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Allerdings war diese erste Ruderübung für alle Betheiligten und namentlich für uns eine Qual, die sich vergrösserte, je höher die Sonne stieg, ohne dass wir dem Ziele erheblich näher rückten; aber schon nach wenigen Tagen gieng es besser, und nach einigen Wochen übertrafen unsere fern vom Wasser aufgewachsenen Neger durch ihre Anstelligkeit und Geschicklichkeit die besten eingeborenen Ruderer. Sorgfältig vermieden wir die Mitte des Stromes und zogen geräuschlos, um das etwa vorhandene Wild nicht zu verscheuchen, am Ufer entlang; doch durchspähten wir umsonst das Dickicht der Mangrove: Papageitauben, wenige Schnepfen, Regenpfeifer und Flussschwalben bildeten die einzige Staffage der Landschaft. Nach und nach wurde die Mangrove lichter, hochstämmiger und zeigte sich untermischt mit den stachlichen Schwertblättern von Pandanus und den gelbrothen Fruchttrauben wilder Dattelpalmen, die dann immer häufiger wurden, um ihrerseits wieder dichten Beständen der Weinpalme mit ihren grandiosen, vielverwertheten Blattwedeln Platz zu machen. Auch diese Region Hessen wir allmählich hinter uns und drangen nun in das eigentliche Gebiet des Hochwaldes vor. Je weiter wir kamen, um so reizender und wechselvoller wurde die Scenerie: Hier hatte ein Flusspferd die scheinbar undurchdringliche Mauer des Unterholzes tunnelartig durchbrochen, und noch rannen sparsame, in der Sonne glitzernde Tropfen die Spur herab, auf der das plumpe, unförmliche Thier sich mühsam zu dem festeren Erdreich hinaufgearbeitet hatte; dort zeigte ein schwerer Fall und zusammenschlagendes getrübtes Wasser die Stelle, an der ein gepanzerter Saurier durch den leisen Ruderschlag aus behaglicher Ruhe geschreckt, sein Heil in schleuniger Flucht gesucht hatte. Mit lautem Rufe flogen hellblaue fruchtfressende Helmvögel (Turacus giganteus) davon, um auf den langen Aesten entfernt stehender Bäume ihre geschickten Balancir- übungen fortzusetzen, während blau- oder weissnasige Meerkatzen (Cercopithecus cephus und C. nictitans) unter ängstlich warnendem Geschrei das Weite suchten und durch das Geräusch der unter ihren Sprüngen rauschenden oder brechenden Zweige weithin den genommenen Weg erkennen Hessen. Wir hatten, als uns die Mittagsonne heiss auf die Köpfe brannte, nicht Uebel Lust gehabt, bereits auf der Palmeninsel- Tschintombi, welche vor der Mündung des Flüsschens Ntombi liegt, Halt zu machen, hatten indess der Versuchung widerstanden und uns bis zur Einmündung des Mpile hinaufgearbeitet, wo uns dann die drohende Dunkelheit zwang, auf einem Rastplatz von Fischern am linken Ufer der Insel Tschingombe im Angesichte von Tschissulu das Lager aufzuschlagen. Es war gewiss Niemand unter uns, der nicht herzlich froh gewesen wäre, als er wieder festen Boden unter den Füssen hatte und sich frei bewegen durfte. Nun wurden die Canoes halb auf das Land gezogen, da in der Nacht vorüberziehende Neger die Lust hätte anwandeln können, sie mitgehen zu heissen, wenn sie nur mit Stricken festgekoppelt auf dem Wasser geschaukelt hätten, und dann wurden die Blechkisten mit Utensilien und Vorräthen nebst dem Reisezelte heraufgebracht. Wir glaubten dasselbe diesmal entbehren und den Leuten die nöthige Ruhe gönnen zu sollen und Hessen es demnach nicht aufschlagen, waren auch zu bequem die Mosquitonetze hervorzuholen, indem wir hofften, dass der dichte Rauch der Feuer die lästigen In- secten sicher abhalten würde, und suchten vor AUem das Nöthige zu einem tüchtigen Male für aUe Theile zusammen. Da machten wir die traurige Entdeckung, dass der Sack mit Salz, den ich noch vor der Abreise hatte füllen lassen, in der Factorei zurückgeblieben war. Dadurch blieb nicht nur das Abendessen, das für uns IVeisse zwei bei der Landung vom Baum geholte Tauben bildeten, sehr wenig schmackhaft, sondern es entstand auch die Nothwendigkeit, am ändern Morgen sechs Leute zurückzusenden, um das kostbare Material zu holen. Solche Erfahrungen werden anfängHch, ehe das Wandern eine Hebe Gewohnheit geworden, nie ausbleiben; da aber Zeit keine Rolle spielt, so konnten wir den diesmal damit verbundenen' Aufenthalt um so eher verschmerzen, als die stark erwachte Jagdlust uns drängte, das neue Gebiet kennen zu lernen. Freilich erhoben wir uns am ändern Morgen wenig gestärkt; denn die Mosquitos hatten uns arg zugesetzt, obgleich es an Rauch nicht fehlte, da wir halb träumend, halb wachend, dauernd am Feuer mit langem Stabe schürten und dem Verlöschen durch frische Holzmassen wehrten. Aber nicht nur müde, durchwacht und zerstochen erhoben wir uns: durch ein wolbekanntes peinigendes Jucken an den Füssen wurden wir auch noch belehrt, dass sich Sandflöhe in ziemlich grösser Zahl eingebohrt haben mussten und die von allen Seiten laut werdenden Klagen der Neger bewiesen, dass wir einer verhängnissvollen Einladung nachgekommen waren, als wir uns von der alten Feuerstelle verlocken' Hessen zu landen. In Zukunft versäumten wir es nie wieder, die grösste Sorgfalt auf die genaueste Herrichtung des Nachtlagers zu wenden, und Hessen uns ebenso nicht die Mühe verdriessen, selbst einen unberührten günstig gelegenen Platz vom Unterholze zu reinigen, bevor wir uns häuslich einrichteten. Allerdings hauchen


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