Page 24

27f 124

Nehmen wir dazu die Tatiache, daß die europäifche Felsbildnerei im Fortlchreiten die anfangs feite Linie der tiefeingefchnittenen Konturen aufgibt, die afrikanifche iie aber in älteren Werken ftets beibehält, fo ergibt lieh aus allem zurammen der Schluß, daß die uns erhaltene nordweftafrikanifche quartäre Kunft weder Anfang noch Ende der g an zen E n tw ick lu n g auf europäifchem Boden miterlebt hat, daß ihre Ausbildung zwar aus europäifchem quartären Quell floß , aber ihre Beziehun gen nach Norden zur Ze it des Magdalenien fchon abgebrochen waren. Ein Zufluß aus der höheren, halb dekadenten Periode des Alta Mira-Typus hat nicht mehr Itattgefunden.^gHierdurch haben wir zunächft einen Anhaltpunkt für die Einreihung der alten Felszeichnungskunft Nordweftafrikas in den Gefamtbeftand unterer K e n n tn i s q u a r t ä r e r Z e i t e n t f p r u n g e n e r K u n f t ä u ß e r u n g e n g e w o n n e n . N u n m e h r g i l t es , a u f dem Wege der Betrachtung des „Wo“ und „Wie“ zu einer Erfchließung des tieferen Sinnes diefer älteften afrikanifchen Kunftwerke zu gelangen. SAHARISCHE STEINZEITFUNDE (Tafel 1— 9 Fortsetzung) Die Felszeichnungen der Sahara wurden von Barth und Richardfon fchon im Jahre i8go entdeckt und zwar in Feffan, dem alten Garamanten-Gebiete. Seitdem fanden die Fran- zofen im Sahara-Atlas eine fchöne Zahl. Flamand und Gautier find die wichtigften unter denen, die es verfuchten, die bis dahin bekannt gewordenen Sachen in einen lebendigen Zufammenhang untereinander zu bringen. Meine Kameraden der vierten Reifeperiode der DIAFE (1914) hatten wohl zum erften Male bekanntes und neuentdecktes Material zu einem gefchloflenen Ganzen zu vereinigen, zu einer Bilderfammlung, die zu den wertvollften Schätzen des Afrika-Archivs gehört. In der Anlage und Gruppierung der faharifchen Felsbilder hatte man bis dahin keine durchgehende oder gar entfeheidende Ordnung gefunden. Anfang 1914 war ich in das füdöstliche Marokko und zwar zii dem weltlich der Oafe Figuig gelegenen Berge Bern Smir vorgedrungen, hatte das Lager in einer abgeftorbenen Oafe auffchlagen laffen und leitete die Ausgrabung einer Reihe vorhiftorifcher, und wie der Ausgrabungsbefund ergab, fteinzeitlicher Gräber. Die kleinen Tumuli waren im Tal, resp. auf einer etwas erhöhten Stufe der Talkante um einen durch Tal und Nebental gebildeten Vorfprung des Djebel Tlaiem gruppiert. Während der mehrtägigen Grabarbeit wurden die über unfern Köpfen befindlichen Felsbilder, oben das eines weitausfehauenden Löwen und unten das eines Elefantenrudels entdeckt. Ich konnte nach Beobachtung weniger Tage feftftellen, daß das durch eine Spalte in der gegenüberhegenden Felskante emdringende Licht des aufgehenden Geftims erft auf den Löwen, dann auf die Elefanten und endlich erft auf die Gräber fiel. Das ganze Bild war in feinem Zufammenhang klar: die wie eine Warte weit hinausragende Bergnafe, an ihrem Fuße, an der Böfchung des Chor (eingetrocknetes Talbett) die Gräber, diefe gruppiert um die fie überragenden Felszeichnungen, das Ganze mit aufgehender Sonne, aus der Nacht aus fteinerner Ruhe heraus in faft dramatifchemVorgang hervorftrebend. Feine Einzelheiten deuten hier am Djebel Tlaiem auch heute noch Belege beftimmter Vollendung an: Die Linien der Felsbilder, fcharfe Umriffe von faft fingerftarkerTiefe und Breite umfchließen Flächen, die zumal für den Löwen offenfichtlich künftlich geglättet find und wohl einft für Bemalung vorbereitet waren 5 die fteinernen Werkzeuge am Boden beftmunen in beredter Weife das Alter. Vom Beni Smir fandte ich dann zwei Sondertruppen zur Nachprüfung der hier gefundenen Anhaltspunkte talauf und talab. Martius und Fifcher-Derenburg auf der einen Tour, Dr. Germann und Baron von Stetten auf der ändern fanden die Symptome beftätigt. Ich selbft marfchierte zurück nach Zenaga und ftellte eine Aufnahme des Geländes und der in die Bodenbildung eingefügten Kulturmonumente aus der Steinzeit her. Eine Kette von Bergen zieht sich hier von Norden nach Süden, Taghla, Zenaga, Yhudia, Melias. Hinter diefer Kette nach Weiten hegen die großen Oafen Zenaga und die Figuig- Oafengruppe. Auf diefer ganzen Weftfeite habe ich auch nicht ein einziges Steinzeitmonument, weder Grab noch Felsbild gefunden. Dagegen liegen hier und zwar heute noch in unverkennbar klaren F ormen auf der Oftfeite, alfo dem aufgehendenT agesgeftim zugekehrt, über go Steinzeittumuli und der fchon feit Jahren bekannte Zeichenberg von Zenaga. Diefer Zeichenberg (Tafel 1) hegt mit einer Höhe von etwa 50 m wie ein Torwächter vor der Kette der ca. 1000 m hohen Berge und zwar am Austritt des heute noch leicht erkennbaren Bachbettes, das einft das Waffer, das die im Hintergrund hegenden Oafen heute unterirdifch fpeift, oberirdifch abführte. Diefer Zeichenberg, den ich hier (Tafel 1 a) nach den von Often erfolgten Aufnahmen abbilde, ift ftark verwittert. Seine Geröllftücke beweifen den Verfall. Wo eine gute Fläche geboten ift, d. h. an etwa 40 Stellen, find Felszeichnungen von Tieren in Konturen eingefchnitten (Tafel lb). An einzelnen Bildern find größere Flächen innerhalb der Konturen geglättet, offenbar zur Aufnahme derFarbe. Unter den Tieren fallen einige befonders betonte Widderdarftellungen auf, auf die nachher zurückgekommen wird. Das Ganze als Gruppe wieder eine Einheit ganz wie am Beni Smir: Lage nach Often, augenfcheinlicheBeziehung zwifchenFelszeichnung und Grabbau. Von Zenaga aus marfchierte ich nach Süden in das obere Susfanatal und verteilte die einzelnen Gruppen der Mitarbeiter über die verfchiedenen Ortfchaften derTaghit-Oafen, deren Umgebung auch gründlich auf fteinzeithehe Monumente unterfucht wurde. Hier hat fich das Bild nur dadurch geändert, daß von Often her eine mächtige Düne mit gewaltigen Wellen gegen das von Süden nach Norden verlaufende Tal andrängt. An der


27f 124
To see the actual publication please follow the link above