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solche von Laub und Holz befreite Stellen meist einen sonderbar widerlichen Dunst aus, an den man sich schwer gewöhnt, auch sind die in ihrer Ruhe gestörten Insecten, die überall sichtbar werden, namentlich Ameisen und Termiten, durch Abmähen des kurzen Grases zu vertreiben, doch ist dies Alles eher zu ertragen als jene Plage, durch welche die minder achtsamen Neger leicht leistungs- und marschunfähig werden. Wir durchstreiften nun während des Vormittags die Insel nach allen Richtungen, fanden aber, da wir grosses und seltenes Wild suchten und über kleinere mögliche Bereicherungen der Sammlungen fortsahen, absolut Nichts. Nur der Graupapagei sass allenthalben im Gezweig und plapperte und pfiff, indem er sich über das rege Treiben auf der sonst einsamen Insel wunderte. Die wilden Exemplare erreichen übrigens stets eine beträchtlichere Grösse als die zahmen, die meist jung aus den Nestern genommen und aufgezogen werden, wodurch die Entwickelung wol beeinträchtigt wird. Es sind stolze, prächtige Vögel, da auch ihr Gefieder natürlich einen schöneren Glanz und grössere Fülle als in der Gefangenschaft zeigt. Am Nachmittage befuhren wir den Mpile, dessen viel gewundener Lauf durch Uferleisten markirt wird, welche sich in grösserer oder geringerer Entfernung im Moraste verlieren. Die Richtung, die wir im Verfolge nehmen mussten, liess vermuthen, dass die Sumpfstrecken mit den Seitengewässern des bei Massabe mündenden Luemme commu- niciren könnten. In diesen Niederungen lebten nach den Berichten der Neger noch etliche Elephanten, die uns indess ihre Anwesenheit durch Nichts vermuthen liessen, wie uns denn überhaupt die ganze Fahrt den Eindruck gab, dass wir hier eine traurig öde Sumpflandschaft kennen lernten. Als wir wenige Monate später hörten, dass die Holländer an jenem Gewässer eine Factorei angelegt hätten, beneideten wir den zur Führung derselben verurtheilten Weissen gewiss nicht. Die durch Nichts unterbrochene Einförmigkeit unserer Bewegung veranlasste den Jäger Mavungo, sich an einer Stelle bei der Rückfahrt aussetzen zu lassen, um durch das Wurzelgewirr dem Lockrufe einer Waldtaube zu folgen. Mavungo war eine seltene Negererscheinung; er fiel uns auf der Durchreise in Loango bei nächtlicher Pürschjagd auf und wurde uns von seinem Herrn auf ein ■paar Monate abgetreten. Er war durch und durch ein Jäger, den man nie ohne sein Steinschlossgewehr sah, das er wie sein Leben hütete und durchaus nicht gegen eines unserer besseren Hinterlader vertauschen wollte. Früher war er ein freier Mann gewesen, aber seine leidenschaftliche Jagdlust hatte ihn in’s Verderben geführt. Eines Tages war er in der Dämmerung am Waldrande entlang gegangen, um einer Büffelspur zu folgen; da sah er plötzlich vor sich im Busch sich Etwas bewegen, liess sich durch seinen Eifer fortreissen, feuerte und merkte zu spät an dem Jammergeschrei eines getroffenen Negers seinen unseligen Irrthum. Seiner selbst nicht mächtig hatte er, in der Angst verrathen und seiner Freiheit beraubt zu werden, das arme Opfer dann vollends für immer stumm gemacht, doch wurde die That ruchbar und er blieb Sclave der Familie, der er den männlichen Spross entrissen hatte, um ihr Ersatz für die verlorene Arbeitskraft desselben zu leisten. Ich sehe ihn noch, wie er in der Nacht, in welcher wir seine Bekanntschaft machten, bald lautlos durch die dürren Halme schlich, bald ein Bein in der Luft, regungslos nach einer Richtung lauschte und, wie aus Erz gegossen, secundenlang stehen blieb, bald endlich durch leises Klopfen an ein Beutelchen mit Asche die Windrichtung zu erkennen suchte, um uns dem Wilde, dessen Standort er kannte, nahe zu bringen. So wie damals eine prächtige von uns erlegte Antilope seine Mühen lohnte, so lieferte sein unermüdlicher Eifer während der ganzen Reise dauernd Stoff zur Anerkennung, und auch diesmal kehrte er triumphirend, nachdem sein Schuss uns lange erwartungsvoll in das Dickicht hatte spähen lassen, zwar nicht mit der gesuchten Taube aber mit einer feisten weissnasigen Meerkatze, die wir bis dahin noch nicht gesehen hatten, zurück. Dadurch wurde das Ende der Fahrt heiter verkürzt,'denn Mavungo sah sich in rhythmischem Gesänge gefeiert, der die Ruderer kräftiger in’s Wasser zu greifen anspornte und uns bald fröhlich am Lager eintreffen liess. Diese Nacht vergieng in ungestörter Ruhe besser als die verflossene und als am ändern Morgen zeitig die Boten mit dem Salz zurückkehrten, setzten wir unsere Fahrt bis zur Insel Tschibebe fort. Die Strecke war nur klein, doch mussten die Kräfte der eben erst Angekommenen geschont werden.' Ueberhaupt hielt ich es für besser, die Leute nicht zu übermüden, sondern erst allmählich einzuüben und namentlich bei guter Stunde ein neues Lager zu beziehen, bis Jeder die ihm zufallenden Obliegenheiten genug kannte, um ihnen auch bei einbrechender Dunkelheit gerecht werden zu können. So erreichten wir erst am vierten Tage den Nanga, einen rechten Arm des Kuilu, der einen beträchtlichen See mit diesem verbindet und, noch unter dem Einfluss der Flutstauung stehend, während sechs Stunden seinen Lauf zu demselben, in den nächsten sechs aber von demselben weg nimmt. Dieses Wasser war uns wegen seines grossen Reichthums an Flusspferden gerühmt worden, und wir hatten beschlos


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