188 Verfrühte Regen. Strandreise zu Fuss. Mongo Nyanga errichtet, jenseits derselben eine zweite, Namens Kas- sotsche. Der letztgenannte Ort sollte bereits auf der ändern Seite des grossen Waldes liegen, im Lande der Bayaka. Man sieht, es wiederholten sich hier die allgemeinen topographischen Züge des Kuilugebietes. Ich wünschte mich so bald wie möglich auf den Weg zu machen, da mein Befinden so viel zu wünschen übrig liess, dass es sich auf der Reise nur bessern konnte. Don Vincente hatte versprochen, mir sechs Leute für die Reise zu stellen; er hatte selbst Lust, mich, zu begleiten, war aber genöthigt, nach der Insel Fernando Po zu fahren. So weit schien Alles ganz glatt zu gehen; man erwartete nur noch das Eintreffen eines kleinen Küstendampfers, der expedirt werden musste, ehe die sechs Crumanos Vincentes zu meiner Verfügung standen; aber es vergiengen auf diese Weise achtzehn Tage, ehe ich Yumba verlassen konnte. Obgleich wir noch im Monat August standen, fielen fast täglich feine, zuweilen auch starke Regen; die Regenzeit war also aussergewöhnlich früh eingetreten. Bei Tage und bei Nacht blieb der Himmel bewölkt, so dass ich positiv nicht im Stande war, eine astronomische Ortsbestimmung zu erhalten. Der fast dreiwöchentliche Aufenthalt gehört mit Recht zu meinen trübsten Erinnerungen; denn die Mittel, durch Bewegung und Thä- tigkeit dem Zustande der Lethargie zu entrinnen, in den ich geworfen war, blieben mir versagt. Schon die Nachricht, dass Vincentes Leute für mich eingetroffen seien, die Zuversicht, dass eine Aenderung eintreten werde, elektrisirten mich und gaben mir neue Kraft. ■' Am einunddreissigsten August brach ich mit sechs Leuten auf, um zunächst die Nyangamündung zu erreichen. Zum ersten Male seit vier Wochen strahlte die Sonne wieder von einem wolkenlosen Himmel. Da die ganze Reise längs des Strandes hin gieng, so musste ich mich nach den Stunden des Niedrigwassers richten, wo das Zurückgehen der Flut einen Streifen festeren Bodens in dem lockeren Sande zurücklässt. Ich konnte den Marsch daher erst um zehn Uhr Vormittags antreten und musste mich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln gegen die schädlichen Einflüsse der Sonne schützen. Weil in dieser Beziehung die Ansichten der Reisenden stark auseinander gehen, so bemerke ich, dass nach den an meiner eigenen Person gemachten Erfahrungen eine mehrfache Bedeckung des Hauptes einen guten Schutz gegen die Bestrahlung gewährt; ich pflegte in den Mittagsstunden ein weisses, leinenes, über den Nacken fallendes Tuch auf den Kopf zu legen, dasselbe durch eine rothe, türkische Mütze zu befestigen und dann erst den weichen Filzhut, der mir diente, darüber zu setzen. Dieses Verfahren empfiehlt sich besonders in solchen Fällen, wo ein brauchbarer, d. h. ein stark gefütterter Sonnen(Regen)schirm nicht zu Gebote steht. Bei einer Strandwanderung bleibt dann freilich noch immer die auf die Dauer höchst empfindliche, selbst schmerzhafte Reflexionswirkung des Sandes und des weissen Gischtes der Brandung. Wir wanderten die Bai von Yumba entlang, die mit dem Ponta de Norte vor unseren Augen abschloss. Schon nach der ersten Marschstunde ist jeder Reiz der Neuheit verschwunden. Der Strand bleibt nahezu von derselben Breite und ist auf der einen Seite ununterbrochen von Wald eingefasst. Dieser zeigt im Vergleiche zur Vegetation des Loangolitorals einen ganz abweichenden Habitus; er wird charak- terisirt durch einen meist strauchartig, zuweilen auch hochstämmig entwickelten Baum, dessen kahle Zweige nur an den Spitzen ihre lederartigen Blätter tragen; die Zweige stehen so dicht, dass die Blätter ein continuirlich ausgebreitetes Laubdach bilden. Von Zeit zu Zeit passirt man eine Saline, wie ich sie oben beschrieben habe, im Uebrigen belebt weder Mensch noch Thier die Einsamkeit. Nach dreistündigem Marschiren musste ich einem Schwächeanfall nachgeben, der erklärlichen Folge der Anstrengung und meiner unzureichenden Kräfte; darnach gieng es wieder ganz gut und wäre ohne die unvermeidlichen Sandflöhe noch besser gegangen. Bei Ponta de Norte wird die Küste felsig, der Sand hört ganz auf, und man geht zwischen den zusammengewürfelten Blöcken zweier verschiedener Gesteinsarten am Fusse des mit Bäumen gekrönten Vorlandes hin. Der unter dem Wasser anstehende Fels ist ein blasiges Conglomérat von fast schwarzer Farbe, sehr ähnlich den Quarz-Eisenstein-Conglomera- ten, die ich im Lande der Bayaka antraf. In der Nähe des Vorlandes findet sich die isolirt stehende Hütte eines in diese wüste Gegend verschlagenen Portugiesen. Ich rastete hier, und da däs Wetter klar zu bleiben versprach, so wartete ich den Eintritt der Nacht ab, um endlich einmal eine vollständige astronomische Ortsbestimmung zu erhalten. Das gelang auch wirklich und lieferte die Mittel, die Lage von Kuango und Yumba abzuleiten. Noch in derselben Nacht gegen ein Uhr wurde die Reise fortgesetzt. Der Himmel bewölkte sich von Neuem, es fiel sogar Regen, und ich brachte die Morgenstunden von drei bis sechs Uhr am Feuer eines Salzschuppens zu. Der neue Tag zeigte eine wenig veränderte Landschaft; der Weg führte über einen gleich schattenlosen Strand wie Tags zuvor; erst im Laufe des Nachmittags hatte ich die Mündung
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