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i8 Cape Coast. Art des Ruderns. Haifische. kehrten also um und hatten das Glück, noch an demselben Tage vor Cape Coast zu ankern. Hier herrschte ungewohntes Leben. Der Krieg der Engländer mit den Aschanti war eben ausgebrochen; auf der Rhede lagen mehrere englische Kriegsschiffe, die ihre Boote sandten, um die Post zu holen. Die Küste erscheint hügelig; das Castell dicht am Wasser giebt ihr einen malerischen Anblick, einige Forts krönen die Höhen; man sieht Savanen mit einigen Buschwäldern, welche die Phantasie sich damals gern mit Tausenden von Aschanti besetzt dachte. Die Eingeborenen — Fanti — die mit ihren Canoes herankamen, beobachten eine eigenthümliche Sitte beim Rudern: während sonst Neger im Allgemeinen ihre Arbeit durch rhythmischen Gesang zu begleiten pflegen, stiessen diese Fanti mit jedem Ruderschlage einen zischenden Laut aus, ähnlich dem zischenden Stöhnen einer in Gang gesetzten Locomotive. Dieselbe Sitte habe ich nur noch in dem nahen Accra beobachtet, lasse aber dahingestellt sein, ob sie sich auch anderwärts findet. Unsere Art des Ruderns, mit eingesetzten Riemen, ist eine den barfüssigen Eingeborenen durchaus unbequeme Manipulation und hat deshalb nur .ausnahmsweise, in Ansiedlungen von Europäern, Eingang gefunden. Dagegen führen die westafricanischen Schwarzen ihre eigenen Ruder freihändig mit grösser Geschicklichkeit; in kleinen schmalen Canoes nehmen sie ihren Platz in der Mitte des Fahrzeugs, knieend, sitzend oder stehend; bei grossen Canoes und' bei Booten setzen sie sich auf den Rand der Fahrzeuge. Die etwa mannshohen Ruder bestehen aus einem Stiel und einem daran befestigten, kleinen Ruderblatt. Mit den verschiedenen Küstenpuncten wechselt die Form der Ruderblätter, die kreisrund, elliptisch, dreizackähnlich, myrtenblatt- oder lanzettförmig sind. Auch die Canoes ändern von zierlichen zu plumpen Fahrzeugen, je nach der Eigenart der Neger, dem zu Gebote stehenden Baumaterial und dem verschiedenen Zwecke der raschen Fortbewegung oder des Löschens und Ladens. Furcht vor Haifischen scheinen die Küstenbewohner nicht zu kennen; dennoch treten diese gefrässigen Thiere, welche trotz aller übertriebenen Geschichten noch immer furchtbar genug bleiben, in hinreichender Anzahl in den westafricanischen Gewässern auf, und nicht selten sieht man vom ankernden Schiffe aus ihre Rückenflossen unheimlich und unbeweglich über demWasser- spiegel aufragen. Bei Cap Palmas sowol wie vor Accra springen die Neger geringfügiger Dinge wegen ohne Zaudern aus ihren Canoes. Von diesen Handelsplätzen pflegen schwarze Juweliere an Bord zu kommen, um die recht hübschen Erzeugnisse aus dem Goldstaub ihrer Küste zum Verkauf anzubieten. Die Accraleute sind auch im Eine weisse Frau. Das Seufzermeer. 19 Uebrigen ihrer Geschicklichkeit wegen geschätzt, und man trifft sie als Küfer und Zimmerleute an weit entfernten Küstenpuncten. In Accra kam ein würtembergischer Missionar mit seiner ganz jungen Frau — einer Deutschen — und ihrem Säugling an Bord, um uns am folgenden Tage in Yella Coffee wieder zu verlassen. Der Anblick der blassen, leidenden Frau flösste mir ein lebhaftes Mitleid ein. Diese armen, jungen Mädchen, die sich freiwillig von Europa hinübersenden lassen, die Gattin eines Missionars zu werden, sind um so mehr zu beklagen, als sie nicht wissen, welches Schicksal ihrer harrt. Mögen auch einige von ihnen den verderblichen Wirkungen des Klimas nicht unterliegen, ein sieches Leben führen sie dennoch, und ihre Mutterfreuden wandelt der Todesengel bald in wehmüthigen Schmerz. Das Geschrei von Hühnern, Enten und Puten brachte mich bald auf fröhlichere Gedanken. Der Landstrich um Yella Coffee herum ist berühmt durch seine Productivität, und die Dampfer pflegen hier ihre Vorräthe an Geflügel, an Hammeln, an Früchten und frischen Gemüsen zu erneuern. Kaum sind die Anker geworfen, so entwickelt sich ein lebhafter Markt auf Deck. Auf der einen Seite der Chiefsteward (der Schaffner der Tischmesse) mit dem Zahlmeister, auf der ändern ein dicht gedrängter Kreis schwarzer Verkäufer, mit vorgestreckten Armen die an den Ständern zusammengebundenen Hühner mit lebhafter Gesticulation hin und her schwingend; ein Schreien und Anpreisen der Waare und schliessliche Bezahlung in Silber. Die Fahrt, die vom Cap Palmas an eine vorwiegend östliche ist und sich in der Nähe des fünften Grades N. Br. hält, geht nun längs der Sclavenküste hin auf den blühenden Handelsplatz Lagos zu. Diese Gewässer wurden einst von zahlreichen Sclavenschiffen durchfurcht, denen die Länder von Dahome, Yoruba und Benin eine nie versie- chende Eracht lieferten. Das Meer hier und der ganze Busen von Guinea müsste das Seufzermeer heissen: was mögen die Unglücklichen daselbst gelitten haben, die den Schmerz der Trennung von der Heimat noch empfindend, hülflos in einer grausamen Gegenwart dastanden, und für welche die Zukunft alle Schrecken der Ungewissheit barg. Lagos liegt auf einer Insel, durch welche das Aestuar des Lagosflusses zu einer Lagune umgestaltet wird. Die Barre ist mit Recht verrufen. Aus weiter Ferne schon erkennt man sie an dem hoch aufspritzenden Gischt des brandenden Wogenschwalls, der alle ankernden Schiffe in gleichmässigem Rollen erhält. Der Verkehr zwischen der Stadt und dem offenen Meere bleibt dadurch häufig unterbrochen; am Tage unserer Ankunft (achter Juli) konnte nur der kleine Post


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