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digen Ehepaaren, Greifen dienend. Die ganze Bewohnerfchaft eine Einheit, eine wirkliche Einheit, nicht ein zufammengepferchter Haufe von Menfchen, fondern eine Sippe, getragen von der Sippenidee, aus der heraus keiner von den 30, 100 oder 200 oder mehr Menfchen es fich anders vorftellen könnte, als wie es ift. Alle Männer find eines Blutes, ein Wefen, ein Stamm. Der erfahrene und einfichtsvolle Ältefte leitet — nicht herrifch, nicht tyrannifch, aber ftreng, fachlich, nach altem Herkommen — wie man es fich aber gar nicht anders denken kann. Die ändern Männer find nach Altersklaffen gegliedert: Alte und Weife, Männer und ftreitbar würdige Jungverheiratete und Jünglinge, Reife vor oder nach der Inition. Ganz klar fpielt fich der Lebenslauf ab: Morgens früh zur Farmarbeit, denn Feldbau ift die Grundlage alles Lebens. Abends lockt bei Vollmond der Tanz. Saat und Ernte bedingen heilige Rituale. Die heilige Erde, das heilige Korn, die Sorge um den Regen,—® alles vereinigt fich zu Bitten an die, die im Jenfeits find, an die Seelen Abgefchiedener. Die Abgefchiedenen find nicht fremd abgetrennt, unerreichbar, unwiderruflich ent- fchwunden. Im Gegenteil. Der fterbende Greis wird gebenedeit und beglückwünscht, weil er die Sorgen und Laften des alten Körpers nicht mehr zu ertragen braucht und weil er nun bald wiedergeboren werden kann, — natürlich in der eigenen Sippe. Jubelnd begrüßt die Sippe auch den in ihrem Kreife geborenen Erdenbürger und fieht in ihm den wiedergeborenen Ahnen zurückkehren. Und in diefen naiven und doch fo tiefen Glauben mifchen fich unendlich feine Fäden von ahnungsvoller Fürforge für die Felder, dazu Bitten um das hunmlifche Naß, alles das zufammenfließend, verflochten, verwebt in eine einheitliche Weltanfchauung, die der ganzen Kultur einen fcharf geprägten Stempel aufdrückt. (Vgl. was von mir in „Und Afrika fprach“ Bd. III über die tellu- rifche Weltanfchauung gefagt ift.) Diefe Einheit der Sippe ift dem Äußeren nach nur eine Männergefellfchaft. Und doch fpielt die Frau darin eine ganz außerordentliche Rolle. Wenn der Grundgedanke auch alle diefe männlichen Glieder nur aus dem Samen ableitet, fo wird der Frau doch dabei ihr ausgefprochenes Recht. Nur gehört lie nicht zum „gewachfenen“ Baum (man möchte fagen zum gleichen „Blut“ . Aber Blut fpielt nur in der chthonifch-magifchen, nicht in der telluiifch-myftifchen Kultur eine Rolle. Siehe unten.). Die Frau, die ein Jüngling der Sippe möglichft bald nach feiner Reife ehelicht, nach dem Sippenfinn auch möglichft bald heiraten foll, um den Seelen der Verfchiedenen Rückkehrmöglichkeit zu verfchaffen, — diefe Frau muß aus einer anderen Sippe genommen werden. Nun befteht eine Gefahr. In einer anderen Sippe pilgert éine andere Seelenreihe durch Lebendige und Totenerde. Soll fie Mutter in der Sippe des Brautwerbers werden, muß fie aus der „Idee“ , aus dem myftifchen Verband jener anderen Sippe, in die fie geboren wurde, „gelöft“ werden. Diefe Sippenlöfung erfolgt durch eine fymbolifche Handlung, gewiffermaßen „gewalt- T E L L U R I S C H -Ä T H IO P IS C H E K U L T U R SYM P T O M E (PATRIAR CH AT ) 25. Der p atria rch a lisc h e B rau tra u b — 26. Nich ta ch tu n g d e r Ju n g fe rn sch a ft — 27. Die Witwe als Sippenbesitz (Leviratsehe usw.) fam“ , durch den „Brautraub“ . Und wenn die beiden jungen Liebesleute fich auch noch io einig find, wenn die Eltern von beiden auch noch Io einverftanden find: die Zeremonie des Brautraubes muß ausgefuhrt werden. Gelangt die junge Braut nun in das Gehöft ihres Zukünftigen, fo ift es ganz gleich, ob fie unberührt ift oder in ftimmungsvollen und fehnfuchtsfchwangeren Mondfchein- nächten fchon das verlor, deffen Erhaltung ftrengere fpätere Sitte im zufammenfchließen- den Myrtenkranz fymbolifiert. Gleichgültig: dem Sippenverband wird fie ficher eine treue Gattin, eine hervorragende Mutter und ficherlich als Glied der Sippe wie als Mutter ihrer Kinder, d. h. der aus dem Mannesftamme durch fie wieder ins irdifche Dafein zurückgekehrten Großväter, ein Vollweib, ein Vollmenfch. Nunmehr die andere Frage, wie diefe Kulturzellen zueinander und in ihrer Entwicklung fich wandeln, welche Umbildungen fie erfahren, wie fie zum Raume ftehen. Denn in der Zeit find diefe Sippen ja durch das Wiederkehren der Verftorbenen unbegrenzt; in der Zeit kennt diefe Kultur noch keine Grenze. Es ift eine Zeitlofigkeit der Seelen, die kommen und gehen in ununterbrochenem Wechfel. . Den Raum der Sippe bietet Mutter Erde. Die Sippe kann das Land rund um ihr Gehöft bebauen, wo fie es frei findet. Nur bebautes Land ift Befitz und gehört dem Bebauer. Das unbebaute Land ift Teil der heiligen Mutter Erde. Wenn die Bauern der einen Sippe einen Acker verloren und ein Jahr brach liegen lallen, mögen die der benachbarten Sippe ihn im folgenden beftellen. Dann ift er ihr Eigentum. Alfo hat der Raum um ein Sippengehöft keine Grenze. Nur foweit die Arbeitskraft reicht, und auch nur fo- lange fie fich auswirkt, wird ein Befitzrecht gewonnen. Das aber heißt, daß wohl der Mittelpunkt, das Gehöft der Sippe feftliegt, daß aber eine Gebietsbegrenzung nicht befteht. Geregelte Beziehungen zwifchen den Sippen der tellurifchen Kultur eritrecken fich nur auf — Tänze und etwaige Verehelichungen, dann vielleicht noch auf Jagdgemein- famkeiten. Märkte beftehen zunächft nicht. Denn diefe Menfchen find in allem Selbft


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