192 Die Katarakten von Mongo Nyanga. Elektrische Fische. Der Grund mag in der Verschiedenheit des Bodens liegen. Mongo Nyanga nun war einer der gesegneten Orte, wo der Pulex penetrans nicht die Bedingungen für sein Fortkommen fand, und deshalb konnte ich auch von hier aus sehr bald kleinere Ausflüge unternehmen. Der erste Besuch galt den Katarakten, die sich mit dem Canoe in zwanzig Minuten erreichen liessen. Eine mächtige Felsbank durchsetzt wie ein Wehr das Flussbett in der ganzen Breite; der Fluss hat daselbst einen Canal gegraben, von dem er während der trockenen Zeit völlig aufgenommen wird; das Hochwasser aber bedeckt die ganze Bank, wie sich aus den vielfachen Auswaschungen abnehmen lässt. Die Felsen sind schieferiges, gegen die Strömung aufgerichtetes Gestein; hier und da wachsen auf ihm Grasbüschel von lebhaft grüner Farbe und kleinere Blattgewächse, Die Bank misst in der Richtung des Stromes hundertfünfzig Schritt; oberhalb derselben, und von ihr nur durch einen schmalen Streifen unbewegten Wassers getrennt, tritt eine zweite Felsbank auf, deren Erstreckung sich von meinem niedrigen Standpuncte aus nicht ab- sehen liess. Durch diese und die weiter oben gelegenen Katarakten wird die Schiffbarkeit auf anderthalb Tagereisen unterbrochen, eine schwere Beeinträchtigung des Handels von Kassotsche; denn Gummi wie Tauschwaaren müssen auf denselben beschwerlichen Pfaden, die ich kennen zu lernen Gelegenheit hatte, durch Träger fortgeschleppt werden, und dies wird doppelt in einer Zeit empfunden, wo Hüngers- noth und Sandflöhe die disponiblen Kräfte gelichtet haben. Daher darf es nicht Wunder nehmen, dass in Mongo Nyanga statt der ursprünglichen sechs Leute nur drei zu meiner Verfügung standen. Vor dem Aufbruch war es mir noch gestattet, eine zoologisch interessante Wahrnehmung zu machen: Bei einer der Unterredungen, die ich zu meiner Information mit den Eingeborenen führte, wurden mir Fische beschrieben, die unverkennbar elektrische Eigenschaften haben mussten. Indem ich einen Preis für den Fang aussetzte, erhielt ich das Gewünschte. Man brachte mir drei lebende, unverletzte Exemplare; sie wurden in ein grosses Becken gesetzt und er- theilten einen empfindlichen Schlag, sobald man sie in der Nähe des Schwanzansatzes berührte. Die Intensität des Schlages war bei den kleinsten Individuen wenig geringer als bei dem grössten; die Länge des letzteren betrug zwanzig Centimeter. Die Fische haben eine braune, schwammige, schuppenlose Haut, einen kreisrunden Querschnitt, am Maule vier Fäden, der Schwanz ist roth-weiss-braun gestreift. Ihr einheimischer Name ist Ndeke; sie werden namentlich Balumbudörfer. Erhöhtes Lager. Insectenplage. 193 in der Regenzeit häufig gefangen; nach den gemachten Angaben erreichen einige die Länge von fünfunddreissig Centimetern. Vor Antritt meiner Wanderung nach Kassotsche unternahm ich einen grösseren Recognoscirungs- und Probemarsch. Das ganze Gebiet um Mongo Nyanga herum ist von den Balumbu bewohnt, sowol auf dem linken, wie auf dem gegenüberliegenden rechten Ufer; sie scheinen in ihrem ganzen Wesen, ihren Sitten und ihrer Sprache von den Bayaka beeinflusst zu sein, wie es die Balumbu des Südens von den Bayombe sind. Balumbu- wie Bayakadörfer bestehen ausnahmslos aus einer einzigen geradlinigen Strasse, was einen eigenthümlichen und wegen der zum Ausdruck gebrachten Gesetzmässigkeit angenehmen Eindruck macht.' In grösseren Dörfern pflegt die Strasse an jedem Ende durch eine Sombra abgeschlossen zu sein, von denen die eine für allgemeine Zusammenkünfte (Palaver), die andere für die Aufnahme fremder Neger bestimmt ist. Ein in allen Hütten anzutreffendes Möbel ist das erhöhte, bettartige Lager, welches im Loangolitoral nur in seltenen Fällen, bei Vornehmen, gefunden wird. Es besteht aus einer leiterförmigen Unterlage, über welche ein nach Art unserer Jalousien gefertigtes Rouleau von Spaltstücken der Weinpalme gelegt ist. Zu meinem nicht geringen Staunen fand ich in einem der von mir besuchten Dörfer über den meisten Lagern Mosquitonetze aus einheimischem Bastzeug, gerade so hergerichtet und aufgehängt wie meine Reise-Mosquitära. Dieser Luxus überrascht im Hinblick darauf, dass die Balumbu eine niedrigere Culturstufe einnehmen als die Bafiote, und bei letzteren, die weit bedürfnissvoller sind, der Gebrauch von Mosquitonetzen nicht allgemein üblich ist. Freilich muss berücksichtigt werden, dass in den Balumbu-Gegenden neben den gewöhnlichen Mosquitos eine zweite, ganz kleine Art auftritt, .die den Reisenden anfänglich zur Verzweiflung treibt, und von denen ich im Süden selten gelitten habe. Wir würden sie Gnitzen nennen, die Portugiesen nennen sie Maruim, die Eingeborenen Bimfutu; die Thiere sind von der Grösse eines Stecknadelknopfes, ihre Stiche aber schwellen um das Sechsfache an; im Augenblick sind Hand oder Gesicht ganz damit bedeckt, die alsdann auf rothem Grunde eine endlose Zahl weisser Erhebungen darbieten. So lange man sich gegen diese neue Plage noch nicht abgestumpft hat, (was bis zu einem gewissen Grade denkbar ist), kann man nicht anders schreiben oder rechnen als in der Nähe eines stark rauchenden Feuers. Der Wald, in den die um Mongo Nyanga gelegenen Dörfer eingebettet sind, ist grossartig und üppig; nicht so majestätisch wie der Loango. I. , p
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