genannt. Alle diese Katarakten, beziehungsweise Flussengen oder Felsenthore hat die überhitzte Phantasie der Neger mit Fetischen bevölkert und dadurch furchtbar gemacht; fror der kühleren Betrachtung büssen sie indessen viel von ihrer Gefährlichkeit für die Schiffahrt ein. Die tiefst gelegenen sind die Katarakten-von Bu- mira und die Engen der Felsenpforte Ngotu. An der erreichten Stelle beabsichtigte ich über den Strom zu setzen, um dann durch Ueberschreitung der Nunsikette die Expedition nach Yangela hinabzuführen. Ein einziges Canoe lag an der gegenüberliegenden Seite, der dazu gehörige Fährmann aber erwartete uns bereits diesseits, denn die grosse Karawane des Weissen war längst bemerkt worden. Die Unterhandlungen konnten also unver- weilt beginnen. Ich machte sie kurz, indem ich die geforderten acht Stücke Zeug ohne vieles Sträuben bezahlte. Denn was nützte es, von den Forderungen mit vielem Zeitaufwand Etwas herunterzuhandeln, wenn die Ersparniss geringer war, als was der Unterhalt der eigenen Leute in der Zwischenzeit erforderte? Mein Sträuben gegen die Höhe zu leistender Zahlungen wurde ja lediglich durch die Erwägung bedingt, dass die Expedition von dem Capital der mitgenommenen Vorräthe zehrte, und dass die Ausdehnung der Reise in erster Linie von weisem Haushalten abhängig blieb. Das Ueber- setzen gieng gegen alles Erwarten gut von Statten. Das Canoe wurde auf den Ruf des Fährmanns herbeigebracht, Lindner fuhr zuerst hinüber, um das sorgsame Ausladen des Gepäcks auf - der ändern Seite zu überwachen, während ich das Einladen diesseits leitete. Zehnmal legte das Fahrzeug seinen Weg ohne Unfall zurück, und nach zwei und einer Viertelstunde befanden sich sämmtliche Leute und Lasten am linken Ufer; wir waren damit aus dem Gebiet der Bayombe in das äusserste Grenzgebiet der Bakunya übergetreten. Ein hundertundzwanzig Meter hoher Anstieg führte nach Tschi- tabe, dem Sitz des Mambuku Nduku. Das Dorf schien völlig aus- ■ gestorben, und die Annahme gerechtfertigt, dass auch hier die Blattern grassirt hätten; die Bewohner , hielten sich indessen nur versteckt. Das plötzliche Erscheinen des in einen französischen Militärmantel gehüllten Mambuku brach den Zauber, und binnen Kurzem erschien der Platz so bevölkert und belebt wie nur irgend ein fröhliches Negerdorf. Trüber als an diesem Tage hatte sich mir der africanische Himmel noch nie gezeigt. Wir standen allerdings in der Höhe der Nebelzeit; Nachts fiel das Thermometer bis auf 16° C., — eine Temperatur, die der an das Tropenklima gewöhnte Europäer bereits als Kälte empfindet — und bei Tage hiengen Wolken und Nebelschleier Der Harem cTes Mambuku Nduku. G-orillas. in diesem feuchten Waldgebirge so tief vom Himmel herab, dass sie theilweise auf den Bergen lagerten; Sonnenblicke waren eine grosSe Seltenheit geworden, und heute- fiel gar ein feiner Staubregen auf uns hernieder. Das Dorf und seine Bewohner machten keinen Übeln Eindruck; die Physiognomie der Leute, namentlich des Mambuku, . schien um Vieles besser geartet als bei den Galgengesichtern von Yombe. Der alte Mambuku wurde sogar zutraulich und entgegenkommend und führte mich selbst in die Umzäunung, welche den Complex seiner Hütten den Blicken der Aussenwelt entzog. Hier liess er die Hälfte seiner Frauen in Reih und Glied antreten und zeigte sie mir mit dem ganzen Stolze des Besitzers; die anderen fünf wurden nicht sichtbar. Zehn Frauen als Eigenthum eines einzigen Negers ist eine grosse Seltenheit, so erstrebt und erlaubt Polygamie auch im Uebrigen sein mag. Bei dieser Gelegenheit liess sich die im Litoral im Abnehmen begriffene, bei den Bayombe und Bakunya aber noch sehr verbreitete Sitte des Tätowirens aufs Neue consta- tiren; während ich bisher aber nur eingeschnittene Figuren auf Bauch und Brust beobachtet hatte, sah ich hier Erweiterungen bis zu den Schultern und Oberarmen. Ueber das allgemeine Aussehen der Bakunya-Bevölkerung ist oben bereits berichtet worden; neu war mir nur, viele Männer ziemlich gut gearbeitete, eiserne Halsketten tragen zu sehen, die angeblich in Tschintetsche gefertigt werden. Ein Bakunya gab sich einen sehr wilden Anstrich dadurch, dass er eine rothe Schwanzfeder des grauen Papageien durch den Nasensteg gezogen und dasWollhaar zu kleinen Spitzen aufgedreht hatte, die wie Teufelszöpfchen aussahen. In nächster Nähe befand sich viel Baumwolle, auch hinreichend Pfeffer, im Dorfe selbst ein grösser Thierschädelfetisch, durch die Jagdbeute eines einzigen Negers zusammengebracht. Neben vielen Büffel- und Antilopenschädeln lagen daselbst nicht weniger als zwei männliche und drei weibliche Gorillaschädel; es gelang uns, die beiden männlichen, offenbar sehr alten Thieren angehörig.en, zu erwerben. Damit war wenigstens ein handgreiflicher Beweis für das Vorkommen dieser Thiere in der von mir bereisten Gegend gegeben. Zur weiteren Bekräftigung mag angeführt werden, dass der eben erwähnte Jäger während des Aufenthaltes in Tschitabe mir Kopf und linke Hinterhand eines. Gorillaweibchens brachte, das von ihm in der vorangegangenen Nacht geschossen war. ' Ich hatte sogleich nach meiner Ankunft (am elften Juli) sämmt- lichen Trägern die doppelte Ration in Zeug auszahlen lassen mit der Weisung, dass sie ihre Einkäufe für heute und morgen machen
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