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genug- vor der Nachahmung dieser Unsitte gewarnt werden; man muss der Natur gegenüber stets, auch wo siS1 zu zögern scheint, eine abwartende Stellung einnehmen. Neben den beiden wichtigsten auch dem Laien sich offenbarenden Reactionen der Haut und der Leber auf die Einflüsse des tropischen Klimas, gehen andere einher, die unmerklicher verlaufen: so wird sich zweifellos das Blut bei dem gesteigerten Stoffwechsel in seiner Zusammensetzung ändern, und die blutbereitenden Organe, namentlich die Milz, müssen ihre Thätigkeit den neuen Ansprüchen anpassen. Dass aber das Blut dort nicht genügend decarbonisirt werde und sich durch verminderte SauerstofFaufnahme verschlechtere, ist eine durch Nichts gerechtfertigte Annahme. Selbst wenn ein gleiches Quantum der durch hohe Temperatur ausgedehnten Atmosphäre weniger Sauerstoff enthält als bei niedrigeren Wärmegraden, wird in der Aufnahme an sich Nichts geändert, sondern der Ausgleich durch die Lunge selbst vermittelst tieferer oder schnellerer Inspirationen mit Leichtigkeit bewerkstelligt. Der Beweis dafür liegt einfach darin, dass wir niemals den sonst unbedingt hervortretenden Sauerstoffhunger bemerkten, sondern uns bei den stets ausgiebigen, kräftigen Athemzügen ausserordentlich wol befanden. Auch das Nervensystem wird afficirt, ohne dass wir den wirksamen Factor mit Bestimmtheit anzugeben wüssten: aber gewiss bedingt nicht die Hitze allein die grössere Nervosität. Es ist dies ein dunkles Gebiet, über welches von uns Erklärung nicht erwartet werden kann; vielleicht sind indessen die von den unsrigen verschiedenen elektrischen Verhältnisse der Atmosphäre dabei mit in Betracht zu ziehen. Wir können, gewiss ohne zu irren, annehmen, dass kein Organ von den veränderten Lebensbedingungen unbetroffen bleibt, dass alle ihre Leistungen ändern müssen und mehr oder weniger Zeit zu der dabei nöthigen Umwandlung ihrer Formelemente beanspruchen. Erst wenn sie ihre Einnahmen und Ausgaben den Anforderungen entsprechend geregelt haben, so dass ihre, Thätigkeit ohne Störung von Statten geht, kann man einen Körper acclimatisirt nennen. Wenn vorher die Pflege des Körpers als erstes Erforderniss für seine Erhaltung hingestellt wurde, so darf diese nicht etwa bis zur Vermeidung jedweder Thätigkeit überhaupt gehen; im Gegentheil ist eine geregelte körperliche und geistige Arbeit, sofern sie sich nicht bis zum Uebermass steigert, eine Hauptbedingung für ein ungestörtes Gedeihen. Die Mitglieder der Expedition haben zu einer Zeit, in welcher Neger und Europäer in gleich hohem Grade rund um sie her an Krankheiten litten, den Segen empfunden, den eine gleichmassige Thätigkeit spendet. Sie wurden durch viele Beispiele belehrt, dass Müsse und Faulheit wie überall so namentlich in den Tropen dem Körper unbedingt schädlich sind, besonders wenn man als Ersatz auch noch schwächenden Zeitvertreib sucht und findet. Ebenso wichtig wie die geregelte körperliche und geistige Arbeit ist auch die Befriedigung des durch sie hervorgerufenen Bedürfnisses nach Erholung, der Schlaf; doch muss er wirklich Bedürfniss sein und darf nur des Nachts gesucht werden. Wenn man sich durch eine gewisse Abspannung verleiten lässt, sich nach Mittag niederzulegen, so wird man nie gestärkt, sondern immer missmuthig wie aus einer künstlich hervorgerufenen Narkose erwachen. Der Kopf ist dann wie von einem Schleier umhüllt, die Glieder sind schwer wie von Blei. Je länger man liegt, um so unangenehmer wird der Zustand, und um so grösserer Anstrengung bedarf es, sich zu erheben, indem eine gewisse Blutüberfüllung des Gehirns eine wahre Schlafsucht einleitet, wie die gerötheten, gedunsenen Gesichter zu erkennen geben. Da der Nachmittagsschlaf immer nur als Angewohnheit betrachtet werden kann, und wirkliches Bedürfniss dafür selten vorliegt, so wird man gut thun, gegen jede zu dieser Zeit sich einstellende Mattigkeit anzukämpfen; man wird diese Enthaltsamkeit gewiss nicht zu bereuen haben, sondern durch eine wolthuende Frische undElasti- cität des Organismus dafür entschädigt werden. Was das Lager selbst betrifft, so wird es natürlich bei längerem Aufenthalte an demselben Orte so herzurichten sein, dass die Luft darunter hin streichen kann. Man wird sich also, wo es irgend geht, einer Bettstelle bedienen und dafür sorgen, dass Unterlagen und Decken aus möglichst wenig hitzenden und durchlässigen Stoffen bestehen. Am besten spannt man Gurte in den Rahmen des Bettes und bedeckt sie mit einer dünnen Rosshaarmatratze, während man leichte Decken zum Umhüllen benutzt. Die Lagerstätten auf Stationen können und müssen also so comfortabel als möglich bereitet und vor Allem mit einem gut schliessenden Mosquitonetze umgeben werden. Auf Reisen aber liegt die Sache anders; wie viel kann man da ohne Schaden von dem Comfort entbehren? Es herrscht im Allgemeinen die Ansicht, dass man sich möglichst erhöht vom Boden lagern solle, weil man auf diese Weise weniger Gefahr laufe, schädliche Miasmen einzuathmen; es ist mir unverständlich, wie Miasmen, wo sie einmal da sind, einen oder anderthalb Fuss über dem Boden weniger dicht und schädlich sein sollen als direct auf demselben; die wirkliche Gefahr liegt natürlich in der Berührung mit dem kalten,. feuchten Erdreich. In der richtigen Würdigung dieser Frage, und weil es bei einer be


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