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Pie geftern gemacht hatte, war lebendig geworden und fchrie aus dem Spelt. Die erfte Mutter der Welt sagte: „Was ist das? Das erfte Schaf, das ich aus Kuchenteig gemacht, fchreit wie ich fchreie (d. h. gibt Laute von fich), ich werde ihm zu effen geben von dem, was ich effe.“ Darauf legte die erfte Mutter der Welt den fchwarzen Widder neben das junge Schaf in den Spelt und gab dem jungen Schaf von ihrem Kuskus zu effen. Am dritten Tage machte die erfte Mutter der Welt wieder ein Schaf aus Teig, das wurde ganz weiß. Am vierten Tage machte die erfte Mutter der Welt wieder einen Widder, der war auch ganz weiß. Am fünften Tage lagen im Spelt vier lebendige Schafe, von dem ein weibliches einen fchwarzen Kopf hatte und fonft weiß war. Das andere weibliche Schaf war ganz weiß. Die anderen beiden Schafe waren Widder,. und von diefen war einer fchwarz und einer weiß. Als die erfte Mutter der Welt diefe vier Schafe gemacht hatte, fagte fie zum erften Vater der Welt: „Dies ift jetzt genug.“ Darauf machte fie keine Schafe mehr. Die erfte Mutter der Welt behielt die vier Schafe in ihrem Haufe und fütterte fie. Die vier Schafe wuchfen und blökten. Die anderen Leute, die in der Nachbarfchaft wohnten, hörten das Blöken der Schafe. Sie kamen und fagten: „Was ift das, was ihr da im Haufe habt? Was fchreit fo?“ Die erfte Mutter der Welt fagte: „Es ift nichts. Es hat nichts auf fich. Es ift nichts, was ihr nicht auch habt. Das Brot fchreit bei mir.“ Die erfte Mutter der Welt gab den vier Schafen aber viel Kuskus und andere Speife, fo daß fie fchnell wuchfen und groß wurden. Als die vier Schafe mm groß waren, liefen lie einmal zur Tür. Sie drängten die Tür ein wenig auf und fahen heraus. Sie fahen im Freien das Gras. Sie fprangen heraus und begannen das Gras zu freffen. Sie fraßen alles Gras umher und weideten hier und dort. Die Nachbarn fahen die Schafe, kamen zur erften Mutter der Welt und fagten: „Wir haben Rinder, Stiere und Kühe. Die kennen wir. Was find aber dies dort für Tiere? Wie haft du diefe Schafe gemacht?“ Die erfte Mutter der Welt wollte nicht fagen, wie fie die Schafe gemacht hatte5 fie fagte: „Diefe Tiere find mir nachts zugelaufen. Wir haben fie freundlich aufgenommen. Da find fie bei uns geblieben. Diefe Tiere find geworden wie die Menfchen, wie ihr und ich.“ Die Nachbarn gingen. Sie gingen zur Ameife und fragten fie: „Was find das für Tiere? Wie find diefe Tiere geworden? Wer hat fie gemacht? Zu was find diefe Tiere gut?“ Die Ameife fagte: „Diefe Tiere heißen Schafe. Sie follen von den Menfchen forgfältig gepflegt werden. Sie lind gut zum Effen. Ihre Haare aber find die Wolle, aus der die Frauen die Burnuife weben können. Sie find auch für die Fefte. Ohne die Schafe könnt ihr die großen Fefte nicht feiern. Diefe Fefte find genau unterfchieden nach den Monaten des Jahres. Das Jahr hat 12 Monate. Jeder Monat hat dreißig Tage. Jeder Tag hat eine Tageszeit und eine Nachtzeit. In diefen Zeiträumen liegen die Fefte.“ Die Menfchen fragten: „Welche Fefte find zu feiern?“ Die Ameife fagte: „Das eine Feft ift das Lääid thamhiend (im Juli). Dazu fchlachtet große Tiere (Rinder) und vier oder fechs Schafe im Dorf. Jeder Mann, der eine Frau hat, Recke feine Debus (Schlagkeule) in die Erde, und neben jeder Schlagkeule lege man gleiches Effen hei der Verteilung hin. So find alle gleich bedacht. Das zweite Feft ift Lääid thamkoran(d) (im Oktober). Zu diefem Fefte foll jeder verheiratete Mann ein Schaf fchlachten und foll feinen Kindern auflegen, daß alle gefund und ftark werden. Von dem gefchlachteten Schaf soll aber eine Schulter und der Kräutermagen (äkälfchiu), ein Ohr (thamdurd) und ein Auge in der Sonne getrocknet, in Salz gelegt und einen Monat und zehn Tage lang aufbewahrt werden für das dritte Feft. Das dritte Feft ift-das Thafchurt, das wird einen Monat und zehn Tage nach dem vorigen veranftaltet, und dann werden die Teile des Schafes gegeffen, die aufbewahrt wurden. Dies ift das Feft des Zitterns und des Schreckens. Wer in den erften drei Tagen diefer Zeit Holz hackt, auf dem Felde arbeitet oder fonft etwas tut, wird in ein Zittern verfallen und' dann fterben. Die Frauen müffen für diefes Feft alle Nahrungsmittel vorher bereiten. Das vierte Feft ift das Mulud, das ift wieder drei Monate fpäter (alfo im Februar). Jedes Dorf foll Stiere kaufen und fchlachten. Die Männer follen ihre Debus in die Erde ftecken und für ihre Familien den Anteil nehmen, der ihnen zukommt. In der Nacht vor dem großen Effen follen aber alle heiligen Plätze mit Fackeln abgeleuchtet werden. Das find die Fefte, und jetzt, wo ihr die Schafe habt, könnt ihr fie begehen. Darum pflegt die Schafe gut.“ Die Leute fragten die Ameife weiter: „Wie find aber die Schafe gemacht? Wie follen wir Schafe erhalten, um die Fefte feiern zu können?“ Die Ameife fagte: „Geht hin und fprecht mit der erften Mutter der Welt. Merkt euch aber, daß, wenn ihr etwas kaufen wollt, ihr immer mit dem zahlen follt, woraus das, was ihr kaufen wollt, bereitet ift. Geht alfo hin und fprecht mit der erften Mutter der Welt.“ Die Leute gingen wieder zur erften Mutter der Welt und fagten zu ihr: „Sage uns, wie die Schafe gemacht werden, wir wollen dir das dafür geben, woraus du fie bereitet haft.“ Die erfte Mutter der Welt fagte: „Mahlt Gerftenmehl auf euren Mühlen, macht Kuchenteig und formt euch Schafe. Legt die Teigfchafe in den Spelt. So hab ich meine Schafe gemacht. Vielleicht könnt ihr das auch machen. Die Leute gingen hin und verfuchten es. Denn die erfte Mutter der Welt war eine Stud (eine Zauberin, Plur.: ftuten oder ftuta). Sie war damals die einzige, und nie wieder nach ihr konnten die Zauberinnen das, was die erfte Mutter der Welt vermocht hatte. Inzwifchen fprangen die Widder auf die Schafe und die Schafe wurden trächtig. Jedes Schaf warf jedes Jahr zwei Lämmer. Die Schafe vermehrten fich fchnell. Die Leute fahen es und kamen zur erften Mutter der Welt und fagten: „Du haft die Schafe aus Gerftenmehl gemacht. Die Ameife hat gefagt, daß wir jedes Ding mit dem bezahlen


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