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füllte; im weiten, nach Südweften gerichteten Bogen find diefe hamitifchen Kultur- fymptome vom NW über 0 nach S weggefickert. Die Wegfickerung wird unverkennbar. Die Bahn ift eukologifch vorgefchrieben. Dem Verismus der einftigen Kunft des Nordweftens entfpricht die Tatfachlichkeit der heutigen, natürlichen Umwelt. DIE GRAPHISCHE KUNST DER AFRIKANER (Hierzu Tafel 14 und 15) Unfer Weg führte uns von der Petrographik, d. h. der tiefe Linien in den Stein fchneidenden Umrißzeichnung, zur Behandlung der fo umriffenen Flächen, dann die jüngere Konturenmalerei zur Flächenbehandlung und zur Polychromie. Jetzt handelt es fich .um die Frage, wie weit diefe Schneide- und Pinfelkunft auf afrikanifchem Boden zu einer eigentlichen Zeichenkunft geführt hat. Die Antwort hierauf fällt fo kümmerlich aus, daß die Frage zuerft einmal umgeftellt werden muß. Eigentliche Zeichenkunft befitzt Afrika nur in der älteren Kunft Ägyptens (Tafel 14), und diefe zeigt in ihrem lebendigen Sein unbedingt mehr Beziehung zur Bufchmannsmalerei Südafrikas (Tafel 12 und 13) als zur Steinfchneidekunft Nordweftafrikas. Um dem Wefen der Erfcheinung näher zu kommen, möge noch einmal die Tatfache berührt werden, daß die heutigen Bewohner Kleinafrikas die Felsbilder nicht „fehen“ , und daß diefe Stämme im großen und ganzen genommen Bilder überhaupt nicht zu fehen vermögen. Diefen Mangel teilen die Nordafrikaner mit den ihnen fcheinbar fo naheftehenden Arabern, die heute ja den in diefen Ländern leitenden Kulturführertypus darftellen. Dasiftumfoerftaunlicher, als die angeblich und äußerlich genommen tatfächlich niedriger an Kultur gehaltigen Negervölker den Arabern hierin weit überlegen find. Diefem merkwürdigen Unterfchied, ja Gegenfatz nachzufpüren fcheint um fo verlockender, als die vom Zentrum hiftorifcher Bildnerei entfernten Neger diefe in umfangreichem Sinne übernahmen, während alle Völker der hamitifchen Kultur ihr gegenüber intereffe- los verbheben find und zwar bis heute. — Um der Sache näher zu kommen, drücke man einem Neger und einem Hamiten (d. h. nicht einem Araber, fondem einem Hamiten, hier einem oder jedem Kabylen des Djurdjura) je einen Bleiftift in die Hand und laffe ihn fich ausgeben. Das Ergebnis ift ein erftaunliches: Der Hamit, der fchwer Bilder erkennt und nie eine Plaftik gekannt zu haben fche int, zeichnet vorzüglich (Tafel 15 und Abb. S* 55)? bald realiftifcher, bald ornamentaler. Der Neger, ein glänzender Plaftiker, zeichnet fo unbeholfen, wie unfere unbegabteften Kinder (Textabb. S. 51). Hier klafft ein fchier unüberbrückbarer Gegenfatz. Es gibt ficherlich nicht viele Gebiete, auf denen der Unterfchied der äthiopifchen und der hamitifchen Kultur fo unmittelbar offenbar wird. Denn das Erftaunliche ift, daß die kindifchen Zeichnungen, die ich S. 51 wiedergebe, von Männern angefertigt wurden, die jede Photographie auf den erften Blick erkannten, die dazu noch Meifter der Schnitzkunft, d. h. der Plaftik und als folche unter den Stämmen ihrer Umgebung bekannt waren. In der realiftifchen Graphik habe ich aber alle Völker der äthiopifchen Kultur ein fehr niederes Niveau nicht überfteigen fehen. Nach vielen Beobachtungen bin ich zu dem Refultat gekommen, daß der äthiopifchen Kultur die figu- Z E IG H N U N G E N E IN E S M U S SO N G E Links ein P o rträ t, re ch ts ein Baum. Der Zeichner w a r e in seiner Ge schicklichkeit wegen b e rü hm te r Holzschnitzer, der bis dahin weder m it E uropä ern n o ch m it Arabern in B e rührung gekommen wa r (1914) rale und kompofitionelle Graphik nicht eingeht; fie ift ihr gegenlätzlich. (Siehe Teil IV.) Dagegen ift die Graphik der hamitifchen Kultur Afrikas adäquat und zwar ausgehend von der Form des Verismus (Tafel 15). Jede Form der figuralen Plaftik ift ihr aber kaum, und wenn wirklich einmal, dann nur fehr fchwer zugänglich. Hierbei fei hervorgehoben, daß ich das Wort figu ra l außerordentlich ftark betont zu fehen wünfche. Nun darf ich wohl hier daraufhinweifen, daß es eigentliche Urkulturen heute, wenig


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