ftens in Vollkraft, nicht mehr gibt und fchon feit Jahrtaufenden nicht mehr gegeben hat. Letzte Formen folcher wären, wenn vorhanden, fo fenil, daß fie Unmittelbares kaum aus fchöpferifcher Blütezeit verkünden könnten. Die Urformen müffen unfruchtbar geworden fein. Fällt diefe Vorausfetzung fort, fo tritt uns dafür eine reiche, ja überreiche Fülle von Beobachtungsmöglichkeiten entgegen, die noch nie gewürdigt wurde, die aber zu den tieferen und größeren Geheimniffen der Kultur hinabdrängen muß: denn find die Formen des „U r “ vergangen, verkümmert, ve rro tte t, fo ift das K räftefp iel gehliehen, wird auch bleiben, folange K u ltu r auf diefem Erdball lebt. Die alternden und ge a lte rten K u ltu ren Afrikas richten fich in dem, was fie bis heute aufnehmen, genau nach dem, was fie vordem einmal g e z e itig t haben. Aus dem, was fie heute nach vielfacher Befruchtung oder Aufpfropfung aufhehmen oder ablehnen, können wir den Wefenszug des Werdens im „Ur“ erkennen. Damit ift ein Faden in das Gewebe diefes Buches eingefügt, der im letzten Teil wieder aufgenommen werden wird. DAS HAUS DES TODES IN DER HAMITISCHEN KULTUR (Hierzu Tafel 16—25) Im fteinernen Tempel des fteinzeitlichen und mediterranen Nordafrika fpricht das Felsbild der aufgehenden Sonne entgegen. Zu feinen Füßen liegen die Gräber Weniger, Befonderer, Auserwählter. Die Sonnenftrahlen müffen fie berühren, — genau fo, wie die Sonnenftrahlen das Zauberbild, das der Pygmäe in die Erde gefchnitten hat, betaften follen, um den'Blutbann zu brechen. Felsbild und Felsgrab, mit nur wenigen Manu- fakten zufammen im toten Steinmeer allein noch Zeugnis ablegend von dem Wefen der Vergangenheit, find in diefem lebendigem Sinne eng verbunden. Diefen alten Gräbern haben wir emfig nachgefpürt und getrachtet, ihrer plumpen Unförmigkeit Leben abzugewinnen. Kleinafrika ift übervoll von folchen ftummen Zeichen des Einft. Viele Hunderte haben wir erfchloflen und fo ein Bild gewonnen von ihrem Bau. Denn äußerlich find fich viele und die meiften gleich. Innerlich find fie fehr ver- fchieden. Eingehende Forfchung hat ein ganzes Syftem von Formen zutage gefördert (vgl. Frobenius, „Der Kleinafrikanifche Grabbau“), deffen verfchiedene Stufen und Abzweigungen einem gefchichtlichen Werden im Innern und einer formalen Vermehrung von Außen entfprechen. Die älteften find von außen von Steinhaufen am Chaufieerande kaum zu unterfcheiden (Tafel 16), zeigen innerlich aber fehr merkwürdige Varianten. Zuweilen tfeppe- O R IG IN A L Z E IC H N U N G E N E IN E S K A B Y L E N L i n k s : Bauxnwäckterhaus ( = tagest, plur. tia^essin) zwischen Gärten der Kabylie. Bei a is t im F lu ß ein W e h r (== tasch- thabik) angelegt, das das Wa sser in die k ü n stlic h en Kanäle (tirgoa, sing, törga) leitet. In dem Baum e in auf d en Asten e rrich tetes Pla ttfo rm p fah lh au s (tagest) m it zwei L ag e rstätten (— c — c — = th ia rä n n a th , sing, th iu an ) übereinande r. — R e c h t s : F ro n t eines seh r schönen Kabylenhauses. Die weiße MittelfJäche m it P u n k te n s te llt die E in g an g stü r dar. Die a—S treifen sind die in L ehm geformten v e rtik a le n Rahmenwülste (== tigjch), —b — d e r obere ho rizo n ta le Lehmrahmenwu lst (= amthgirr). D e r leere R aum X X s te llt eine A rt Tarorfitz ü b e r dem Acham m it Ausguck dar. Dieser ~R.n.nm h e iß t thichamin-talhe st. Oben d e r dunkle S treifen — c— s te llt den L ehmschlag d er Decke ü b e r d e r Schilfmasse dar. Diese Decke h e iß t skuf-uphela. — Im ü b rig en soll v o r allen Dingen die schöne Bemalung der V orderfront (F rauenarbeit) m it Zweigen, P flanzen u n d Blumen dargestellt werden erhebt fich im Inneren ein ftehender Stein, ein Steloid (Tafel 18), zuweilen bildet aber auch ein kleiner Kaften ein regelrechtes Innengebäude für den Toten (Tafel 19). Es ift fehr bemerkenswert, daß die älteften Typen fehr vereinzelt oder nur in kleinen Gruppen zufammenliegen, daß aber, je weiter wir uns chronologifch von ihnen entfernen, To wohl die Zahl wie die Kunftfertigkeit in der Technik und auch die Größe zunehmen. Zwei verfchiedene Stilarten find unter den jüngeren befonders auffallend: der Schichtbau (vgl. die Typen Tafel 20) und der größere Standbau der Dolmen (Tafel 22). Der Schichtbau ift zuweilen auf Sockelbildung befchränkt, zuweilen aber auch bis zur falfchen Gewölbebildung entwickelt. Der Standbau gibt fich befonders da, wo, wie bei Bu Nuara, Hunderte von Gräbern zu riefigen Friedhöfen vereinigt find, in allerhand Spielformen kund, die alle in ihrer Gemeinfamkeit belegen, daß fie nur noch Skelette find. Wie die älteren kleinen Kiftchengräber waren auch fie eingehüllt, nicht aber wie jene in Steinfchotterung unter einem Packbau, fondern unter Erdreich, das Wind und Regen inzwifchen hinweggefpült haben. Diele Dolmen gehören einer Periode der Stand- baukunft an, in der nicht nur die Grabkammern, fondern auch die Häufer der Lebenden wie Kartenhäufer aus Steinplatten gebaut wurden (vgl. Tafel 21).
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