Page 146

27f 32-1

14 Eigenthümliche Honorare für ärztliche Hülfe. ebenfalls Anwendung fände, der allgemeine Andrang von selbst einer ruhigeren Strömung Platz machen würde, dass ferner, wenn die Mehrzahl der Ansiedler sich uns verpflichtet fühlte, die Unterstützung unserer eigenen Interessen durch dieselben unmöglich ausbleiben könnte. Der ausgestreute Same wuchs denn auch auf dankbarem Boden und reifte zu hundertfältiger Frucht. Wenn ich heute nach fast zwei Jahren zurückblicke, so kann ich die für Andere aufgewendete Mühe und Zeit nicht verloren nennen, denn unseren Kräften allein wäre es nie möglich gewesen, neben allen übrigen Arbeiten so bedeutende naturwissenschaftliche und ethnologische Sammlungen zusammenzubringen, der Gorilla wäre vielleicht nie auch nur käuflich für mich gewesen, während man ihn mir unter den erwähnten Umständen als Anerkennung für die stete Hülfsbereitschaft nach echt portugiesischer Weise gern zum Geschenk machte. Da anderes Honorar nicht angenommen wurde, und Jeder sich doch erkenntlich zeigen wollte, so trafen von nah und fern einzelne seltene Insecten oder ganze Sammlungen in Kästen und Flaschen mit Spiritus, Reptilien aller Art, Felle, Skelete, ja selbst lebende Affen, namentlich Chimpansen, oder Waffen, Geräthe und Gewebe ein, oder es ergiengen Einladungen, Menschen, Pflanzen, Landschaften und Anderes, was besonders charakteristisch war, an Ort und Stelle zu photographiren. Vielen mag vielleicht der Gedanke kommen, dass eigentlich zum Zusammenhäufen eines bedeutenden Materials Nichts natürlicher und einfacher gewesen wäre, als die Eingeborenen für diesen Zweck heranzuziehen, dass, wie mir auch von der Heimat damals geschrieben wurde, jeder Negerbube für die Sammlungen zu benutzen sein müsse. Jetzt würde dies vielleicht auch der Fall sein, jeder Nachfolger würde auf dem nun vorbereiteten Terrain ungleich leichter zu arbeiten vermögen; anders aber war es bei unserer, Ankunft, wo die Leute ein Verständniss nur für weisse Händler hatten, welche in ihrem Hause auf Gummi, Oel und Elfenbein warteten und die üblichen Tauschartikel dafür zahlten, Naturforschern mit ihren wunderbaren Passionen aber ebenso fremd als misstrauisch entgegentraten. Auch von uns wurde von Anfang an versucht, die Eingeborenen zum Sammeln zu benutzen, doch führten unsere Bemühungen mit ihnen erst im zweiten und dritten Jahr wirklich zum Ziele. Die Zeit, in welcher sie uns Thiere in ihren einzelnen Bestandtheilen stückweise brachten, dauerte zwar nicht lange, aber als man es nun zu verstehen meinte und ganze Tage aufgewendet hatte, um gewöhnliche Arten zu Hunderten und Tausenden in einem Gefässe heranzuschleppen, war man überrascht, dafür nur relativ geringen Lohn zu erzielen, und gab diese Art des Erwerbes bald wieder auf. Mancher lernte schliesslich wol, auf alle Ideen einzugehen, und war nach jeder Seite hin brauchbar, dann dauerte es aber nicht lange, bis er sich für unentbehrlich hielt und nicht zu befriedigende Ansprüche für seine Dienste stellen zu können meinte; dennoch wurde unermüdlich von Neuem gelehrt und unterwiesen, bis eine Concurrenz allmählich heranwuchs, welche die Preise in vernünftige Bahnen zu lenken erlaubte. So unterschätzt man m der Heimat leicht die Schwierigkeiten, auf welche wissenschaftliche Vornahmen in Gegenden stossen, die mit denselben nicht vertraut sind, weil man sie bei sich tagtäglich übt, ohne Widerstreben zu be- gegnen. Ich wurde z. B. von competenter Seite, welche bei Krankheiten die thermometrischen Messungen in den die Temperatur allerdings ganz correct wiedergebenden, in das Innere des Körpers führenden Wegen vorzunehmen pflegte, darauf hingewiesen, dass meine durch Wärmemessungen in der Achselhöhle gefundenen Werthe angegriffen werden könnten, und es demnach bei der Wichtigkeit des Gegenstandes vorzuziehen sei, die andere Methode zu wählen; wenn der Herr College aber gewusst hätte, welche Mühe der so unschuldige Weg schon verursacht hatte, und wie man bei der anderen Procedur zweifellos schreiend davongelaufen wäre und die seltsamsten Gerüchte über die deutschen Doctoren im Lande verbreitet hätte, so würde er sich gewiss gleich mir mit dem Erreichbaren begnügt haben. Aehnlich ergieng es bei anthropologischen Messungen: Wenn der Stangencirkel, das Bandmass und andere Instrumente benutzt werden sollten, so war nur das im Dienste des Hauses befindliche Personal nach langem Zureden zum Stillhalten zu bewegen, während Fremde auch durch eine grössere Quantität Rum nicht veranlasst werden konnten, sich mit den kalten, scharfen Cirkelspitzen oder dem stählernen, mit wunderbaren Zeichen versehenen Masse an allen möglichen Kör- pertheilen berühren zu lassen. Die Antipathie dagegen war so unverkennbar, dass ihr Rechnung getragen werden musste; wir konnten dies auch um so leichter thun, als die dabei in den Beobachtungsreihen entstehende Lücke durch die später zahlreich mit dem Meterstab zur Seite photographisch aufgenommenen Menschentypen ausgefüllt wurde. Die Photographie, welche die Körperformen auch für Andere messbar am allergenausten zur Anschauung bringt, leistet der Anthropologie die wesentlichsten Dienste und sollte gewiss noch häufiger, als es bereits geschehen ist, auf Reisen in Anwendung gebrachtwerden; sie bietet neben anderen Vorzügen auch den der Schnei


27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above