Schreckens; er war mehr der Ueberraschung als der Furcht zuzuschreiben, denn im Allgemeinen hat die Seltenheit der Schlangenbisse eine grosse Sorglosigkeit nach dieser Richtung erzeugt. Sonst störte kein Zwischenfall unser Fortkommen. Das letzte Stück in der Dunkelheit mit dem Schuhzeug, das sich beim Waten im Moraste des Likungubaches mit Wasser vollgesogen hatte, wurde mir freilich schwer. Aber plötzlich sah ich Fackeln auf uns loskommen und hörte mich wiederholt mit „Excellenza“ angeredet. Weder mein Costüm, noch mein Aussehen, noch die Aermlichkeit meines Auftretens rechtfertigten diese hochachtungsvollen Laute, die von dem Mulatten Feio und seinem Bruder Francisco herrührten; sie hatten gehört, dass ich kommen würde, und den Bewohnern des benachbarten Dorfes Punga verkündet, dass sie den Besuch eines grossen Häuptlings aus dem Mputu (Europa) erwarteten. In der That wurde ich als solcher behandelt, sowol von meinen farbigen Gastfreunden wie von den schwarzen Eingeborenen. Die Bewegungen eines Souverains, der die Provinzen seines Reiches besucht, konnte nicht mit ängstlicherer Spannung verfolgt werden. Ich zeigte mich so huldvoll, wie es nur immer der Mangel an Uebung gestattete, und gab, trotzdem unser Marsch elf Stunden gewährt hatte, den Bitten der Mulatten nach und liess mich von ihnen und einem gezähmten Affen in das Dorf Punga begleiten. Hier wurde ich bei Fackelschein gezeigt und angestaunt. Punga ist das grösste und stattlichste Dorf, das ich auf dieser Reise sah. Seine fünfzig Hütten bilden zwei gleichlaufende Fluchten,'und es machte mir viel Freude, auf der breiten, tennenartig ausgeschlagenen, sauber gefegten Dorfstrasse hinzugehen und die am Feuer vor ihren Hütten sitzenden Negergruppen zu beobachten. Was ich im weiteren Verlauf der Reise über die Bayaka beobachtete, fand ich auch bei den Bewohnern Pungas, die zwar noch mit Balumbuelementen untermischt sind, aber überwiegend Bayaka- merkmale in Sitten und Lebensweise tragen. Es mögen deshalb die folgenden allgemeinen Bemerkungen schon hier ihre Stelle finden. Der charakteristischen Bauart der Dörfer ist bereits Erwähnung geschehen; sie bestehen .alle aus einer einzigen geraden Strasse, in der Mitte pflegen zwei Plätze für bestimmte Fetische reservirt zu sein, an den Enden erheben sich grosse auf Pfählen ruhende Schattendächer für öffentliche Zwecke. Im Durchschnitt besteht ein Dorf aus nicht mehr als fünfzehn bis sechszehn Hütten, die in ähnlicher Weise, aber aus anderem Material wie die Tschimbeks der Bafiote gebaut sind. Das Wesentliche bleibt der rechteckige Grundriss der Hütte und der bedachte Vorplatz; — die Feuerklappe im Dache, im Loangolitoral ganz allgemein, habe ich vergeblich gesucht, wol aber fand sich sehr allgemein das erhöhte Lager, worin jederzeit ein nicht geringer Schritt zur Civilisation erblickt werden darf. Das bekannte Stuhlkopfkissen aus drei Aesten fehlt auch hier nicht, daneben aber sind noch andere Unterlagen zum Sitzen beziehungsweise zum Auflegen des Kopfes anzutreffen: eine Art Sattel aus Holz und eine auf vier Klötze gesetzte Scheibe. Feuerwaffen sind zu den Bayaka durch den Handel gedrungen, sie bedienen sich ihrer aber wenig, dagegen trägt jeder Bayaka ein grösses Messer, das eben sowol zur Verthei- digung wie zur Arbeit im Feld und Vlald dient. Auch sind winzig kleine Bogen im Gebrauch, mit denen man entsprechend kleine, vergiftete Pfeile schiesst. Das Exemplar, welches ich nach Europa sandte (Ethn. Abth. des Berliner Museums) sieht genau so aus wie das von Dr. Lenz, dem Gabun-Reisenden, herrührende; selbst der aus Bananenrohr hergestellte Köcher ist derselbe. Einige Eingeborene sind geschickt in der Handhabung dieses Bogens, sie treffen einen dünnen Baumstamm auf zwanzig bis dreissig Schritt Entfernung mit Sicherheit. Lanzen kann man in verschiedenen Formen beobachten; es giebt deren mit breitem Blatt ohne Widerhaken; andere zierlichere mit Widerhaken und endlich Holzschafte, denen eine Spitze aus Eisenblech umgelegt ist. Eingeborene Schmiede bearbeiten das Eisen in ähnlicher Weise wie bei den Bayombe und Bakunya; derselbe Blasebalg, ein gleichgeformter Amboss und Schlägel, dasselbe Feuerungsmaterial (selbstgefertigte Holzkohle) kommen hier wie dort zur Verwendung. Musikalische Instrumente konnte ich trotz des Suchens darnach nur in geringer Zahl entdecken und ich muss annehmen, dass deren wirklich nur wenige vorhanden sind; aber es kehren dieselben Formen wieder, welche das Litoral aufweist. Die Banane spielt in der Ernährung der Bayaka dieselbe Rolle, welche dem Maniok bei den Bafiote, den Bayombe, den Bakunya zukommt. Klimatische Verschiedenheiten können nicht wol als Ursache gelten, dass das untergeordnete Nahrungsmittel des einen Gebietes das hauptsächliche des ändern wird; entweder ist der Boden nördlich von 30 30' südlicher Breite der Cultur des Manioks ungünstig, oder die Bayaka verstehen dieselbe nicht. Thatsache bleibt, dass der Maniok daselbst unansehnlich ist und ungenügend zubereitet wird. Ich konnte mir das herrliche Nahrungsmittel nur selten verschaffen und musste meist mit grünen Bananen vorlieb nehmen, die bei weitem nicht den Werth des Manioks haben. Trotz der grossen Bestände an Bananen waren auch diese schwer zu erhalten, denn meine Reise fiel in ein Hungerjahr, von dessen Folgen ich bereits in Mayombe so
27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above