14 Sabbath-Heiligung eines Schwarzen. geräumiges Haus, ein von der englischen Regierung angelegtes Hospital, mit einigen Betten, und ohne Kranke. Hier verbrachten wir die Nacht, und ich schrieb sogleich die Einzelheiten der Katastrophe nieder. Mittlerweile waren die Nothschüsse der „Nigretia“ verstummt, und man sah die „Biafra“, einen anderen Liverpool-Dampfer, sich vorsichtig von Freetown aus nähern. Sie ankerte ganz in der Nähe des gestrandeten Schiffes, aber die Dunkelheit der Nacht verhinderte jede andere Recognoscirung. Wir fühlten uns alle begreiflicherweise sehr erschöpft, und da wir hörten, dass sich in der Nähe des Leuchthauses ein kleines Negerdorf mit einem Spirituosenladen befände, schickten wir dorthin um eine Flasche Branntwein. Aber man gab sie uns nicht; der Neger, der die Schänke hielt, liess uns mit frommem Stolze zurückmelden, dass der „Sabbath“ bereits begonnen habe (der fünfzehnte Juni war ein Sonntag) und nicht durch Schnaps verkauf entweiht werden dürfe. Gegen Morgen kamen die Boote der „Nigretia“; sie brachten theil- weise das in den Cabinen und in dem Salon aufgespeicherte Gepäck der Passagiere. Mit dem letzten Boote kam auch ein Theil meiner Sachen, ja sogar die beiden Quecksilber-Barometer tauchten als allerletzte Stücke aus dem Grunde des Bootes auf und Hessen beim Oeff- nen der Futterale einen Regen von Glassplittern und Quecksilbertropfen herniederfallen. Der Tag, welcher der verhängniss vollen Schiff bruchsnacht folgte, war natürlich ein Tag der Trauer und des tiefsten Kummers. Die erste unwillkürliche Freude über das gerettete Leben war vorüber, und das Bewusstsein des Elends packte uns nun mit schonungsloser Gewalt. Nach den Nachrichten, die über den Zustand der „Nigretia“ gebracht wurden, war nur geringe Hoffnung vorhanden, dass der Expedition die kostbare Ausrüstung erhalten bliebe; denn das Wasser war mit grösser Schnelligkeit in alle Schiffsräume gedrungen, und nur der Fels, auf dem das Wrack festsass, verhinderte dessen völliges Sinken. Es blieb mir eine dreifache Wahl: ich konnte nach Europa zurückkehren, den erlittenen Verlust zu ersetzen, oder aber in Freetown verbleiben und Instructionen von Berlin erwarten, oder endlich mit der nächsten sich bietenden Schiffsgelegenheit nach Süden weiter reisen. Ich entschied mich für die letzte Massnahme. Zwar hätte meine Rückkehr nach Europa den so jählings vom Unglück geschürzten Knoten am raschesten gelöst; aber bei einem von so viel Begeisterung getragenen Unternehmen musste vor Allem darauf gesehen Weiterreise auf dem „Benin“ . 15 werden, dass die begonnene Bewegung weder still stand noch rückläufig wurde. Die „Nigretia“ wurde als Wrack erklärt und mir verblieb nur das in der Cabine zurückgelassene Passagier-Gepäck. In diesem befanden sich zum Glück die nothwendigsten Instrumente und Bücher für astronomische Ortsbestimmungen. Nach vierzehntägigem Aufenthalt schiffte ich mich am achtundzwanzigsten Juni auf dem Dampfer „Benin“ ein, auf welchem späterhin auch alle meine wissenschaftlich gebildeten Gefährten nach Loango reisten. , Rest der „Nigretia“ ein Jahr nach dem Schiffbruch. Die Seereise wird nun zu einer Küstenfahrt, und bis zur Insel Fernando Po behält das sichtbare Land immer denselben monotonen Charakter bei: flach hingezogen, hier und da eine Erhebung mit einigen Palmen, ab und zu das weissgetünchte Dach einer Factorei, nur wenige Puncte, welche eine schnelle und sichere Orientirung gestatten wie Cape Coast und Accra. Es erfordert einen wol mit diesen Gewässern vertrauten Capitain, damit nicht ungebührlich viel Zeit mit Sondiren und dem Aufsuchen der Anlegeplätze verloren gehe. Eines solchen Glückes durften wir uns nicht rühmen. Der Capitain des „Benin“, welcher nach seinem eigenen Geständniss fünfundzwanzig Jahre erster Officier geblieben war, führte auf dieser Fahrt zum ersten Male selbständig ein Schiff. Da wir in das Gebiet der stärksten Regen eingetreten waren, und der Himmel oft mehrere Tage
27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above