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Dolmetscher, der Wäscher und der älteste Tischmulek, legten sich gleichzeitig ‘ unter typhösen Erscheinungen zu Bett; vom Nachbarhause wurde mir ein Neger gebracht, der sich in der Fieberhitze mit solcher Gewalt den Hals durchschnitten hatte, dass nicht nur die Luftröhre, sondern auch die Speiseröhre weit von einander klaffte. Von den Trägern starben zwei, nachdem andere an Lungen- und Bauchfellentzündung, an Phthisis, Ruhr und anderen Leiden vorausgegangen waren, kurz nach einander am perniciösen Fieber, während ein dritter, obgleich die epileptiformen Anfälle mit fürchterlicher Gewalt aufgetreten waren, schliesslich doch noch genas. Unser Nachbar, ein Mann, der uns anderthalb Jahre in aufopfernder Freuhd- schaft zur Seite gestanden und dessen Güte unvergesslich unserem Gedächtnisse eingeprägt bleiben wird, der Portugiese Moreira, leg'te sich unter perniciösen Fiebererscheinungen und hatte trotz der hingehendsten Pflege in wenigen Tagen ausgelitten. Kaum hatten wir ihn am 5. April zu Grabe geleitet, in tiefer BeWümmerniss auch darüber, dass wir in dieser schweren Zeit seinen Rath und seine Hülfe nunmehr entbehren mussten, als wir am 28. einen durch die Verhältnisse gleich schweren Verlust zu beklagen hatten, indem unser Dolmetscher, ein bedeutender, in hohem Ansehen stehender Würdenträger, «der Muboma von Yenga, seinen Leiden erlag und durch seinen Tod den ganzen Umkreis in masslose Verwirrung und durch die vom Aberglauben geforderten Nachforschungen nach den Urhebern seines Todes in eine ängstliche Spannung versetzte. Schon am Abend des folgenden Tages hatte der Fanatismus seine Wuth an einem Opfer gekühlt; wir beobachteten von dem Klippenabhange aus den Feuerschein des Scheiterhaufens, wo die Gebeine eines durch Nkassa für schuldig erfundenen Negers, unseres ehemaligen Koches, verkohlten. Andere Verurtheilungen folgten, Palaver auf Palaver wurden gehalten, von nah und fern eilten die einflussreichen, sonst nie an der Küste gesehenen Häuptlinge herbei und verfehlten leider nie, uns bei ihrem Kommen und Gehen gleichfalls einen Besuch zu machen. Lange, sehr lange dauerte es, ehe.sich die hin- und herwogende Aufregung der Bevölkerung einigermassen zu beruhigen 'anfing. In Landana verkündete die halbmast gezogene Flagge, dass das Klima wiederum einen Weissen zum Opfer gefordert hatte. Aber das Mass der Widerwärtigkeiten war noch nicht voll; ein tückisches Geschick schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, unsere Geduld auf das Aeusserste zu prüfen. Die Ziegen, welche als Proviant bei dem beabsichtigten Vormarsch in’s Innere dienen sollten, erkrankten eine nach der anderen an einer bösartigen ansteckenden Hautkrankheit, welche sie zum Skelet abmagern liess. So mussten sie denn, um nicht ganz verloren zu gehen, Stück für Stück geschlachtet und unter die Leute vertheilt werden, bis von der ganzen dreissig Stück zählenden Herde keins übrig blieb. Daneben denke man sich eine Zeit der Noth, des allgemeinen Mangels; eine sich recht bemerkbar machende Gährung unter den Eingeborenen, und' man wird zugeben, dass wir uns in einer drückenden, unheilschwangern Lage befanden, dass eine dumpfe Beängstigung unsere Gemüther beherrschen musste, da Keiner wusste, ob er den ändern Tag erleben würde. So stand es in der ersten Hälfte des Jahres 1875. Mensch und Vieh litt an' Krankheit oder starb, Alles arbeitete fast systematisch an der Aufgabe, die geplanten Unternehmungen unausführbar zu machen. Wer in der Heimat hatte von Alledem eine richtige Vorstellung? Wer rechnete dort mit den Verhältnissen? Hatte man ein Verständniss für die Arbeit, welche allein der Umbau der inficirten Ställe-;,die aus hygieinischen Gründen gebotene Erweiterung der Station, die Verlegung sämmtlicher Hütten, mit dem Zwecke durch breite, freie Gänge der Ansammlung von Miasmen vorzubeugen und dem Seewinde Zugang zu schaffen, verursachte? Allerdings wurde dadurch etwas Greifbares, den europäischen Erwartungen Entsprechendes nicht gewonnen, aber es handelte sich darum, festen Fuss auf unendlich schwierigem Boden zu fassen und für ein grossartiges Unternehmen die Wege zu ebnen; vor Allem musste die Station fest und unangreifbar stehen, wenn wir selbst. Vertrauen zu uns und auf unser Werk haben, den Leuten solches einflössen und Respect im Lande gewinnen wollten. Bei der zweifelhaften Haltung der Eingeborenen war es auch geboten, die weitläufige Besitzung durch einen festen Zaun zu umfriedigen und die Magazine durch feste Wände vor bereits mehrfach versuchtem Einbruch zu sichern. Plundgrte von Baumstämmen eines eisenharten Holzes mussten hierzu mit ungenügenden Werkzeugen geschlagen und heran- geschlepp't werden; es ist damals mühevoll gearbeitet und tüchtig geschafft worden, und doch gieng es den africanischen Verhältnissen angemessen nur langsam vorwärts. In der langen Reihe trüber Erfahrungen und trauriger Ereignisse gewährten die Fortschritte, welche auf naturwissenschaftlichem Gebiete gemacht wurden, häufig einen erquickenden Trost und erhellten mit freundlichem Lichte die Schatten, welche die Gemüther zu verdunkeln drohten. Leider fehlte uns nun, wo nach dem grossartigen Regen Alles in unendlicher Fülle sprosste, wo es überall wucherte, blühte, duftete, unser Botaniker. In dem vergangenen,


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