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an Sauberkeit und Anschaulichkeit Nichts zu wünschen übrig lassen, wenn ich auch zugebe, dass ein weniger angreifendes Deckmittel als das Collodium vorzuziehen sein würde. Ein besonderer Vortheil des in dieser Weise zusammengetragenen Materials ist noch, dass es durch keine der sonst so verderblichen Feinde zerstört wird, weder durch Insecten, noch Hitze, noch Schimmel. Um Exemplare sowol in den verschiedenen Entwickelungsstufen als völlig unbeschädigt zu erhalten, war es nothwendig, die Zucht derselben einzuleiten und möglichst viele zweckmässig eingerichtete Apparate aufzustellen. Der Zweck wurde in sehr erfreulicher Weise erreicht; denn es wurden dem Museum umfangreiche Sammlungen in tadellosem Zustande einverleibt, in denen sich etwa vierzig neue Arten befanden. Es wurden auch Versuche gemacht, Zeichnungen von Vertretern anderer Ordnungen der Insecten zu geben, namentlich von den interessanten Raubwespen, die ihre feinen, thonartigen Bauten mit reihenweise aneinander liegenden schneckenförmig gedrehten Zellen überall hin an Zimmerdecken und Wänden befestigen und in jene zur Fütterung ihrer Larven ganze Sammlungen von Raupen oder Spinnen lebendig, aber vielleicht durch Gift vorher betäubt, einmauern. Da aber hier wie auch bei den Bienen, die kleiner wie die unsrigen einen rothbraunen, dünnflüssigen, zwar nicht sehr wolschmeckenden aber durchaus nicht schädlichen Honig bereiten, und bei allen mit durchsichtigen Flügeln versehenen Insecten überhaupt auf die genaue Wiedergabe der Zellenanordnung besonders zu achten ist, so erfordert diese Arbeit viel Zeit und Uebung, so dass später nur die merkwürdig gearteten und besonders auffälligen Formen beachtet werden konnten. Wenn eine nach solchen Gesichtspuncten geleitete Thätigkeit auf Stationen mindestens als wünschenswerth hingestellt zu werden verdient, so gelangte ich in einer ändern Richtung, nämlich in der Beobachtung lebender Thiere nicht zu der gleichen Ueberzeugung. Da solche Erfahrungen immer erst einmal gemacht sein wollen und mir dergleichen nicht Vorlagen, so war es natürlich, dass ich die Anlagen dazu traf, um über die Lebensweise der Vögel, Affen und aller lebendig zu erhaltenden Thiere überhaupt Beobachtungen machen zu können, mit der ferner liegenden Idee, bei Gelegenheit in ausgewählten Sendungen Exemplare nach der Heimat gelangen zu lassen. Die Erfolge entsprachen jedoch den Erwartungen, dem Zeit- und Kostenaufwande so wenig, dass ich dringend vor ähnlichen Versuchen warnen muss. Einmal fehlt es fast immer an Futter; denn Früchte giebt es nur zeitweise, Körner gar nicht, und von den Termitenbauten, deren Inhalt an Larven den Insectenfressern eine willkommene Nahrung wäre, ist die Umgegend bald gesäubert. Dann fehlt es aber bei den mannigfachen Beschäftigungen an Zeit zum Beobachten, und das so gesammelte geringe Material ist vielleicht interessant für den Reisenden, ohne dabei zugleich neu zu sein. Zum nutzbringenden, erfolgreichen Beobachten der Thier weit gehört unbedingt ein eingehendes Verständniss ihres Lebens; es wäre also zwar ein Brehm nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, in dieser Richtung Schätze zu häufen; Andere aber, denen ähnliche Anlagen fehlen und noch vielfache andere Arbeiten obliegen, dürften damit nichts Nennenswerthes leisten. Es war ohne Zweifel interessant zu sehen, wie ein Nashornvogel mit seinem unförmlichen Schnabel einen prächtigen, arglos neben ihm pickenden Blutfinken packte und verzehrte, wie sich dagegen die angolensischen Adler vorwiegend von Oelnüssen nährten, es war interessant, wenn die fruchtfressenden Coliiden mit dem rattenähnlichen Felle, den langen Schwanzfedern und den corallenrothen Füssen sich wie Fledermäuse an die Käfigwände klammerten, so dicht aneinander geschart, dass auch die Todten gehalten wurden und nicht herabfallen konnten: aber wurde damit Neues gegeben, wurde dadurch die aufgewendete Mühe im Entferntesten gedeckt? Schliesslich können durch das Halten lebender Thiere, namentlich der Reptilien, recht unangenehme Situationen entstehen, wie wir sie gleichfalls erlebten: Wir bewahrten in einer mit Latten scheinbar sicher verschlossenen Kiste zwei Riesenschlangen (Python Sebae) und eine Rhinocerosschlange (Vipera rhinoceros), die giftigste Art der Gegend, als eines Abends der Dolmetscher mit ängstlichen Mienen zu uns hereintrat und meldete, dass eine grosse Schlange sich, während er mit der Familie plaudernd in der Hütte am Feuer gesessen, langsam an ihm vorübergewunden habe und unter seinem Lager verschwunden sei. Wirklich war es eine der Pythonen, welche ihren Leib durch die Latten ihres Behälters zu zwängen vermocht hatte und nun zur Beruhigung der aufgeregten Gemüther nebst den beiden anderen geopfert werden musste. Ein anderes Mal hatte sich eine sieben Fuss lange Warneidechse (Monitor saurus) aus ihrem Behälter frei gemacht und schlug mit dem seitlich platt gedrückten Schwänze im Sammelhause Gläser und Bleche mit ihrem Inhalt, Skelete, Thierbehälter und Häute von ihren Stand- und Aufhängeorten herunter, so dass sie eine grenzenlose Verwirrung anrichtete, bis es schliesslich gelang, sie durch eine um den Hals geworfene Schlinge fest und unschädlich zu machen.


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