lieh als Körper betrachtet, Ausdrucksformen diefes fich Umbildens, geiftig nur denkbar als immanent verbunden mit dem Wefen diefer Einflüffe und feelil'ch als Phänomen nur in diefem Zufammenhang fühlbar. Die Kultur felbft, das Paideuma, ift der Ausdruck des in diefem Schleier und in diefer Hülle und ihrer Beziehung zu einem Jenfeits (wie man es auch nennen will, mechaniftifch, intellektuell oderreligiös) fymbolifch fich auswirkendenLebens. Der feine Schleier und die flaumige Hülle find quantitativ nur ein „Faft nichts“ gegenüber der Gewalt diefes mächtigen Steinkörpers. Qualitativ find fie aber ein „Faft alles“ , denn diefe find das Sein und das Werden, der Sinn des Jenfeits und die Wirkung des Jenfeits; jener dagegen iftVergangenheit, fertig, abgefchloffen, tot. — Dies alles, foweit wir es unbegrifflich zu erfaffen vermögen. Wir Lebendigen vermögen das Tote nicht zu verliehen, es ift für uns das große Unfaßbare, ein Zeugnis und fonft nichts. Jeder Stein liegt vor uns wie ein Stück Skelett, aber nicht wie ein zerfallender Knochen, fondern wie der Skeietteil eines unfaßlich Begrifflichen, einer dem Leben unverftändlichen Vergangenheit des Werdens. Nur als Gegenfätze — als folche allerdings mit gigantifcher Kraft — wirken der Stein, der Fels, das Erz, da wo wir fie treffen. Nur an wenigen Stellen unteres Geftims ragt der für uns ftumme fteinerne Körper mit Wucht durch den Schleier in die Hülle. Wenn er aber als Schärenbau in das Meer und als Hamada (Stein- wüfte, liehe Tafel 55 oberes Bild), hierorts umgürtet von treibendem Sandfluge, dort umfpült vom Weltmeer aufragt, dann drängt fich eine Ahnung vom faft mikrofkopitehen Selbftfaftnichtsfein gegenüber der lebendig wirkenden, alle Raum- und Zeitvorftellungen verhöhnenden Ewigkeitsmöglichkeit auf. Das ift dann aber nicht die Gewalt des Todes, des Lebendig-Gewefenfeins in einer unfaßbaren Vergangenheit, nicht die des „Du“ * die in ihm verkörpert ift, fondern die an jener Gewalt abgelefene Bedeutungslofigkeit unteres Selbft, unteres eigenen, bis zumVerfchwindenden herabgeminderten Gefühles, des „Ich“ des Menfchen an fich, und deffen, was das Menfchheits-Würmlein in feiner Überheblichkeit fonft denkt und dünkt. Solches empfand ich nicht am ftärkften im hohen Gipfelmeere wie in den Dolomiten, auch nicht auf meerumgrenzten norwegifchen Gletfchem — vielmal aber in dem gewaltigen Lande Sahara, das nichts weiter bedeutet, als ein freigelegter, abgefchälter, unverfchleierter Körperteil des Planeten „Erde“ . Nie und nirgends zwang fich diefes „Du“ , das als Entdeckung ftets dem „Ich“ gefühl vorangehen muß, fo wuchtig, keulen- fchlagähnlich mir auf zumal wenn die Sonne, das Sinnbild des Lebens, in taufend Farben fchillemderVerfchiedenartigkeit am Horizont im Fels- undWüftenmeere nieder- fank -J- der Nacht, dem Symbol des Todes entgegen. „Stein“ ift überbegrifflich, Tod, Vergangenheit, Tradition. Die Sprache dietes wahren Körpers Erde ist die der nur noch ahnungsvoll, aber nicht mehr denkmäßig abzumeffen- den Überbegrifflichkeit. „STEINZEIT“ Das unermüdliche Forfchen nach den Quellen der menfchlichen Kultur führte im vorigen Jahrhundert zurück bis in hiftorifch nicht mehr greifbare Zeiten, bis in eine Vergangenheit, in der die Menfchheit Steinwerkzeuge anzufertigen und zu benutzen lernte. Sorgfältige Unterfuchung lehrte, daß einer erften Periode taftenderVerfuche (Eolithenperiode) eine zweite kunftvoll gefchlagener oder beffer gefplitterter (Paläolithperiode) Steinwerk- zeuge folgte. Sehr bedeutende Zeiträume und weltgefchichtliche (diesmal faft wörtlich zu nehmende), nicht ganz bedeutungslote Gefchehnifle trennen uns von den erften Edithen. Das bezeugen die zwilchen den Beginn und das Neolithikum gefchobenen Vergletfcherungen, die auf Eiszeiten fchließen lallen. Die menfchliche Kultur vergangener Zeiten hat auf vielen Teilen der Erde den Stein zu allerhand Zwecken als Werkzeug benutzt, und da nur diefe ftummen Refte der Werkzeuge und Waffen fich bis zu uns erhalten haben (muß doch alles aus Pflanzlichem und Tierifchem beftehende Kulturgut längft verfallen fein!), fo fprechen wir von einer der „Metallzeit“ vorangegangenen „Steinzeit“ . In der Steinzeit wurden viele Geräte für die Leder- und Holzbearbeitung, dazu Waffen, wie Speere und Pfeilfpitzen, endlich auch Schmuckfechen hergeftellt. Das Inventar läßt fich heute fchon chronologifch und zwar, wenn auch nicht in unterem Sinne hiftorifch (alfo nicht jahreszahlenmäßig), wohl aber doch der Stufenfolge und dem periodifchen Wechfel, alfo in höherem Sinne chrono lo gifch , be- ftimmen. Das Ende der Bevorzugung oder „die Nochbenutzung“ der Steinwerkzeuge liegt n icht fehr weit zurück. Überall reicht es mindeftens bis in die Periode der großen Mythen- fchöpfung herein, d. h. bis in die log. Bronzezeit. Denn in allen Kulturen ift die Legende vom Donnerkeil, d. h. von dem dem Regen- und Gewittergotte zugeteilten Steinbeil erhalten. Ja, bis in untere Tage führten Völker am Rande der Ökumene, Amerikaner und Ozeanier, als Hartklingen nur Steimnateriale, und die Tasmanier an folchen fogar Refte altertümlicher Formen. Dagegen ift die ältere Steinzeit, das Paläolithikum, dem Kulturfinn entfehwunden; wir willen von keinem hohe oder niedrige Kultur tragenden Volke, das von fich aus die Manufakte diefer älteren Zeit als folche von gewöhnlichen Steinfplittern hätte unterfcheiden können. Die Anerkennung der Werkzeuge der älteren Steinzeit mußte erft mühfam durch wiffenfchaftliche Kenntniffe errungen werden. Ach, das erinnerungsmäßige Selbftbewußtsein der Kulturen ift ja fo fchwach, fo ego- zentrifch, unter menfchliches Bedürfnis zu folchem ja fo gering! Sind wir doch töricht genug, einen kleinen Abfchnitt, die uns nächftliegende Schicht aus dem Bau und Werden unteres kulturellen Status quo als „Weltgefchichte“ und die Periode der Bevorzugung der Steingeräte mit dem Namen einer „Urgefchichte“ zu bezeichnen. Möchten doch
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