eintritt der trockenen Jahreszeit dem Regen nachzuziehen. Steinschmätzer und Bachstelzen waren der Gegend gleichfalls eigenthümlich. Ein absolut anderes Bild bot die Küste nördlich von Ambrizette bis zum Kuilu. Tschintschotscho


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