Wasseradern ein Gefässnetz bildeten; diesseits hatte unten das bei der Ebbe zurückgetretene Wasser ein weites,.schwarzes Schlammfeld aufgedeckt, aus dem modernde Baumstumpfe hervorragten und verderbliche Dünste in die Höhe stiegen. Im Uebrigen zeigten sich allenthalben der Affenbrotbaum (Adansonia digitata) und der Wollbaum (Eriodendron anfractuosum), welche, verbunden mit den in Gruppen stehenden Oelpalmen, der Gegend den typischen Charakter aufdrückten. Zahlreich fanden sich bald die Bewohner der nahe liegenden Dörfer ein und hatten sich wol zur Feier des Tages mehr,»als ich es in Tschintschotscho zu sehen gewohnt war, mit dem berühmten Cos- meticum Tukula theils das ganze Gesicht roth bemalt, theils auf Stirn und Wangen einzelne runde Fleckchen angebracht. Ein niedliches, fast europäischen Ausdruck zeigendes Mädchen mit fein geschnittenem Munde war sich scheinbar ihrer dadurch noch mehr gehobenen Vorzüge wol bewusst und rauchte aus einer gehöhlten fusslangen Frucht des Affenbrotbaumes das beliebte Liamba oder ■ Hanfblätter, nach jedem Zuge des narkotisch reizenden Dampfes kurz und stoss- weise hustend. Dass der Hanf ein sehr geschätztes Genussmittel ist, sieht man an den mit grösser Sorgfalt neben den Hütten gezogenen und durch Gitterwerk geschützten Pflanzen; doch scheinen sie schlecht fortzukommen, so dass die Unsitte keine grossen Dimensionen annehmen konnte. Von Europäern wurde mir berichtet, dass Neger, die sich dem Narcoticum ergeben, anfangs oft wie von Furien getrieben im Walde umherlaufen, bei übermässigem Gebrauche aber später regelmässig dem ^Stumpfsinne verfallen. Ehe wir am nächsten Morgen zurückkehrten, hatten wir noch das Vergnügen, sich die Mächtigen der Gegend, also die kleinen Dorfherrscher, zu einem Palaver versammeln zu sehen, durch welches sie einen Streit mit den Weissen beilegen wollten. Wie alle derartigen Komödien endigte auch diese damit, dass der Händler,.um seine Gäste los zu werden, eine gewisse Quantität an Zeugen und Rum bezahlte. Dann bestiegen wir den Dampfer, um bald darauf in Bar nana liebenswürdig wie immer empfangen zu werden. Die Fahrt nach St. Antonio am Raphael Creek, der mir damals von den Negern als Fluss Makonde angegeben wurde, ‘unternahm der Hauptagent des holländischen Hauses namentlich, um den dortigen „König“ Antonio zur Verantwortung zu ziehen wegen eines in der Diegosbai unternommenen Angriffs auf eine ihm gehörige Barke, deren Besatzung nach Verwundung mehrerer ihrer Leute sich unter Zurücklassung des Ankers nur mit Mühe hatte retten können; für mich handelte es sich hauptsächlich darum, eine Kirchenruine aus dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts photographisch aufzunehmen, von der viel gesprochen wurde, und die sich auf dem Gebiet des genannten Häuptlings befinden sollte. Nachdem der Dampfer uns über den Congo gesetzt, mussten wir in einem recht schmalen, unbequemen, wenig wasserdichten Canoe den Makonde noch etwa eine Stunde weit in südlicher Richtung befahren, bis wir die Residenz Kischischi erreichten, und noch eine halbe Stunde warten, ehe der unvorbereitete Herrscher sich seiner Würde entsprechend zum Empfange gerüstet hatte; wir fanden ihn dann auf einer Anhöhe vor seiner Hütte auf einem geschweiften Holzsessel sitzend. Die aus Papyrusschäften bestehende Wand der Umfriedigung hinter ihm war mit bunten, dünnen Stoffen behängt, ein an ihr befestigter fleckiger, schadhafter Schirm stellte den Baldachin vor; in der Hand hielt er als Scepter ein schwarzes, hölzernes Cruci- fix mit Messing Verzierungen; den Körper schmückte ein von der Brust bis zu den Knöcheln reichendes Tuch, den Kopf eine rothe Mütze, über welcher ein Strohhut getragen wurde; zu seiner Rechten knieten oder hockten die Männer des Dorfes, links, mehr abseits, eine Anzahl Weiber; vor ihm stand eine mit weissem Zeuge überdeckte Kiste, die uns zum Niedersitzen dienen sollte. Als Einleitung zu den Unterhandlungen wurde ihm ein etwa 6 M. langes Stück Zeug und eine Flasche Genevre überreicht, worauf er mit wichtiger Miene ein mehrfach eingewickeltes Papier hervorzog, das sich als Friedenstractat zwischen der Königin von England und dem „Könige“ Antonio aus dem Jahre 1865 erwies; der Commandant des seit vielen Jahren an der Westküste bekannten englischen Kriegsschiffes „Rattle Snake“ hatte ihn abgeschlossen und darin das Aufhören des Sclavenhandels dem Antonio zur Hauptbedingung gemacht, wogegen ihm der Besitz seines Landes gewährleistet wurde. Die eigentlichen Verhandlungen wegen der Barke wickelten sich schnell ab, da Antonio sich unwissend stellte und Untersuchung versprach, so dass wir mit den bereitwillig gestellten Trägern für die Hängematten und den Apparat ohne weiteres Zögern nach Santa Cruz aufbrechen konnten, wo sich die Ruinen befinden sollten. Trotz der Versicherung, dass sie ganz in der Nähe wären, und die Leute sich im schnellsten Tempo vielfach abwechselten, erreichten wir den Ort erst nach fünf Viertelstunden, als die Sonne schon bedenklich tief für erfolgreiche Aufnahmen stand. Die Ruinen der ehemaligen kleinen Capelle bestanden aus wenigen Lehmwänden und Pfeilern; daneben hieng an einem Galgen die kleine Glocke, welche die Jahreszahl 1700 trug. Doch hatte man für
27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above