Wachsende Unverschämtheit der Bayombe. sollten. Damit hatten sie sich auch im Laufe des Tages hinreichend Nahrungsmittel gekauft, behaupteten aber trotzdem in der Frühe des folgenden Morgens,' sie hätten Nichts zu essen, und drohten mit der Rückkehr. Man sieht, es war immer dieselbe Geschichte, aber eben weil sie es war, schwanden mit jeder neuen Wiederholung die Aussichten auf Besserung. Meine Machtlosigkeit wurde mir von den frech gegen mich eindringenden Trägern in allen erdenklichen Formen vorgehalten, und der Entschluss, mich zu verlassen, wurde ihnen täglich vertrauter; nur ein kleiner Anstoss noch, und er kam zur Reife. Am zügellosesten in ihrer Unverschämtheit waren die Bayombe. Die Bavili, in ihrer Gesinnung um Nichts zuverlässiger, benahmen sich nur ein Wenig geschliffener. Erstere erschienen, geführt von ihrem Rädelsführer, dem mit Fetischen überladenen Mampaku, und brachten die üblichen und unbegründeten Klagen und Drohungen vor. Statt also, wie sicher erhofft, auf brechen zu können, musste ich mich über eine Stunde mit den dreiundzwanzig Bayombe herumschlagen, den Mampaku beim Kragen nehmen, aus meiner Sombra werfen und die Verhandlung mit dem Rest fortführen. Endlich liessen sich siebzehn begütigen und sechs wollten gehen; dann wieder erklärten sie, sich sämmtlich durch ein Geschenk von drei Kupferstangen aussöhnen zu lassen; endlich Versöhnung und Auszahlung dreier Kupferstangen; — so weit bis acht Uhr. Es mussten nun wiederum sowol von den Bayombe, wie von den Bavili Leute ausgesandt werden, um in der Umgegend Maniok zu requiriren. Immer wieder zeigte sich die Noth an Lebensmitteln als der wunde Punct, als der eigentliche Hemmschuh für den Fortgang der Expedition. Alle Marschverzögerungen, alle Palaver mit den Trägern wären fortgefallen, wenn die Bewohner, statt mit ihren Nahrungsmitteln zurückzuhalten, in jedem Lager oder Dorf einen kleinen ■ Markt eröffnet hätten. Aber das thaten sie nicht und konnten es auch nicht thun. Die ausgesandten Bavili kehrten nach einigen Stunden zuruck, während die Bayombe-Träger den ganzen Tag über ausblieben und die Zeit benutzten, um mit dem mächtigsten Prinzen der Gegend, dem Beherrscher der absichtlich von mir umgangenen Landschaft Nkongo, gegen mich zu conspiriren. Kaum hatte ich eine nothwendige Zeitbestimmung ausgeführt, als neuer Lärm losbrach. Zwischen meinen Loangoleuten und sämmt- lichen Bewohnern Tschitabes war eine offene Palaverschlacht entbrannt, und bei geringerer Vertrautheit mit den Verhältnissen hätte man jeden Augenblick ein Blutvergiessen erwarten müssen. Was war der Anlass der wüsten Scene? Aus dem Tschimbek, in dessen bedachter Vorhalle wir unser Standquartier aufgeschlagen hatten, waren in vergangener Nacht drei Maniokknollen, nicht mehr und nicht weniger, gestohlen worden, und der Diebstahl wurde nun den stammesverschiedenen Bavili zur Last gelegt. Diese natürlich, in ihrer Eigenschaft als Ehrenmänner äusserst empört, schnaubten Wuth und brachten als überzeugendes Argument ihrer Unschuld vor, dass, wenn sie sich mit dem Stehlen des fraglichen Manioks befasst hätten, sie nicht drei Knollen, sondern den gesammten Vorrath gestohlen haben würden, und waren ihrer Sache so- sicher, dass sie ein Gottesgericht verlangten, das in der That bald darauf mittelst einer Fetischceremonie in Scene gesetzt wurde: Von den lärmenden Parteien im Kreise umstanden, liess sich einer der einheimischen Nganga (Fetischdoctoren) vor einem Kohlenfeuer nieder, auf das er ein grosses Messer legte. Neben ihm befand sieh eine Schale mit befeuchteten Kräutern, die er in der linken Hand zusammendrückte, um dann mit dem heiss gemachten Messer darüber hinzufahren. Dabei schnitt er. tüchtige Fratzen, murmelte einige Worte, wiederholte dieselbe Operation viele Male und entdeckte — Nichts. Offenbar war Nichts zu entdecken, und die Ceremonie musste im Sande verlaufen, was dem Bakunyadoctor bei dem erzürnten Auftreten der Küstenleute gewiss auch das Angenehmste war. Der Humbug bei diesem wie bei allen ähnlichen Processen besteht darin, dass der Seher schon im Voraus gut informirt ist und die Entscheidung des Fetischs darnach einrichtet. Bei der Ceremonie des heissen Messers bleibt es ganz seiner Willkür überlassen, einen verschiedenen Grad der Erhitzung eintreten zu lassen, die Abkühlung durch Verlängerung der Zaubersprüche zu vermehren, den Druck des Messers gegen die Hand stärker oder schwächer zu machen und demgemäss ein Versengen der. Haut zu bewirken -oder zu vermeiden. Die Künste des Ganga sind eben Taschenspielerkünste und haben den Zweck, die wahre Bedeutung der Handlung zu verbergen. Als der Abend kam, erschien statt der Bayombe-Träger, die zum Requiriren ausgeschickt waren, eine Gesandtschaft des Mani Luemba von K-ui, des Häuptlings der Landschaft Nkongo. Schon ihr kriegerischer Aufputz belehrte über die Feindseligkeit ihrer Absichten. Der Sprecher war der eigne Mankaka des Prinzen, d.h. der höchste Würdenträger in Kriegsangelegenheiten. Um sich ein möglichst wildes Ansehen zu geben, hatten sie sich roth und merkwürdiger Weise auch schwarz angemalt und die Häupter mit Mützen aus Büffelfellen bedeckt; sie trugen — etwas sehr Ungewöhnliches — lange Schwerter, dazu Feuersteingewehre und schienen sich für un
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