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ganze Natur verklärt. Meine Gesundheit flösste dem Arzt ernsthafte Besorgnisse ein, und er rieth mir vor Allem Ruhe und Schonung; ich gab daher den Plan auf, selbst nach Benguella zu gehen, um die für . die Expedition engagirten Träger zu mustern und nach Tschintschotscho überzuführen, und bat Dr. Falkenstein, diese Mission zu übernehmen, zu der ihn sein ärztlicher Beruf besonders geeignet machte. Andererseits traf ich Abrede mit Shr. Reis am Kuilu, um mir den für meine Zwecke einzig brauchbaren längster Mani Mampaku für die Expedition des nächsten Jahres^ zu sichern; denn ich hielt trotz aller üblen Erfahrungen an dem Kuilu- wege fest, weil die erhaltenen Nackenschläge einerseits dem allgemeinen Nothstande Mayombes, andererseits der Unzuverlassigkeit der Träger zugeschrieben werden mussten, und ich also hoffen durfte, dass das bessere Verhalten der neuen Träger und das Aufhören der Hungersnoth eine Wiederholung der Unfälle ersparen würde. . Das EintrefEen von Dr. Pechuel-Loesche während meiner Abwesenheit, im August 1874, hatte der Expedition einen durch jahre- . langes Reisen in America, der Südsee und den Polarregionen erprobten Mann zugeführt; er war mit der Bestimmung ausgesandt worden, mein Begleiter im nächsten Jahre zu werden, doch gewahrte er, abgesehen von seinen selbständigen Arbeiten, schon jetzt meiner Thätigkeit mannigfache Erleichterung. Er hatte namentlich die Seit dem ersten Januar 1874 bis April 1876 ununterbrochen fungirende meteorologische Station übernommen, so dass mir die Ablesungen nur ausnahmsweise zufielen, und ich mich auf deren Reduction .und die Berechnung der Pentaden und Monatsmittel beschränkte. Wir führten aus Anlass der Triangulation von Tschintschotscho gemeinsam einige Versuche aus, die später von grossem Nutzen werden konnten, nämlich die Ausmessung einer Basislinie durch den Schall. Dieses Verfahren verlangt der ihm innewohnenden Ungenauigkeit wegen grosse Uebung, wenn einigermassen brauchbare Resultate erzielt werden sollen. Der grosse Werth desselben für den Reisen- den besteht darin, dass es unabhängig von der Beschaffenheit des Terrains ist und nur erfordert, dass die an den En'dpuncten der TWs befindlichen Beobachter sich sehen können: A schiesst ein Gewehr los, B erblickt die weisse Rauchwolke und zahlt nach den Schlägen seiner Uhr die Secunden, die verfliessen, bis der Schall sein Ohr trifft; dann vertauschen A und B ihre Rollen, und. durch häufige Wiederholung des Verfahrens, bei steter Berücksichtigung der Temperatur und des Luftdruckes, wird die Distanz zwischen beiden Beobachtern aus der Zeit und der Schallgeschwindigkeit ermittelt. Die Periode der äusseren Ruhe benutzte ich zunächst zur Ausarbeitung des Reiseberichts, dann aber auch zu ausgedehnten Beobachtungen mit den zur Hand befindlichen Präcisionsinstrumenten. Mein Hauptaugenmerk war dabei auf die directe Bestimmung der Länge von Tschintschotscho gerichtet, die in Verbindung mit der auf gleiche Weise ermittelten Länge der Kuilumündung der Karte das Fundament gab. Eine Karte der Loangoküste existirte nicht, und wenn das zu schaffende Gerippe derselben wirklich fundamentale Bedeutung haben sollte, so mussten die zu Grunde liegenden astronomischen Beobachtungen ihre Zuverlässigkeit beweisen können. In diesem Sinne habe ich sie stets angestellt, und verweise den in die Methoden Eingeweihten auf die Mittheilungen des. Anhangs. Hier sei nur bemerkt, dass alle Breitenbestimmungen aus Circummeridianhöhen, alle Zeitbestimmungen aus Höhen östlicher und westlicher Gestirne erhalten, dass von jedem einzelnen Gestirn eine Reihe von Höhen genommen, und die Beobachtungen so schnell es angieng berechnet wurden. Es kann kaum nachdrücklich genug betont werden, dass das eigentliche Ortsbestimmungsinstrument des Pionierreisenden der Sextant, respe- ctive Prismenkreis, nicht aber das Universalinstrument oder der Theodolith ist. In der Hand des geübten Beobachters ergiebt sich mit einem sechszölligen Sextanten aus einer vollständigen Beobachtungsreihe die Breite auf zehn Bogensecunden, die Zeit (wenn die Uhr exacte Ablesungen gestattet) auf eine halbe Zeitsecunde genau. Nur die auf Monddistanzen gegründeten Längenbestimmungen können empfindliche Abweichungen von der Wahrheit ergeben, und hier ist, für die Tropen wenigstens, die mit dem Universalinstrument vorgenommene Bestimmung der Länge aus Mondhöhen vorzuziehen. Jedoch werden auch die Monddistanzen mit dem Sextanten gute Resultate geben, wenn man die Arbeit richtig vertheilt, d. h. wenn man sich auf wenige Fundamentalpuncte beschränkt, diese aber durch sehr vollständige und lange Reihen östlicher und westlicher Distanzen festlegt und die 'dazwischen liegenden Orte entweder durch Zeitübertragung oder aus der fliegenden Compassaufnahme bezüglich ihrer Länge bestimmt. Das Universalinstrument gestattet an sich bekanntlich eine genauere Ablesung als Reflexionsinstrumente desselben Durchmessers; es ist dagegen schwieriger zu transportiren, erfordert ein besonders mitzunehmendes Stativ und bedarf einer festen, oft zeitraubenden, von gebrechlichen Niveaus abhängigen Aufstellung; die genaue Einstellung und Ablesung der Mikroskope und die Sichtbarmachung der Fadenkreuze verlangen eine gute, nicht immer zu beschaffende Beleuchtung. Die Reflexionsinstrumente dagegen sind


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