den Loangonegem und ihren grauenerregenden Einflüsterungen fern zu halten. Die Bafiote hatten alles Interesse daran, dass eine Expedition in das Innere nicht zu Stande kam; sie Hessen es sich daher angelegen sein, unter den Benguellaleuten abschreckende Schauergeschichten über unsere Reiseziele und die Völkerstämme, denen wir sie zuführen wollten, zu verbreiten. An Mitteln zur Verständigung fehlte es nicht, weil einige der' neuen Träger das Fiote verstanden, an Gelegenheit ebenso wenig, weil der Dienst des Wasser- und Holzholens die Leute täglich in das Freie führte. Unter solchen Verhältnissen fanden die Bafiote mit ihren Vorspiegelungen von Flucht und goldener Freiheit bald williges Gehör, und nach kurzer Zeit schon, kam ein erster Fluchtversuch zu Stande, dem bald andere folgten. Die Eingeborenen gewannen stets dabei: entweder der Flüchtling kam nicht zurück, so waren wir um einen Mann ärmer, oder er wurde uns zurückgebracht, so gewannen sie die conventionell hierfür festgesetzte Belohnung. Oft wurde auch ein abgekartetes Spiel getrieben, indem sich mehrere Bafiote in der Weise zusammenthaten, dass die Einen zur Flucht überredeten, die Anderen die Flüchtlinge auffingen und einbrachten. Es war nicht daran zu denken, diesem Unwesen direct zu steuern. Die richtigste Verhaltungsmassregel dagegen schien mir zu sein, den intelligenteren unter den Trägern Zutrauen einzuflössen, und dieses dann durch ihre Vermittelung auf die grosse Masse zu übertragen. Unter den Benguellaleuten befanden sich zwei, die in jeder Beziehung bemerkenswerth waren: höchst intelfigent, körperlich prachtvoll entwickelt, an den Umgang mit Weissen gewöhnt, des Portugiesischen wie des Fiote mächtig; beide nannten sich Janeiro; sie hatten Einfluss auf ihre Stammesgenossen, und so lange ich auf sie zählen konnte, durfte ich sicher sein, nicht verrathen zu werden. Ich behandelte sie dem entsprechend, setzte ihnen auseinander, dass wir zusammen in den Busch gehen würden, dass ich selbst schon dagewesen sei, und dass alle Erzählungen der Bafiote Lügen wären. Ich stellte ihnen grosse Belohnungen in Aussicht, wenn sie treu bei mir aushalten würden und darüber wachten, dass die ihnen unterstellten Träger ein Gleiches thäten. Sie schienen die Situation auch vollständig erfasst zu haben und erwiesen sich als äusserst zuverlässig bei den vielen Verwickelungen, zu denen die häufigen Fluchtversuche Veranlassung gaben. Die ganze Masse der Träger war in Sectionen ge- theilt, deren jede aus ihrer Mitte einen Unterführer hatte; die Unterführer im Verein mit den beiden Janeiro bildeten die Elite meiner Mannschaft. Indessen zeigte es sich bald, dass alle Leute unter einer nicht zu unterdrückenden E'urcht vor der ungewissen Zukunft standen; gerade die gute Behandlung konnte eben so sehr dazu dienen, diese Furcht lebendig zu erhalten wie zu zerstören. Ihrer alten Heimat entrückt, die ihnen endlos fern schien, umdüstert von den grauenvollen Traditionen aus der alten Zeit der Sclaverei, gestalteten sie sich das Gerücht einer Reise in das Innere dahin um, dass sie selber der Sclaverei übergeben, vielleicht gar den menschenfressenden Stämmen im Innern verkauft werden sollten, und dass die augenblickliche Zeit der Ruhe, der guten Behandlung und reichlichen Nahrung nur dazu diente, sie fett, rund' und kräftig zu machen. Von den Bafiote in diesem traurigen Wahn bestärkt, unfähig zu begreifen, dass die neue Lebenslage die erste Stufe zu ihrem Glücke sein werde, aufge- schreckt von den qualvollen Bildern ihrer erhitzten Phantasie, Hessen- sie sich, wenn die Nacht aUe Gespenster entfesselt hatte, verführen, an dem verrätherischen Herd der Bafiote eine Freistätte zu suchen. Selbst die intelligenten Janeiros standen, wie sich schliesslich zeigte, unter diesem verhängnissvollen Irrthum, und daher war es kein Wunder, wenn ihre tiefer umnachteten Brüder demselben zum Opfer fielen; jeder Anlass, der darauf deuten konnte, dass ein baldiger Aufbruch erfolgen würde, hatte die Flucht einer Gruppe von Trägern zur Folge. Wie konnte unter solchen Verhältnissen ein rechtes Gedeihen stattfinden? Bei einer Ausmusterung, die ich am achtzehnten April 1875 vomahm, fanden sich nur zwanzig vollkommen reisetüchtige Träger, von denen in der folgenden Nacht vier nebst drei weiteren halb brauchbaren entflohen. Aber noch immer hielt ich die Hoffnung aufrecht, weil die Janeiros und die Unterführer mir treu verblieben waren. Da brach in der Nacht vom dreissigsten zum ein- unddreissigsten Mai die Krisis herein, etwa vierzehn Tage ehe ich mit Ngutu nach Ikamba abzugehen beabsichtigte; sie war durch ein zufälliges Ereigniss beschleunigt worden. Es waren nämlich am späten Abend des dreissigsten Mai fünfundzwanzig durchwandernde Kruneger ausgehungert vor der Station angekommen und baten um Feuer und Nahrung für die Nacht. Ich gewährte beides aus allgemein menschlichen Rücksichten. Am ändern Morgen fand sich, dass beide Janeiros, die Unterführer und vier der Frauen verschwunden waren. Sie hatten geglaubt, die Kruneger seien von uns engagirt worden, um sie mit Gewalt in das Innere zu schleppen, und dass der Aufbruch am folgenden Morgen stattfinden sollte: So waren die Leute beschaffen, mit denen ich gehofft hatte, mir einen Weg durch die feindseligen Stämme (des Innern zu bahnen. Jetzt blieb mir zur Verständigung mit dem Rest der Benguellaträger nur ein
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