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hin „Macaco“ genannt, vier Adler und ein Wasserhuhn (Porphyrio Alleni) zur unbeschreiblichen Freude der Neger erbeutet wurden. Am nächsten Tage setzte ich die Reise durch hohe, schilfartige Cam- pinerigräser, in denen Träger und Lasten unsichtbar wurden, durch niedrig bewachsene Flächen oder dichten . Urwald bis Futila fort, während mich weiterhin der Weg bald am Strande entlang, bald durch mehr landeinwärts liegende Dörfer über Kabinda, Vista, Muanda führte und mich nach den durch die photographischen Aufnahmen bedingten Aufenthalten an diesen Orten endlich den Haupthandelsplatz Banana an der Congomündung erreichen liess. Dieses- Reisen an der Küste hat etwas eigenthümlich Romantisches; wo auch immer das Haus eines Europäers steht, weiss’ man sich eingeladen. Der durch die palmengedeckten Dächer luftiger Küchen dringende Rauch ladet jeden Vorüberziehenden gastlich zur Einkehr; kaum fragt der Wirth nach Namen und Herkunft, sich ganz dem Vergnügen hingebend, das die unverhoffte Unterhaltung ihm bietet. Allerdings ist jetzt die Gastfreundschaft schon etwas misstrauischer als zur Zeit des Sclavenhandels, wo sie wegen der mühelos erworbenen Reichthümer in solcher Weise ausgedehnt war, dass kaum Jemand Gefallen an einem selbst kostbaren Gegenstände äussern durfte, ohne sich sofort in Besitz desselben gesetzt zu sehen. Bei dem wenig lucrativen Handel mit Landesproducten hat die Freude am Schenken freilich bedeutend nachgelassen, und wegen einzelner herumvagabundirender, gänzlich verarmter Händler haben sich andere vor Brandschatzungen durch weithin sichtbare Tafeln mit der Inschrift „Taugenichtse werden nicht aufgenommen“ zu schützen gesucht; aber die Liebenswürdigkeit, mit der namentlich Portugiesen fremde Gäste zu bewirthen verstehen, ist noch immer unvergleichlich. Mit welchen Gefühlen musterte ich nun von der schmalen Landzunge, auf welcher die holländische, englische und französische Factorei Bananas liegt, das ungeheure Mündungsgebiet des Congo, dessen anderes bei Shark Point vorspringendes Ufer ich kaum mit den Augen zu erreichen vermochte! Auf der einen Seite der Ocean, seine Wogen in weithin sichtbaren, langen, parallelen Streifen heranrollend, auf der anderen der ruhige Hafen des Flusses, der in ewigem Kampfe mit der widerstrebenden Salzflut sich vor mir den Eintritt in diese erzwang. Da der Wunsch, den ferneren Flusslauf kennen zu lernen, erst in mehreren Tagen erfüllt werden - konnte, musste ich mich vorläufig damit begnügen, den Banana Creek bis nach Tschimposa zu befahren und später dem „Könige“ Antonio auf dem Südufer meine Aufwartung zu machen. Als ich mich zu ersterem Zwecke auf einen kleinen holländischen Flussdampfer begab, befand sich der Capitain in nicht geringer Aufregung, da ihm über den seit zwei Jahren nicht befahrenen Creek jede Notiz bezüglich des Fahrwassers fehlte. Unsere Richtung war zuerst Nordost, dann mit geringen Schwankungen Ost. Am linken Ufer begleitete uns bis zum Ziel Mangrovegebüsch, durch dessen Wurzelflechtwerk weithin das während der Flutstauung übergetretene Wasser blinkte; am rechten war festerer Grund, und von Zeit zu Zeit fielen die Ausläufer der Hügelketten steilab zum Wasser, während in den zwischenliegenden Thälern zahlreiche Dörfer erschienen, die auf dichte Bevölkerung schliessen liessen. Nach einer halbstündigen Fahrt theilte sich der Creek durch eine grosse Insel in zwei Arme, von denen jeder etwa die Hälfte der bisherigen Wasserbreite hatte. Aufmerksam, aber vergebens musterte ich das Gebüsch nach Vertretern der erwarteten reichen Thierwelt; das ungewöhnliche Stampfen der Maschine musste alles Lebende verscheucht haben. In der weiteren Fahrt machte der Wasserlauf eine so plötzliche nördliche Wendung, dass wir Gefahr liefen, auf den Sand zu rennen, jedoch nur die Flaggenstange durch die das Verdeck fegenden starken Zweige einbüssten und glücklich die Flussmitte wieder erreichten. Langsamer vorgehend, passirten wir eine neue Biegung besser und kamen, nunmehr dauernd nordöstliche Richtung haltend, nach im Ganzen zweistündiger Fahrt wolbehalten in Tschimposa an. Hier lebte seit Jahren ein Weisser als Vertreter des holländischen Hauses; beneidenswerth konnte sein Loos wahrlich auf diesem vorgeschobenen Posten nicht genannt werden. An allen solchen Orten füllt der Eintausch von Landesproducten für europäische Waaren nur einen geringen Theil des Tages aus, während die übrige Zeit in Unterhaltung mit dem Negerpersonal und mit Nichtsthun verbracht wird: So verlernt der Händler dort mehr oder weniger schnell, Vergnügen an der Arbeit zu finden, und sucht den Beweis zu führen, mit wie wenig körperlicher und geistiger Anstrengung der Mensch auskommen kann. Der Besuch von Europäern weckt wol vorübergehend den schlummernden Funken und macht Wünsche nach menschenwürdigerer Existenz rege, bald aber machen die erschlaffenden Eigenschaften des Landes ihren Einfluss geltend, namentlich wenn, wie so häufig, noch quälende Hautkrankheiten die Energie herabsetzen. Die Ansiedlung lag auf einer Anhöhe, von der man rings die echt africanische Landschaft überblicken konnte. Jenseits des Creeks erstreckte sich, so weit das Auge blickte, eine mit Mangrove und Papyrus, bedeckte Sumpfniederung, in welcher hier und da laufende 4*


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